Streit um iPhone-Verschlüsselung

FAQ: Apple vs. FBI

29.03.2016
Von  und


Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Aber wenn die Software doch nur bei Apple bleibt?

Die US-Regierung beteuert, dass Apple die hundertprozentige Kontrolle über die Software und das Device selbst behält, wie auch im Gerichtsprotokoll nachzulesen ist: "Die Anordnung erlaubt Apple, das Gerät in seinen Besitz zu nehmen, um die notwendigen Programme in einer gesicherten Umgebung seiner Wahl aufzuspielen - ähnlich wie Apple es jahrelang mit älteren Versionen seines Betriebssystems getan hat - und den Regierungsbehörden per Fernzugriff Zugang zu verschaffen."

Weil Apple ein solches Tool aber gezielt für die Strafverfolgungsbehörden entwerfen würde, müsste diese Software genauestens untersucht werden, wenn die so gewonnenen Daten vor Gericht verwendet werden sollen. Auf diesen Sachverhalt geht Jonathan Zdziarski in einem Blog-Post detailliert ein. Zdziarski erklärt darin, dass Software, die von Strafverfolgungsbehörden zur Beweisaufnahme genutzt wird, nach geltender US-Rechtsprechung sowohl von der Verteidigung, als auch vom Gericht selbst als sicher und verwertbar eingeschätzt werden muss. Neue Instrumente, die unter diese Definition fallen, müssten zunächst von unabhängigen Institutionen wie dem "National Institute of Standards and Technology" überprüft werden.

Gibt es keinen anderen Weg, an die Daten zu kommen?

Im Gerichtsprotokoll vom 19. Februar werden diverse Methoden, die die US-Regierung und Apple in Erwägung gezogen haben, genannt und auch warum diese nicht wirksam wären.

  • Telefonrechnungen und Einzelverbindungsnachweise: Zwar habe die Regierung das versucht, allerdings sei das wenig zielführend, denn auf dem Gerät seien weit mehr als nur Anruf- und SMS-Daten.

  • Verbindungen zu Computern: Laut der US-Regierung waren keine Computer mit dem Telefon verbunden.

  • Auto-Backup des Geräts über die iCloud: Das habe nicht funktioniert, weil weder das FBI, noch der Besitzer des Telefons das iCloud-Passwort kennen.

  • Zugriff auf frühere iCloud-Backups: Auch das habe das FBI versucht, allerdings sei das aktuellste Backup vom 19. Oktober 2015. Zudem, so das Gericht, enthalte ein solches Backup scheinbar weit weniger Informationen, als auf dem Telefon selbst hinterlegt seien.

Das FBI hat also nicht einmal ein iCloud-Backup?

Zumindest kein vollständiges. Entsprechend des Gerichtsprotokolls sei das FBI in Besitz eines Backups vom 19. Oktober - rund sechs Wochen vor dem Attentat in San Bernardino. Im Bericht ist unter anderem zu lesen, dass dem Backup entnommen werden kann, dass Farook mit einigen seiner Opfer kommunizierte, die er später erschoss.

"Die Analyse der Telefonverbindungen hat ergeben, dass Farook außerdem mit seiner Ehefrau Malik kommuniziert hat und dabei das betreffende Gerät im Zeitraum von Juli bis November 2015 benutzt hat. Diese Informationen finden sich nicht in den Daten aus dem iCloud-Backup. Folglich könnten vor oder während des Attentats weitere kritische Kommunikationsversuche oder Daten angefallen sein, die ausschließlich auf dem Gerät zu finden sind und auf keinem anderen, der Regierung oder Apple bekannten, Weg zu erlangen sind."

Das iPhone enthält also weitere Daten?

Zumindest geht das Gericht davon aus, denn es ist in Besitz von Kommunikationsprotokollen des Netzbetreibers Verizon, die belegen, dass eine Kommunikation stattgefunden hat, die nicht im iCloud-Backup zu finden ist.

Das Problem an diesem Argument: Eine selektive Auswahl beim Backup zu treffen, ist schlicht nicht möglich. Entweder werden alle Daten gesichert oder keine. Wenn also die Kommunikationsvorgänge der Monate Juli, August, September und Oktober im iCloud-Backup fehlen, ist es höchst unwahrscheinlich, dass sich diese auf dem iPhone befinden. Eine logische Erklärung hierfür wäre, dass Farook die betreffenden Daten bereits vor dem 19. Oktober 2015 gelöscht hat.