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FDDI erschließt zusätzliche Bandbreiten und die Sprache

29.06.1990

Die Normenvorschläge für das Fiber Distributed Data Interface decken mit FDDI-I und FDDI-II sowohl die Inhouse-Kommunikation als auch den Bereich Metropolitan Area Networks - kurz; MANs - ab. Teil 2 des Artikels von Erich Rösch umreißt die Bedeutung der auf das künftige Breitband-ISDN und zusätzliche Sprachübermittlung zielenden -Vernetzung.

Metropolitan Area Networks gehen über die Charakteristika von FDDI-I noch einen Schritt hinaus. Sie sind für hohe Geschwindigkeiten und große Netzradien im 100-Kilometer-Bereich gedacht. Auch unterstützen sie nicht nur die Datenkommunikation, sondern integrieren Daten und Sprache in einem Netz.

Für diese Sprach- und Datenintegrierten Netze in einem Leistungsbereich oberhalb von ISDN lassen sich heute im wesentlichen zwei Standardisierungs-Aktivitäten erkennen:

- Fibre Distributed Data Interface II (FDDI-II) und

- Distributed Queue Dual Bus (DQDB).

FDDI-II wird in der ANSI standardisiert und stellt ein "Superset" von FDDI-I dar, das die benötigte Sprachkapazität auf das Hochleistungs-Datennetz FDDI-I aufsetzt. DQDB (in einer älteren Nomenklatur "Queued Packet and Synchronons Switch-QPSX" genannt) wird bei IEEE in der Gruppe 802.6 genormt.

Die Übertragung von digitaler Sprache erfordert Übermittlungsverfahren, die bestimmte Bandbreiten und fixe Verzögerungszeiten garantieren. Entsprechende Verfahren sind als "Slotted Ring-Verfahren" bekannt.

Entsprechend ergänzt FDDI-II den Daten-Ring FDDI-I, der im Token-Modus arbeitet, um ein Slotted-Ring-Verfahren für die Sprachübertragung mit einer Slotlänge von 125 Mikrometer (die Slotlänge wird durch das Verfahren zur Digitalisierung von Sprache vorgegeben).

Die entsprechenden Komponenten von FDDI-I (siehe Teil des Berichts in der COMPUTERWOCHE, Ausgabe 25 auf Seite 19) werden um ein "Hybrid Ring Control Sublayer (HRC)" ergänzt, das zwischen MAC-Layer und PHY-Layer eingefügt wird HRC besteht aus

- einem zusätzlichen MAC-Baustein (I-MAC) für die isochrone (Sprach-)Kommunikation (zur Abwicklung des Slotted-Ring-Verfahrens) und

- einem Hybrid-Multiplexer (H-Mux) zur Abwicklung beider Verkehrsarten.

Die Norminierung von FDDI-II ist noch weitgehend offen. Ergebnisse werden in rund ein bis zwei Jahren erwartet. Inwieweit sich FDDI-II am Markt durchsetzt, ist heute noch nicht absehbar, da derzeit weder Produkte verfügbar sind noch klar zu erkennen ist, welche Marktkräfte hinter FDDI-II stehen und mit welchem Einsatz sie diesen Standard am Markt fördern.

Wesentlich anders als bei FDDI-II stellt sich die Situation bei DQDB dar. DQDB verwendet eine im LAN-Bereich ungebräuchliche Topologie in Form von zwei gerichteten Bussen (siehe Abbildung 2).

Beide Busse sind getaktet, das heißt, sie arbeiten im Slot-Verfahren, wobei mehrere Slots einen Frame bilden; die maximale Framelänge beträgt 125 Mikrometer. Die Zahl der Slots pro Frame variiert in Abhängigkeit von der Busgeschwindigkeit. Es sind Busse mit bis zu 150 Mbit/sec geplant. Die Slots und Frames werden im Frame-Generator erzeugt und verschwinden "automatisch" am Ende des Busses.

Das DQDB-Verfahren basiert auf dem Zusammenspiel bestimmter Bits in jedem Slot, dem "Busy"- beziehungsweise "Request"-Bit und entsprechenden Zählern in den einzelnen Stationen. Pro Richtung existieren zwei Zähler in den Stationen: "Request"-Counter (RC) und "Countdown"-Counter (CC).

Request-Bits auf dem Bus A regeln den Zugriff auf dem Bus B und umgekehrt. Jedes Request-Bit erhöht den Request-Zähler um eins, jeder freie Slot auf dem Gegenbus vermindert den Zähler um eins.

Beim Absetzen eines Sendewunsches wird ein Request-Bit abgesetzt und der Request-Zähler in den Countdown-Zähler übernommen. Jeder freie Slot vermindert den Countdown-Zähler um eins. Hat der Countdown-Zähler die Null erreicht, so wird die Nachricht im nächsten freien Slot gesendet.

