Straffes Netz-Management kann Ausgaben senken helfen

Faktor Mensch treibt Kosten im PC-LAN-Bereich hoch

16.08.1996

Um zu verhindern, daß die Aufwände für den Betrieb lokaler Netze davongaloppieren, müssen sich Unternehmen eine Strategie überlegen. Während die Gartner Group in der Studie "Total Cost of Ownership: Reducing PC-LAN Costs in the Enterprise" empfiehlt, zunächst eine genaue Kostenanalyse für die hausinternen PCs und LANs erstellen zu lassen, um danach gezielt einzelne Posten unter die Lupe nehmen zu können, gehen deutsche Anwender das Problem direkt an. Die entsprechenden Maßnahmen sind oft das Ergebnis allgemeiner Umstrukturierungen.

Die Westfalenbank AG in Bochum etwa fährt mehrgleisig, um die Kosten im PC- und Netzbereich zu senken. "Wir haben einen Vertrag mit einem externen Unternehmen, das uns einen Mitarbeiter zur Verfügung stellt", erklärt Andreas Werner-Scheer, Leiter der DV/Organisation. Das Netz-Management der Bank läuft jedoch jetzt und wohl auch in Zukunft noch in Eigenregie. "In diesem Bereich lassen sich kaum Kosten sparen, weil wir durch den Einsatz von entsprechenden Werkzeugen schon eine sehr schlanke DV-Struktur haben", beschreibt der DV-Chef. So benutzt die Netzadministration des Geldinstituts von zentraler Stelle aus Tools, um die Hard- und Software zu verwalten. "Release-Wechsel, egal ob bei Systemsoftware-Komponenten oder Bürokommunikationssoftware, führen wir zentral durch", ergänzt Werner-Scheer. In einem Abwasch wird die Software auch gleich auf Viren untersucht.

Den ausufernden DV-Kosten will Werner-Scheer zudem mit Standardsoftware zu Leibe rükken. "Aber auch bei der Hardware gibt es keine Individualbestellungen, das ist alles standardisiert", ergänzt er. "Auf diese Weise ist zum einen sichergestellt, daß Endanwender sich schnell in Programme einarbeiten. Außerdem läßt sich ein defektes Gerät problemlos durch ein anderes ersetzen."

All diese Aussagen zeigen, daß Unternehmen eine aktive Kostendämpfungspolitik betreiben, auch wenn diese Bemühungen sich nicht unbedingt auf konkrete Zahlen stützen. Die fehlenden Daten liefert die Gartner Group, und sie verdeutlichen, daß sich viel Bares sparen läßt. Der Studie zufolge verursacht ein einzelner PC in einem Modellnetz mit 2500 Arbeitsplatzrechnern im Laufe eines Jahres Kosten von knapp 12000 Dollar. Diese Summe setzt sich zusammen aus der Anschaffung von Hard- und Softwarekomponenten, Supportleistungen, dem Administrationsaufwand sowie Tätigkeiten der PC-User, die mit ihrer Arbeit nichts oder nur indirekt zu tun haben. Dazu zählen etwa gegenseitiger Support, Spiele oder Surfen in den weltweiten Netzen. Hochgerechnet auf das gesamte Netzwerk mit 2500 Clients ergibt das die stolze Summe von 30 Millionen Dollar pro Jahr, die das Modellunternehmen investieren müßte, um seine DV leistungsfähig zu halten.

Mehrere große Posten macht die Studie als Verursacher der Kosten aus (siehe die Grafik). Die Marktforscher kommen zu dem Schluß, daß sich insgesamt 26 Prozent der Gesamtsumme einsparen ließen, davon elf Prozent durch den Einsatz optimierter Verfahren im Arbeitsprozeß. Weitere 15 Prozent sollen durch gezieltere Anschaffungen zu sparen sein.

Bezogen auf das Modellnetz würde das Jahresbudget um 3100 Dollar pro Arbeitsplatz beziehungsweise um rund 7,8 Millionen Dollar für die gesamte Installation entlastet. Es sind also keine kleinen Summen, die sich in den im folgenden beschriebenen vier Bereichen einsparen lassen.

