Kolumne

"Falsche Förderpolitik"

28.02.1997

Im vergangenen Jahr förderte das Bundesforschungsministerium die Informations- und Kommunikationstechnologie mit 1,75 Milliarden Mark. Dieser - gemessen an den Herausforderungen und der hitzig geführten Standortdebatte - bescheidene Etat wurde für 1997 nicht erhöht, sondern um 13,2 Prozent gekürzt. Zum Vergleich: Die US-Regierung will in den nächsten drei Jahren allein 300 Millionen Dollar in die Weiterentwicklung des Internet investieren. Verschiedene Ministerien fördern unter dem Stichwort "Next Generation Net" Projekte an Universitäten und staatlichen Forschungslabors, die beispielsweise heute mögliche Datenübertragungsraten dramatisch steigern sollen.

Die Höhe der hiesigen IT-Förderung macht zwei Dinge ganz deutlich: Hierzulande wird nicht einmal mehr ansatzweise der Versuch unternommen, mit gezielter Forschungsförderung die Wirtschaft in Sachen Informationstechnologie voranzubringen. Zumal vermutet werden darf, daß in der genannten Summe auch Mittel für Projekte vorgesehen sind - zum Beispiel für Verkehrsleitsysteme -, die im strengen Sinne wenig mit der IT-Branche zu tun haben. Zweitens hat sich die Bundesregierung offenbar endgültig von dem Wunsch verabschiedet, Deutschland aus seiner informationstechnischen Zweitklassigkeit herauszuführen.

Außerdem werfen diese Zahlen ein schräges Licht auf die Standortdebatte. Sie wird nämlich sowohl von Politikern als auch von Vertretern der Wirtschaft lediglich als Kostendiskussion geführt. Es geht um Lohn- und Lohnnebenkosten, um Rentenversicherung und Steuerpolitik; über eine Politik, die Innovationen fördert und so dazu beitragen könnte, die Kosten des Standorts Deutschland erträglicher zu machen, wird nicht gesprochen.

Dafür, so die phantasielose Ausrede, sei der Markt zuständig. Daß sich das marktrelevante Geschehen in Sachen Informationstechnologie schon längst woanders abspielt und in Deutschland IT-Produkte - von den hiesigen Niederlassungen amerikanischer Firmen einmal abgesehen - in erster Linie konsumiert und nicht mehr produziert werden, übersieht man geflissentlich. Statt dessen werden Wirtschaftszweige wie Kohle, Stahl oder auch die Landwirtschaft mit mehrstelligen Milliardenbeträgen gefördert, die angesichts der unzweifelhaft zu hohen Standortkosten im internationalen Wettbewerb ohnehin keine Chance haben.