Wenn RC und CC null sind, bedeutet dies, daß das System unbelegt ist, das heißt, ein Sendeversuch kann sofort ausgeführt werden. Durch das DQDB-Verfahren können die einzelnen Stationen die Busse vollständig verwenden. Beide Busse werden beim DQDB-Verfahren gleichzeitig genutzt.

Die Standardisierung von DQDB ist ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Es stehen allerdings bereits erste Produkte auf der Basis von QPSX-Lizenzen zur Verfügung. QPSX ist eine australische Firma, an der die Australische Telecom maßgeblich beteiligt ist und die eine wichtige Rolle auch in der Standardisierung spielt. In den USA sind es vor allem AT&T, NT und die "Regional Bell Operation Companies", die MANs nach IEEE 802.6 favorisieren. In der Bundesrepublik haben Siemens und SEL QPSX-Lizenzen erworben und entsprechende MAN-Produkte angekündigt. Die Deutsche Telekom griff das Thema MAN ebenfalls auf und plant bereits für 1990, MAN-Pilotprojekte nach IEEE 802.6 im Bundesgebiet zu starten.

Durch diese Aktivitäten, vor allem aber auch durch Bemühungen der Gruppe IEEE 802.6, DQDB an das kommende Breitband-ISDN anzupassen, wird sich DQDB mittelfristig als MAN am Markt durchsetzen und eine neue Qualität von Daten- und Sprachkommunikation im Bereich von Stadt- und Großindustrie-Arealen bieten, die weit über das heutige ISDN hinausgeht.

FDDI-Netze können mittelfristig eine dominierende Position in der Datenkommunikation für hochvolumige Übertragung einnehmen. Im zeitlichen Nachlauf werden auch MANs in Verbindung mit dem zukünftigen Breitband-ISDN Verbreitung finden und für große Areale wie zum Beispiel Städte die Möglichkeiten einer Hochleistungskommunikation auch über öffentlichen Grund hinweg bieten. Bei FDDI-Netzen liegt der, Schwerpunkt künftig in dar Inhouse-Kommunikation.

FDDI und MANs werden in (naher) Zukunft weiterreichendere Optionen als heute verfügbare Systeme bereitstellen und damit auch neue Möglichkeiten für eine effiziente und leistungsfähige Unternehmenskommunikation aufzeigen.

Erich Rösch ist Leiter des Fachbereichs technologisch-strategische Beratung bei der SCS Informationstechnik in München.

Voice-Konkurrenz im eigenen Lager

Jetzt ist es wieder einmal soweit: Ein Standard steht kurz vor seiner (vorerst) endgültigen Verabschiedung, und schon schießen die Produkte wie Pilze aus dem Boden. Kräftig rühren die Hersteller derzeit die Werbetrommeln für FDDI-I und machen den IS-Managern das Leben noch etwas schwerer.

Schließlich muß jeder einzelne Vertreter dieser Zunft über die künftige Gestalt seines Netzes entscheiden, immer in der Sorge, auf das falsche Pferd zu setzen. So auch bei FDDI-I. Noch ehe diese Norm Fuß fassen kann, taucht Konkurrenz auf sogar im eigenen Lager. Die Techniker der amerikanischen Standardbehörde tüfteln nämlich bereits an FDDI-II, das neben Daten auch Sprache überträgt. Damit aber noch nicht genug: Auch die ISO hat mit den, IEEE-Standard 802.6 (Distributed Queue Dial Bus) eine "Breitbandnorm" in ihren Katalog aufgenommen.

Nun könnten Kritiker durchaus anmerken, die Gegenüberstellung von FDDI-I und FDDI-II, samt DQDB sei ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen. Möglich, aber schon heute muß die Ebene der Voice-Kommunikation bei der Netzplanung mit ins Kalkül gezogen werden, zumal ja auch noch ISDN und Breitband-ISDN im Raume stehen.

Eine Analyse muß deshalb vor allem zwei Punkte klären: 1. Ist im Unternehmen mittelfristig die Sprach- und Datenkommunikation über dasselbe Medium ein Thema. 2. Wo sind Übertragungsraten von 100 Mbit/sec überhaupt nötig und sinnvoll?

Investitionen in FDDI-I-Equipment werden sich überall dort auszahlen, wo herkömmliche LANs und Medien an ihre Übertragungsgrenzen stoßen. Zum Beispiel typischen Workstation-Anwendungen Primär aber wird das Haupteinsatzgebiet von FDDI-I in der Backbone-Vernetzung liegen. Dort hat es Zukunft, und bis die FDDI-II- oder DQDB-Produkte auf den Markt kommen, ist die Abschreibungsfrist für FDDI-I-Geräte schon verstrichen.