Routerzwang ade

FAQ zur freien Routerwahl

09.09.2016
Von  und
Thomas Bär, der seit Ende der neunziger Jahre in der IT tätig ist, bringt weit reichende Erfahrungen bei der Einführung und Umsetzung von IT-Prozessen im Gesundheitswesen mit. Dieses in der Praxis gewonnene Wissen hat er seit Anfang 2000 in zahlreichen Publikationen als Fachjournalist in einer großen Zahl von Artikeln umgesetzt. Er lebt und arbeitet in Günzburg.
Frank-Michael Schlede arbeitet seit den achtziger Jahren in der IT und ist seit 1990 als Trainer und Fachjournalist tätig. Nach unterschiedlichen Tätigkeiten als Redakteur und Chefredakteur in verschiedenen Verlagen arbeitet er seit Ende 2009 als freier IT-Journalist für verschiedene Online- und Print-Publikationen. Er lebt und arbeitet in Pfaffenhofen an der Ilm.
Bis August 2016 hatten viele Nutzer keine Wahl: Ihr Provider schrieb ihnen vor, mit welchen Router sie Online gehen durften. Was hat sich geändert und was bedeutet das Ende des Routerzwangs für die Anwender?
Mit dem Wegfall des Routerzwangs endet das Netz nicht mehr im Router, sondern wieder in der Telefondose.
Mit dem Wegfall des Routerzwangs endet das Netz nicht mehr im Router, sondern wieder in der Telefondose.
Foto: asharkyu/Shutterstock.com

Wer sich noch an die Zeiten erinnern kann, als die Telekom Deutschland GmbH nicht im grellen Magenta warb, sondern im sanften Gelb als staatliches Unternehmen Deutsche Bundespost für unsere Telefone zuständig war, kann sich sicherlich auch noch an die damaligen Gegebenheiten erinnern: Der Kunde durfte nur und ausschließlich die "Staats-Telefone" verwenden, die es anfangs nur im scheußlichen Grau gab. Der Anschluss selbst erworbener Endgeräte oder gar solch technischer Errungenschaften wie eigener Anrufbeantworter oder drahtloser Geräte, war bei Strafe verboten. Messwagen fuhren durch die Straßen und testeten die Anschlüsse an den Verbindungskästen regelmäßig durch, um solche Angriffe auf das Telekommunikationsmonopol bis zum Endgerät zu ahnden.

Diese Zeiten sind glücklicherweise Vergangenheit. Heute können Nutzer selbst über die Endgeräte entscheiden, die sie mit ihrem Telefon- und in der Regel auch mit ihrem DSL-Anschluss verbinden, so diese den technischen Sicherheitsvorschriften genügen. Doch einige Provider, wobei sich hier gerade die Anbieter von Verbindungen über das TV-Kabelnetz hervortaten, verweigerten ihren Kunden diese Freiheit. Sie schrieben den Einsatz der von ihnen gelieferten und vorkonfigurierten Router zwingend vor. Dabei reichten die Begründungen von Sicherheitsbedenken ("Kunden sind nicht in der Lage, die Geräte so zu konfigurieren, dass sie sicher sind") bis hin zu rein wirtschaftlichen Erwägungen: Durch einheitliche und gleiche Konfiguration hofften die Provider Geld bei Support einzusparen. Zudem konnten sie die Endgeräte so ferngesteuert konfigurieren, dass die Kunden beispielsweise den Router erst dann als WLAN-Hotspot einsetzen konnten, nachdem der Provider dieses Feature gegen Gebühr freigeschaltet hatte. Wir haben einige Fragen und Antworten zum Ende des Routerzwangs gesammelt.

Seit August 2016 ist es Gesetz: Die Anbieter dürfen Anschluss und Nutzung bestimmter Telekommunikationseinrichtungen nicht vorschreiben!
Seit August 2016 ist es Gesetz: Die Anbieter dürfen Anschluss und Nutzung bestimmter Telekommunikationseinrichtungen nicht vorschreiben!

Ist die freie Wahl des Routers gesetzlich verankert worden?

Auch wenn Ihnen die Hotline Ihres Providers vielleicht immer noch etwas Anderes erzählen will: Seit dem 01. August 2016 legt das Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG) im Paragraphen 11 "Inbetriebnahme und Anschlussrecht" fest, dass die Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und -diensten dem "Teilnehmer Telekommunikationsendeinrichtungen überlassen können, [sie] dürfen aber deren Anschluss und Nutzung nicht zwingend vorschreiben." Damit sind die Provider auch grundsätzlich dazu verpflichtet, ihren Kunden die zur Konfiguration eines eigenen Routers nötigen Daten zugänglich zu machen.

Welche Vorteile habe ich durch den Wegfall des Routerzwangs?

