Oracle im Internet-Rausch

Falotti: "Alles steht und fällt mit dem Internet"

02.07.1999
There''s no business like E-Business - so verlautet es derzeit unisono aus dem Topmanagement des Datenbankprimus Oracle. Mit Pier Carlo Falotti, Executive Vice- President Europe, Middle East & Africa bei Oracle, sprach CW-Redakteur Alexander Deindl am Rande der European Oracle User Group Conference in Kopenhagen.

CW: Die IBM hat mit einer riesigen Werbekampagne dafür gesorgt, den Begriff E-Commerce salonfähig zu machen. Es scheint so, als habe Oracle das Thema erst jetzt entdeckt und laufe der IBM hinterher.

Falotti: Hat Intel etwa den Chip in die Welt gebracht? In unserem Business galt immer schon: Der eine erfindet etwas, ein zweiter forciert das Marketing dafür, und der dritte macht Geschäft damit. Natürlich sind wir Nutznießer der Marketing-Offensive. Jeder Hersteller wird das künftig sein.

CW: Im Gegensatz zu Oracle besitzt die IBM einen riesigen Marketing-Apparat für E-Commerce. Wie wollen Sie da mithalten?

Falotti: Oracle hat eine eindeutige Devise: Bei uns steht und fällt alles mit dem Internet. Es ist der einzige Marketing-Aspekt, auf den wir uns voll und ganz konzentrieren. Ist Ihnen nicht aufgefallen, daß wir seit langer Zeit kein einzelnes Produkt mehr angekündigt haben? Diese Zeit ist passé. In jeder Werbung, die wir lancieren, geht es um große Internet-Companies, die unsere Produkte für ihre Web-Präsenz nutzen.

CW: Nach einer Studie des Marktforschungsinstituts Dataquest rangiert Oracle im Datenbankgeschäft nur noch auf dem zweiten Platz hinter der IBM. Kalkulieren Sie mit schwindenden Margen?

Falotti: Nein, jede Studie hat doch schon vor ihrer Erhebung ein Ergebnis, ganz nach dem Motto: "Zeigen Sie mir, was Sie bewiesen haben möchten, und wir drehen die Fragen entsprechend hin."

CW: Wollen Sie behaupten, es habe sich um Schiebung gehandelt?

Falotti: Man sollte doch fairerweise unterscheiden: Im Mainframe-basierten Datenbank-Business hat IBM die Nase vorn, im Unix-Geschäft sind wir immer noch die Nummer eins. Wir dominieren auch auf Windows NT.

CW: In Europa kommt das E-Business nicht so recht voran. Kann es sein, daß Faktoren wie hohe Telekommunikationskosten oder aber das unterschiedliche Rechtsverständnis in europäischen Staaten E-Commerce verhindern?

Falotti: Ich verspreche Ihnen: Deutschland wird der am schnellsten wachsende Markt weltweit. Schon heute besitzt Lufthansa nach einer Studie der "London School of Economics" die weltweit beste und die Deutsche Bank die zweitbeste Internet-Präsenz.

CW: Larry Ellison hatte vor einiger Zeit prognostiziert, Oracle werde die größte Internet-Company an der US-Börse Nasdaq. Was ist von derartigen Behauptungen zu halten?

Falotti: Ich weiß nicht, was Ellison damit meinte.

CW: Ist davon ebensoviel zu halten wie von dem Plan, mit dem Network Computer (NC) das PC-Zeitalter zu beenden?

Falotti: Sie betrachten das Detail, nicht jedoch das gesamte Bild. Wäre Ellison damals nicht so engagiert gewesen, würden PCs heute nicht für Dumpingpreise angeboten. Die Terminologie war sicher falsch, die Idee zweifelsohne richtig.

CW: Reden wir über Oracles Probleme im ERP-Umfeld. Ein aktuelles Wachstum von rund sieben Prozent dürfte nicht unbedingt Ihren Erwartungen entsprechen, oder?

Falotti: Wir waren in Sachen ERP in Europa viel zu spät dran. Das war ein absoluter Fehler. Aber im Gegensatz zu uns kämpft die SAP mit einem negativen Wachstum.