Externer Netzbetrieb ist billiger

24.05.2007
Anwender und IT-Dienstleister setzen verstärkt auf Services externer TK-Spezialisten.

Immer mehr dezentral aufgestellte Anwenderunternehmen lassen ihre Netze im Rahmen von Managed Services oder einem Komplett-Outsourcing von einem externen Anbieter betreiben. Vor allem bei reinen Datennetzen boomt das Auslagerungsgeschäft: Einer Umfrage von IMC Research im Auftrag des virtuellen Netzbetreibers Vanco zufolge hatten im vergangenen Jahr bereits fast drei Viertel der multinationalen Konzerne aus Westeuropa, den USA, Australien und Singapur die Verwaltung ihrer Wide-Area-Networks (WANs) an einen externen Betreiber übergeben.

VNOs – Betreiber ohne Netz

Virtuelle Netzwerkbetreiber(Virtual Network Operaters, kurz VNOs) richten sich an den international aufgestellten, gehobenen Mittelstand. Sie besitzen kein eigenes Netz und kaufen stattdessen bei den Carriern weltweit Kapazitäten zu, aus denen sie für ihre Kunden einheitliche Servicepakete schnüren. Damit besteht das Geschäftsmodell zum Großteil im Einkauf der jeweils besten Leistungen sowie dem Management der Verträge und Services. Der Vorteil, so Vanco-Manager Thomas Wolf: VNOs stehen nicht unter dem Druck, getätigte Investitionen ausnutzen zu müssen. Auch PAC-Experte Holzhauser sieht in den VNOs eine interessante Alternative zu den klassischen TK-Anbietern: "Anwender ohne kritische Masse, die aber sehr dezentral oder global organisiert sind, können die Leistungen der einzelnen Carrier über einen solchen Anbieter zusammenkaufen und kommen dadurch in den Genuss des gesamtem Spektrums." Durch Verträge mit unterschiedlichen Carriern in allen Teilen der Welt haben sie zudem gute Kenntnisse über die sich in diesem Markt ständig ändernden Preise und können dadurch sehr schnell reagieren."

Vorteile des Netz-Outsourcings

Kostensenkung

Höhere Zuverlässigkeit

Höhere Sicherheitsstandards

Mehr Bandbreite

Weniger Steuerungsaufwand

Verringerung der Komplexität

Zugang zu Innovationen

Mehr zum Thema unter www.computerwoche.de/

1208392: WAN-Outsourcing-Umfrage

575805: Virtuelles Netz von Vanco

1205823: VNO-Geschäftsmodell

558639: Netz- und IT-Services von BT

Hier lesen Sie

Warum die meisten international augestellten Anwender den Betrieb ihres Weit- oder Nahverkehrsnetzes an einen externen Anbieter übergeben haben;

Welche Vorteile Netzwerk-Outsourcing im einzelnen bietet;

Und warum klassische IT-Dienstleister, die die Netze ihrer Kunden betreiben, dieses Geschäft häufig weiter an Sublieferanten auslagern.

Der Netz-Management-Markt ist hart umkämpft. Gute Chancen haben nach Ansicht von Klaus Holzhauser, Senior Consultant beim Münchner Beratungsunternehmen PAC (Pierre Audoin Consultants), vor allem Anbieter, die im jeweiligen Land über ein eigenes Netz verfügen und groß genug sind, um internationale Kunden zu bedienen - etwa in Deutschland T-Systems/Telekom und BT. Aber auch virtuelle Netzbetreiber, die sich die Kapazitäten nach Bedarf zusammenkaufen, versuchen, sich ein Stück dieses Kuchens sichern (siehe Kasten: "VNOs - Betreiber ohne Netz").

Der Markt ist umkämpft

Hinzu kommen große techniklastige IT-Dienstleister wie SIS (vormals SBS), die Leitungen bei Carriern einkaufen, einen Teil der Netz-Services – etwa das Management bestimmter Knoten oder den Betrieb des Call-Routing – jedoch selbst erbringen. Angesichts des anhaltenden Preisverfalls im TK-Markt ist es allerdings fraglich, ob dieses Geschäftsmodell noch genug abwirft.

Wie die IMC-Umfrage zeigt, spielt das klassische Outsourcing-Argument Kostensenkung für die Anwender auch beim Auslagern des Netzbetriebs eine zentrale Rolle (21 Prozent der Nennungen). Für 13 Prozent der befragten CIOs hat das Thema Sicherheit Priorität, gefolgt von mehr Bandbreite mit zehn Prozent der Nennungen.