Dadurch, dass der Anwender selbst entscheiden kann, welchen Router er mit seinem DSL- oder Kabelanschluss verbindet, hat er die Auswahl zwischen unterschiedlichen Routermodellen. Mögen diese Geräte gerade auch für viele Endnutzer nur "irgendwelche Kisten" sein, mit denen sie eben die Internet-Verbindung aufbauen können, so sind dies heute in der Regel hochkomplexe Geräte. Uns sie bieten einen ganz unterschiedlichen Funktionsumfang - was sich in höchst unterschiedlichen Preisen niederschlägt.

Sieht aus wie ein Alien -- ist aber ein hochmoderner WLAN-Router der Firma D-Link: Ohne Routerzwang kann jeder Nutzer auch solche Geräte an seinem Anschluss nutzen. (Bild: D-Link)
Sieht aus wie ein Alien -- ist aber ein hochmoderner WLAN-Router der Firma D-Link: Ohne Routerzwang kann jeder Nutzer auch solche Geräte an seinem Anschluss nutzen. (Bild: D-Link)
Foto: D-Link

So bieten die Geräte der verschiedenen Anbieter nicht nur ganz unterschiedliche WLAN-Module (beispielsweise 802.11n oder 802.11ac), sondern auch Ausstattungen an, die weit über "Standardgeräte" hinausgehen. Wer beispielsweise die neueste Multi-User MIMO-Technik mit ihren acht Antennen für sein WLAN einsetzen möchte, der kann entsprechende Geräte auf dem freien Markt finden. Auch eine einfach zu bedienende Oberfläche, die Möglichkeit mittels des Routers IP-Telefonie zu betreiben, können Entscheidungskriterien sein. Verwendet der Nutzer den selbst erstandenen Router, kann er zudem entscheiden, ob solche Features standardmäßig ein- oder ausgeschaltet sind. Unabhängig davon, ob der Provider sie entsprechend konfiguriert oder gar sperrt.

Welche Nachteile können sich für den Nutzer ergeben?

Für Kunden, die sich mit der Router-Hardware nicht auskennen oder nicht die technischen Kenntnisse besitzen, um Konfiguration und Einstellung solcher Geräte selbst durchzuführen, ist es natürlich einfacher, wenn sie auch weiterhin ihre Systeme vom Provider fertig konfiguriert bekommen. So müssen sie sich nicht durch die Untiefen der manchmal schwer verständlichen Benutzeroberflächen zur Routerkonfiguration kämpfen. Zudem bekommen sie automatisch Updates vom Provider aufgespielt - auch wenn dies bei einigenen Providern teilweise eine gefühlte Ewigkeit dauert bis die Updates freigegeben werden. Services, an denen die meisten Provider auch nach der Abschaffung des Routerzwangs festhalten - der Anwender kann sie aber in der Regel nur nutzen, wenn er einen Router vom Provider wählt. Einen Nachteil für TV-Kabelkunden gibt es jedoch: Da es bei diesen Anschlüssen jahrelang nur die Möglichkeit gab, die vorkonfigurierten Geräte der Provider (zumeist sogar nur leihweise) zu verwenden, ist der Markt der frei verfügbaren Router für diese Anschlussart aktuell noch recht überschaubar.

Auch wenn das Internet via Kabel ins Haus kommt stehen Nutzer nun vor der Wahl des Routers: Allerdings gibt es hier neben den bekannten AVM-Modellen noch nicht so viel Auswahl (Bild: AVM)
Auch wenn das Internet via Kabel ins Haus kommt stehen Nutzer nun vor der Wahl des Routers: Allerdings gibt es hier neben den bekannten AVM-Modellen noch nicht so viel Auswahl (Bild: AVM)
Foto: AVM

Wer einen eigenen Kabelrouter einsetzen will, muss zudem darauf achten, ob dieser sich mit seinem Anschluss verträgt: Die Provider haben in der Vergangenheit teilweise mit eigenen Schnittstellenbeschreibungen und -konfigurationen gearbeitet, so dass es schwierig bis unmöglich werden kann, einen anderen Router richtig zu betreiben. So zeigen beispielsweise Einträge im Nutzerforum von Unitymedia, dass bei den Anwendern immer wieder Probleme mit der Anbindung ihrer Fritzbox 6490 Cable auftauchen. Hersteller AVM bietet in diesem Zusammenhang eine Seite mit Hilfestellungen zu Problemen wie einer sehr langsamen Internet-Verbindung bei Einsatz des Routers am Kabelanschluss an.

Welche Daten benötige ich für den Anschluss des Routers?

