Telefax-Vermittlungssystem des Auswärtigen Amtes:

Fax-Netzwerk wurde bewußt als eine Insellosung konzipiert

15.02.1991

Botschaften, Konsulate, Ministerien und Behörden - sie alle stehen in engem Kontakt mit dem Auswärtigen Amt (AA) in Bonn. Das Außenministerium selbst bleibt in ständiger Verbindung mit über 150 ausländischen Regierungen, mit den Institutionen des Bundes, seinen Außenstellen in der Hauptstadt und fachverwandten Ressorts anderer Bundesministerien. Kommunikation ist für die Diplomaten das A und O ihrer Arbeit.

Natürlich hat auch die moderne Kommunikationstechnik in Genschers Amt auf der Bonner Adenauer-Allee Einzug gehalten. Das Fernmeldezentrum (FMZ) unterhält Funkverbindungen in alle Welt, schreibt unzählige Telexe und hält die Telefonleitungen via Kabel und Satellit aufrecht. Seit einigen Jahren zählt auch das Empfangen und Versenden von Telefaxen zum Alltagsgeschäft im FMZ.

Zunächst wurden in den einzelnen Ressorts Faxgeräte aufgestellt. Das FMZ seinerseits schaffte über die Jahre hinweg zehn Telefaxe an, um die anderen Abteilungen des Hauses zentral zu versorgen. Natürlich bereitete das manuelle Einlegen der zu versendenden Blätter und das Wählen langer ausländischer Telefonnummern viel Mühe. Acht Mitarbeiter waren rund um die Uhr damit beschäftigt, den Ein- und Ausgang zu bewältigen. Auch zwei später installierte Fax-PCs ergaben keine spürbare Arbeitserleichterung, zumal die Zahl der versendeten und ankommenden Faxe beständig stieg.

Hard- und Softwarelösung basiert auf Novell-Netz

Was das Auswärtige Amt brauchte, war ein zentrales Fax-Vermittlungssystem, das in der Lage ist, das Faxaufkommen möglichst bedienerfreundlich und flexibel zu bearbeiten. So sind täglich etwa 1500 Faxseiten zu empfangen und hausintern weiterzuleiten beziehungsweise in die Welt hinaus zu schicken.

Für die Weitervermittlung im Amt kommen entweder die Faxgeräte in den Ressorts oder Rohrpost und Boten zum Einsatz. Bei der Suche nach einer geeigneten Lösung für die anstehenden Probleme wurde das Amt über eine Ausschreibung auf die BBS Software Gesellschaft mbH aus Montabaur aufmerksam. Sie bot zu günstigen Konditionen ein leistungsfähiges Vermittlungssystem an.

Das BBS-System besteht aus einer kombinierten Soft- und Hardwarelösung, die auf einem Novell-Netzwerk basiert. An diesem Netzwerk sind Faxserver und Gateway-PCs, die von der Firma Olivetti geliefert wurden, angeschlossen. Außerdem werden Scanner (Fujitsu) für das Einlesen der zu versendenden Dokumente und Drucker (Olivetti) für die Ausgabe der ankommenden Faxe installiert. Die Doppelseitenmonitore zur Ansicht der Faxe stammen von der Firma Etap.

Im AA besteht das Netz aus zwei Servern - einer zur Sicherheit als Reserve. Dieser Zweit-Server wird ständig durch einen weiteren PC (Shadow-PC) mit den Daten des Primär-Servers versorgt. Die Server sind mit jeweils zwei Festplatten von 670 MB Speicherkapazität ausgestattet. Beim Faxvolumen des AA können damit die Daten der vergangenen anderthalb Monate abgespeichert werden.

Zwei PCs steuern die beiden Bildschirmarbeitsplätze, an denen die Faxe vermittelt werden. Zwei weitere PCs sprechen die Scanner an und bereiten die eingelesenen Daten für das Versenden auf, so dauert das Einlesen und Konvertieren einer Vorlage in das Faxformat weit weniger als eine Minute. 15 PCs dienen mit ihren Faxkarten als Gateways zu den 15 Außenleitungen des Amtes. Alle Einheiten steuert eine zentrale Tastatur. Alle Bildschirminhalte sind dank eines Umschalters auf einem Monitor für den Systembediener sichtbar. So ist schnell erkennbar, mit welchen Arbeiten die Rechner gerade beschäftigt sind, oder wo sich Fehler eingeschlichen haben.

Zwei Scanner und zwei Laserdrucker runden die Hardware für die Ein- und Ausgabe ab. Die Drucker werden durch den Einsatz von Videoboards beschleunigt, so daß sie eine Vorlage in zirka zehn Sekunden zu Papier bringen - eine Zeitersparnis von zwei Minuten pro Seite. Außerdem sind sie mit Papierschächten für 1200 Blatt ausgestattet.

Im Auswärtigen Amt ist das Fax-Netzwerk bewußt als Insellösung konzipiert. Es steht also in keinerlei Verbindung zum hausinternen Rechnernetz. So müssen alle Faxe - Eingang wie Ausgang - in Papierform vorliegen.

Ein Versand eines Textes direkt aus der Textverarbeitung heraus ist deshalb nicht möglich. Auch der umgekehrte Weg ist verbaut.