Nach Meinung der Marktforscher zufolge entstehen pro PC im LAN über einen Zeitraum von fünf Jahren Kosten von rund 59000 Dollar. In diesen Betrag fließt die Anschaffung neuer Geräte mit 20,5 Prozent und der technische Support mit 21 Prozent ein. Lediglich 12,5 Prozent der Kosten entstehen durch die Administration des Netzes, wogegen die bereits erwähnten Aktionen der Endanwender mit rund 46 Prozent zu Buche schlagen. Dieser Punkt birgt auch das größte Sparpotential. Über Standard-Interfaces, die kürzere Einarbeitungszeiten ermöglichen, einheitliche Software, die fehlerfrei arbeitet, und eine Hardware, die exakt den Anforderungen des Users entspricht, könnten die Kosten laut Gartner Group um 40 Prozent reduziert werden. Hochgerechnet auf ein Unternehmen mit 2500 PCs im LAN ergäbe sich ein Betrag von 5,5 Millionen Dollar pro Jahr. Bei den Hardwarekosten läßt sich dagegen mit einer knappen Viertelmillion relativ wenig einsparen, und das wohl auch nur bei größeren Unternehmen, die durch spezielle Verträge mit den Zulieferern Rabatte aushandeln können.

Ein Teil der Zeit, die Endanwender an ihrem PC verbringen, geht etwa mit der Installation von Bildschirmschonern und Spielen verloren. Wie gehen Netzadministratoren in der Praxis damit um? Viele PC-LAN-Chefs löschen zentral alle unnötige Software von der Festplatte der Workstations und verhindern über eine Deaktivierung der Diskettenlaufwerke das Einspielen von Fremdsoftware. Obwohl letzteres auch zur Virenprophylaxe gehört, zweifeln manche Fachleute doch an der Wirksamkeit dieser Maßnahme. "Findige Benutzer werden durch künstliche Sperren geradezu angereizt, diese zu durchbrechen oder zu umgehen", berichtet etwa Karsten Schweer, Netzwerk-Verantwortlicher bei der Großkonditorei Coppenrath & Wiese in Osnabrück.

Martin Schiller, Leiter Systemtechnik bei der Voith Dienstleistungsgesellschaft mbH in Heidenheim, setzt auf die zentrale Verwaltung des LAN-Bereichs. "Die Rechner sind nur mit der Netzwerkkarte und der Treibersoftware ausgestattet. Alles andere wird dann vom Netz heruntergeholt", beschreibt Schiller die Installation. Voith kauft nur No-name-PCs mit Standardkomponenten, was ebenfalls zur Kostensenkung beitrage. "Die Grafik- und Netzkarte haben wir jedoch standardisiert", betont Schiller. Nur im CAD-Bereich werden aufgrund der besonderen Anforderungen Markengeräte eingesetzt. Generell hält auch er die Personalkosten für den wichtigsten kostentreibenden Faktor.

Allem Anschein nach haben die meisten Unternehmen ihre Netze schon reichlich straff organisiert und gut im Griff. Neue Produkte und Technologien zur Zentralisierung und Automatisierung von Routineaufgaben finden vielerorts Anwendung. Übereinstimmend werden auch Maßnahmen zur Koordinierung und Optimierung der menschlichen Arbeitsleistungen eingesetzt, die letztlich das beste Mittel darstellen, um steigenden Kosten entgegenzuwirken.

Sparstrategien

1. Automatisieren und Zentralisieren des Netz-Managements zum Beispiel mit Software-Tools garantiert, daß Routinearbeit verläßlich ausgeführt und der Administrator entlastet wird.

2. Bessere Organisation und Koordination des Supports verhindert doppelte Wege und ermöglicht eine effizientere Fehlerbekämpfung.

3. Durch den Einsatz von Standardlösungen bei Hard- und Software ergeben sich kürzere Einarbeitungszeiten, schnellere Fehlerbehebung und höhere Kompatibilität.

4. Vorbeugende Sicherheitsmaßnahmen gegen Virenbefall treffen.

5. Elektronische Softwareverteilung erspart wertvolle Arbeitszeit.

6. Software-Tools zur Inventarisierung kontrollieren die Anzahl der benutzten Programmpakete, erstellen ein Hardwareprofil der Netzrechner und unterstützen die Administration.

7. Via Remote-Access-Tools lassen sich Ferndiagnosen abgeben und Fehler schneller und effektiver beheben.