Anwendern, die bisher nur den Router des Providers verwendet und sich auf dessen automatische Konfiguration verlassen haben, ist es vielleicht nicht bewusst, dass sie auch für ihren Breitbandanschluss entsprechende Zugangsdaten benötigen, mit denen sie sich authentifizieren müssen. Bei DSL-Anschlüssen ist dies oft eine Kennung (der Kontoname) und ein entsprechendes Passwort. Daten, die der Kunde vom Provider bekommt oder dort nachfragen kann. Viele Provider stellen diese Daten automatisch zur Verfügung, wobei sie laut Gesetz bei Neukunden auch verpflichtet sind.

Vielen DSL-Nutzern nicht bewusst: Auch sie benötigen Zugangskennung und Passwort, damit ihr Router, die Verbindung zum Netz aufbauen kann. Diese Daten müssen die Provider liefern.
Vielen DSL-Nutzern nicht bewusst: Auch sie benötigen Zugangskennung und Passwort, damit ihr Router, die Verbindung zum Netz aufbauen kann. Diese Daten müssen die Provider liefern.

Bei einem Kabel-Anschluss muss der Kunde in der Regel Daten wie die Seriennummer und die CM-MAC-Adresse (Hardware-Adresse des Kabelmodems) an den Provider übermitteln, der dann dieses Gerät entsprechend freischaltet. Diese Daten werden benötigt, da die Kabelprovider häufig keine expliziten Zugangsdaten verwenden, sondern das jeweilige Kabelmoden via Seriennummer und MAC-Adresse authentifizieren. Das geschah bisher bei der Installation des Modems/Kabelrouters durch den Servicetechniker, der diese Daten bei älteren Modellen dann direkt in die Firmware schrieb. Ein weiterer Grund, warum die Kabelprovider in der Vergangenheit das Modem bei Providerwechsel zurückgefordert haben. Die Firma AVM stellt auf ihrer Webseite eine Tabelle bereit, die auflistet, welche Daten von den deutschen Providern an die Kunden gegeben werden. Diese Liste wird ständig aktualisiert.

Und was ist bei Problemen?

Wer sich auf den Webseiten der Provider und hier gerade der Anbieter von Breitband-Kabelanschlüssen umschaut, der wird dort häufig Hinweise finden, dass der Provider nicht für private Router und deren Einrichtung/Update/Pflege verantwortlich ist. Begleitet werden diese Aussagen dann von dem Tipp, dass es eben aus diesen Gründen doch viel besser sei, auf die Geräte des Providers zu setzen. Ohne Frage steigt mit dem Einsatz eines eigenen Endgeräts die Verantwortung des Nutzers - muss er es doch nicht nur selbst konfigurieren, sondern auch entsprechende Updates und Patches einspielen und sich deshalb immer darüber informieren, welche sicherheitsrelevanten Änderungen er einspielen muss.

Allerdings zeigt unsere Erfahrung mit den verschiedenen Hotlines und Informationsseiten der Provider im Web, dass die Anbieter von Router-Hardware häufig sehr viel schneller Patches und Updates bereitstellen (wobei es hier natürlich Ausnahmen gibt), als dies bei den großen Providern der Fall ist. Auf jeden Fall hat der Nutzer es mit eigener Hardware selbst in der Hand, wie sicher seine Installation ist und muss im Zweifelsfall nicht darauf warten bis sein Provider endlich Updates einspielt.

Hersteller erwarten keine Probleme durch frei Routerwahl

Für die Anbieter der entsprechenden Endgeräte kam das Ende des Routerzwangs nicht unerwartet und war seit langem erwünscht. Jörg Lösche, Senior Regional Director für Central Europe bei Netgear, kommentierte die Änderung für uns deshalb auch entsprechend positiv: "Der Routerzwang hat nicht nur die freie Produktwahl der Endkunden eingeschränkt, sondern auch den Wettbewerb. Jetzt entscheiden die Verbraucher über ihren Router. Durch die Gesetzesänderung endet das Netz an der Wandbuchse und somit vor dem Router. Dies beendet die aktuelle Praxis einiger Internet-Service-Provider, den Router als aktiven Zugangspunkt zum öffentlichen Netz zu definieren und Kunden einen Router vorzuschreiben."

Jörg Lösche, Senior Regional Director für Central Europe bei Netgear: "Durch den Wegfall des Routerzwangs werden unserer Ansicht nach für die Netze keine Probleme entstehen. " (Bild: Netgear)
Jörg Lösche, Senior Regional Director für Central Europe bei Netgear: "Durch den Wegfall des Routerzwangs werden unserer Ansicht nach für die Netze keine Probleme entstehen. " (Bild: Netgear)
Foto: Netgear

Was die Sicherheit oder gar Störung des Netzbetriebs durch diese Änderung angeht, sieht Lösche keine neuen Probleme: "Durch den Wegfall des Routerzwangs werden unserer Ansicht nach für die Netze keine Probleme entstehen. Seit vielen Jahren nutzen bereits Millionen Endkunden frei wählbare DSL-Router. Auswirkungen auf die Netze hat es nie gegeben."