Zwar wäre eine Anbindung des eigentlichen Rechnernetzes durchaus machbar, doch sprachen Sicherheitsbedenken des Amtes dagegen. Wichtige Nachrichten müssen nämlich verschlüsselt werden und zudem alle zuständigen Instanzen durchlaufen. Der schnelle Weg des Faxes ist da zu riskant. Hier verläßt sich das Amt lieber auf andere Kommunikationswege. Außerdem soll über das Faxnetz kein Sicherheitsloch im Rechnerverbund des Ministeriums entstehen, durch das hochsensible Informationen nach außen gelangen können, Angst vor Spionage und Hackern spielt hier eine Rolle.

Wenn von einer Außenstelle, die selbst über kein Fax verfügt, die gedruckte Vorlage per Bote in die Adenauer-Allee gefahren werden muß, hier verschickt wird und eine Kopie mit Versandvermerk an den Absender zurückgeht, dann kann die Versendung eines Fax im ungünstigsten Fall einen ganzen lag dauern.

Besser haben es die Ressorts mit eigenem Faxgerät. Sie schicken ihre Vorlagen einfach an die Faxzentrale und von dort werden im Nu die Seiten weitergeleitet. Über 300 Nummern sind fest gespeichert, die beliebig zu verschiedenen Verteilern zusammengestellt werden können.

Faxaufkommen verdoppelt - Personal reduziert

Die Software erleichtert die Arbeit des Fernmeldezentrums. Obwohl sich das Faxaufkommen seit Installation des Vermittlungssystems verdoppelt hat, konnte das Personal für die Faxzentrale auf die Hälfte reduziert werden.

Das Programm regelt den Empfang und Versand der Faxe, es archiviert alle Faksimiles und hält die Datenbank mit den Faxnummern in Ordnung. Außerdem werden Scanner, Drucker und Doppelseitenmonitore zur Anzeige der Faxe angesteuert.

Der Bediener hat in kürzester Zeit ein Fax vermittelt. Eingehende Faxe werden ihm auf dein Monitor im Maßstab 1:1 grafisch angezeigt. So kann er direkt erkennen, um was es geht und die Weitervermittlung einleiten. Aus einem Menü wählt er Verteiler oder einzelne Zielnummern aus. Schon sorgt das System für die Versendung im Hause oder für den Ausdruck über den angeschlossenen Laserprinter.

Soll ein auf Papier vorliegendes Dokument verschickt werden, legt der Anwender die Vorlage in den Scanner. In Sekundenschnelle sieht er das Dokument auf dem Bildschirm. Wieder wählt er die Empfänger ans einer Liste aus, und das System übernimmt den Versand von selbst. Dabei sorgt das Programm für Wahlwiederholung und auf Wunsch auch für automatisch zeitversetztes Faxen. Bricht während des Versands die Leitung zusammen, wählt die Software erneut und setzt die Sendung an der Abbruchstelle fort.

Der User muß sich also nicht darum sorgen, ob der Auftrag erledigt ist oder nicht. Jederzeit kann dennoch ein Protokoll ausgedruckt oder auf dem Bildschirm angezeigt werden, um alle Ein- und Ausgänge zu kontrollieren.

Ein Faxauftrag, der aus mehreren Teilaufträgen besteht, kann auch am Bildschirm getrennt werden. Dadurch wird die Vermittlung von Faxen aus dem Ausland erleichtert, weil das ständige Neuwählen für verschiedene Aufträge erspart wird. Jedes Fax wird automatisch in der Datenbank auf dein Server abgelegt. So können Vorlagen später erneut verschickt, auf dem Drucker ausgegeben oder einfach nur angesehen werden. So läßt sich jeder Vorgang bequem zurückverfolgen - für das Auswärtige Amt in schwierigen Angelegenheiten oft entscheidend.

Fax-System schont den Telefon-Etat

Neben Versand und Empfang von Faxen kann der Anwender über die BBS-Software auch die Datenbank mit den Verteilerkreisen und Faxnummern pflegen. Hierzu schaltet er aus dem Versand- und Empfangsbildschirm um in das Datenbankmenü und trägt seine Änderungen komfortabel ein. Auf Tastendruck ist er wieder auf dem Vermittlungsbildschirm.

Das Fax-Vermittlungssystem ist nicht mir sehr zuverlässig in der Datenweitergabe, es spart auch viel Zeit und somit Arbeitskraft. Darüber hinaus schont es den Telefon-Etat des Ministeriums.

Angenommen, die deutsche Botschaft in Washington möchte mehreren Ministerien und Ämtern in Bonn eine Nachricht zukommen lassen, so kostet das Versenden eines 15seitigen Dokuments aus den USA an zehn Empfänger in Deutschland zirka 480 Mark, wenn alle Verbindungen während der Übertragung stabil bleiben und wenn die höchstmögliche Übertragungsgeschwindigkeit von 9600 Baud gewählt werden kann. Bei 2400 Baud vervierfacht sich dieser Betrag natürlich auf stolze 2920 Mark.

Wird das Dokument hingegen nur an die Fax-Vermittlung des Auswärtigen Amtes geschickt und von dort weitergeleitet, betragen die Kosten zum ungünstigsten Tarif 179 Mark, bei Ausnutzung des Billigtarifs sogar nur 54 Mark. So ergibt sich unter Umständen eine Einsparung von über 2800 Mark bei nur einer Aussendung.