Auch PAC-Berater Holzhauser misst dem Security-Aspekt eine hohe Bedeutung bei: "Mit der Zunahme von Hacker-Angriffen, Spam und Trojanern wird es für die Endanwender immer schwieriger und auch teurer, die Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Es ist daher sinnvoll, solche Aufgaben einem darauf spezialisierten Netz-Dienstleister anzuvertrauen", begründet der Experte. Zudem könnten die TK-Anbieter von Skaleneffekten profitieren – nicht nur im Hardware-Bereich, sondern auch in puncto Manpower. "Das versetzt sie in die Lage, ihren Kunden umfassende Sicherheit zum vergleichsweise günstigen Preis zu bieten."

Vorteile durch Outsourcing

Aufgrund von Skaleneffekten können die Provider auch bessere Vertragsbedingungen für die Anwender aushandeln: "Nicht jeder TK-Anbieter stellt überall jede Anschlussart zur Verfügung. Um im jeweiligen Land die besten Konditionen zu bekommen, muss ein Unternehmen daher Verträge mit mehreren Carriern abschließen", erläutert Holzhauser: Wer sein Netz stattdessen auslagere, profitiere einerseits von den günstigsten Angeboten und habe andererseits nur noch einen Ansprechpartner und damit weniger Steuerungsaufwand.

Generell lässt sich durch das Auslagern des Netzbetriebs die Komplexität reduzieren, die mit der fortschreitenden Globalisierung und Internationalisierung der Unternehmen ständig zunimmt. "Es werden ja immer mehr Produktionsstandorte ins Ausland verlagert, die vernetzt werden müssen", so Holzhauser. Und schließlich kann der Anwender von Netz-Outsourcing-Diensten stärker von Innovationen profitieren, meint Ralf Weidner, Client Partner bei Orange Business Service in Deutschland. "Durch Zulieferketten erhält der Kunde Zugang zu hochgradig standardisierter und moderner Technik - etwa Schnittschnellen zu Fernwartungssystemen." Ein Anbieter, für den solche Lösungen zum Kerngeschäft zählen und der sie teilweise selbst entwickelt hat, könne sie über das Outsourcing früher in den Markt bringen als über klassische Vertriebswege.

Auch die zunehmende Industrialisierung im IT- und TK-Servicegeschäft fördert das Geschäft mit externen Netzdiensten, meint Thomas Wolf, Unternehmensberater und Non-Executive Chairman beim virtuellen Netzbetreiber Vanco: "Der Trend geht zu Paketen aus standardisierten Diensten, und der Netzwerk-Service ist eines dieser Pakete."

Auch IT-Dienstleister lagern aus

Auch IT-Dienstleister, die im Rahmen umfangreicher IT-Serviceverträge häufig mit dem Betrieb von Kundennetzen beauftragt werden, lagern diese Aufgabe immer häufiger an einen Sublieferanten aus. So betreut Hewlett-Packard (HP) schon seit geraumer Zeit die Netze seiner Kunden im Rahmen einer Partnerschaft mit der BT Group. Und Capgemini hat im Herbst vergangenen Jahres die Verantwortung für die im Kundenauftrag betriebenen Netze komplett an BT übergeben. Auf diese Weise kann sich der französische IT-Dienstleister besser auf höherwertige und strategische Aufgaben – etwa Beratung und IT-Auslagerungsprojekte - konzentrieren, so die Begründung des Managements. "Wir fokussieren uns ja stark auf IT-Transformations-Outsourcing, und das hat selten etwas mit klassischem Netz-Management zu tun", erläutert Jörg Otto, Leiter Business Development Outsourcing bei Capgemini. Angesichts der geringen Margen im Netz-Management-Markt könne das auf große Anwendungsprojekte spezialisierte IT-Beratungshaus keine großen Mehrwerte für seine Kunden schaffen. PAC-Consultant Holzhauser hält Capgeminis Strategie, Nicht-Kernkompetenzen auszulagern für sinnvoll: "Durch die Kooperation mit einem TK-Anbieter kann das Unternehmen IT-TK-Projekte komplett anbieten."

Trend zu IT-TK-Projekten

Angesichts der zunehmenden Konvergenz von IT- und TK-Anwendungen zeichnet sich der Trend zu solchen Projekten immer stärker ab. In der ersten Hälfte des vergangenen Jahres zählten die Analysten von Forrester Research insgesamt 60 so genannte CSD-Deals (Converged Service Delivery) in Europa. Das Weitverkehrsnetz gehört dabei zu den am häufigsten ausgelagerten Bereichen (siehe Grafik). Nach den Beobachtungen von Capgemini-Manager Otto steht das Netz-Outsourcing speziell im deutschsprachigen Raum häufig an erster Stelle. "Einerseits ist es ein klar abgrenzbarer Bereich, andererseits tendieren die Anwender, die einen externen Anbieter mit der Aufrüstung ihrer LAN- oder WAN-Struktur – etwa um Voice-over-IP-Funktionen – beauftragt haben, dazu, diesem gleich den gesamten Netzbetrieb zu übergeben." (sp)