Externe Beratung: Es ist nicht alles Gold, was glänzt

07.05.1982

Von "positiver Zusammenarbeit" bis hin zu "bitteren Erkenntnissen" erstrecken sich die Resümees, die DV-Leiter und Management über DV-Berater angaben. Häufig sind die Honorarforderungen der Externen dermaßen hoch, daß die eigenen Mitarbeiter demotiviert werden. Als Hauptproblem bei der Suche nach einem "freelance" erweist sich jedoch die "Qual der Wahl". Gelingt es, einen "wirklichen" Experten zu finden, sind auch die Ergebnisse gut und der Berater sein Geld wert. Bei "politischen Dead-lock-Situationen", so DV-Leiter Miklos Hoffmann, können die externen Helfer durch ihre Neutralität das Management sogar besser als die internen DV-Profis von objektiv notwendigen Maßnahmen überzeugen. Kein Wunder, daß immer mehr Verantwortliche in der Datenverarbeitung versuchen, die Schlagkraft ihrer eigenen Truppe zu erhöhen, um sich von externen Beratern zu "emanzipieren". ih

Miklós K. Hoffmann, Leiter Datenverarbeitung, Schleswag AG, Rendsburg

Die Frage nach dem Sinn oder Unsinn der Heranziehung externer Berater für Datenverarbeitungsaufgaben kann nur mit einem entschiedenen sowohl als auch beantwortet werden.

In der überwältigenden Zahl der Fälle ist es vorzuziehen die notwendige Kapazität an Arbeitskraft, Wissen und Können in den eigenen Reihen vorzuhalten. Die Kopfzahl allein genügt nicht. Neben dem fachlichen gehört auch der bewußt gepflegte Blick über den Tellerrand, der Sinn für übergeordnete Gesichtspunkte, intime Kenntnisse der Fachabteilung, die Bemühung um unternehmerisches generalistisches Denken, um psychologisches Geschick und die Pflege der Immunität gegen Betriebsblindheit dazu. Dies sind große Ziele. Im Alltag wird man Abstriche hinnehmen müssen - auch bei externen Beratern. Aber weitblickendes Management wird sich um diese Ziele bewußt, beharrlich und zielstrebig bemühen. Diese Strategie, technische, kaufmännische und organisatorische Lösungen in spürbarem Umfange extern einzukaufen, birgt langfristig Gefahren in sich. Die eigenen Aktivitäten verlagern sich immer mehr vom Gestalten zum Verwalten, die Qualifikation der Mitarbeiter, ihre Initiative verkümmert und bei dem allgemeinen Trend zu einem höheren Anteil qualifizierterer Aufgaben verlagern sich auch Arbeitsplätze aus dem Unternehmen zu Externen. Eine gefährliche Abhängigkeit von Betriebsfremden kann entstehen.

Gelingt es, die eigene Truppe durch Schulen und Führen, durch immer anspruchsvollere Aufgaben so aufzubauen, daß sie auch organisatorisch Ungewohntes und systemtechnisch Komplexes bewältigen kann, so behält das Unternehmen erheblich mehr Flexibilität und Handlungsfreiheit. Interne Standards, Dokumentationsregeln werden vielfach als Selbstverständlichkeiten praktiziert - man läuft doch nicht ständig mit dem DV-Handbuch unter dem Arm herum. Die diesbezügliche "Domestizierung" externer Kräfte erweist sich erfahrungsgemäß sehr mühsam, wenn nicht unmöglich. Auch können Mitarbeiter, die mit den eigenen Systemen vertraut sind, Integrationsaspekte ungleich besser berücksichtigen. Die teilweise alptraumhaften Erfahrungen vieler Unternehmer mit der Pflege auch noch so guter Systeme, die ihnen Externe zurückgelassen hatten, gehören allmählich zum Allgemeingut.

Was unser Haus anbetrifft, so hatten wir uns bei den kaufmännischen Aufgaben bereits vor mehreren Jahren zielstrebig und weitgehend von externer Hilfe emanzipiert. Sie wird nur gelegentlich und vorübergehend bei klar abgrenzbaren Aufgaben, die unter unserer Leistung abgewickelt werden, dann in Anspruch genommen wenn bei der Personalbeschaffung ungebührliche Verzögerungen auftreten. Die Erfahrungen dabei sind sehr verschieden. Sie hängen fast ausschließlich von der Qualifikation des herangezogenen externen Mitarbeiters ab.

Die technischen Bereiche sind - nicht nur bei uns - traditionell mehr einkaufsorientiert. Der Einfluß der Usancen aus dem Anlagenbau machen sich bemerkbar. Auch sind technische Systeme weniger änderungsträchtig. Die Änderungen sind eher planbar, sie werden nicht so häufig wie auf dem kaufmännischen Sektor durch eine regelungswütige Legislative beziehungsweise Bürokratie kurzfristig aufgezwungen. Die Erfahrungen mit Externen auf dem technischen Sektor sind ebenfalls bunt aber teilweise, so auf dem Prozeßrechnersektor, exzellent. Aber auch hier arbeiten wir aktiv mit, gestalten mit und streben konsequent eine personelle Unabhängigkeit an.

Erwähnt werden muß ein Tätigkeitsgebiet externer Berater, das auch bei schlagkräftigen, sogenannten mündigen Datenverarbeitungsbereichen legitim und bedeutungsvoll ist. Man beobachtet immer wieder in allen Branchen, und ich glaube mit zunehmender Häufigkeit, daß interne, in erster Linie "politische" dead-lock-Situationen durch Externe beseitigt werden müssen, wenn die anstehenden, objektiv notwendigen Maßnahmen gravierende organisatorische Änderungen mit spürbaren Gewichtsverschiebungen zu Gunsten einzelner organisatorischer Bereiche, zum Beispiel heutzutage häufig der DV, führen würden. Oft gelingt es nur Externen, das Top-Management davon zu überzeugen, daß es sich hier nicht um taktische Manipulationen, sondern um objektive Notwendigkeiten handelt. Die neutralen Vermittlungsbemühungen, das Artikulieren zitierbarer Meinungen durch Externe kann in solchen Situationen extrem wertvoll sein.

Das Preis-/Leistungsverhältnis externer Berater ist immer wieder eine Quelle des Ärgernisses, ein Faktor der Demotivation für die eigenen Mitarbeiter. Einerseits ist es für viele von ihnen schwer einzusehen, daß bei der Preisbildung tatsächlich neben den tatsächlichen Bezügen des Mitarbeiters der Beratung viele andere Faktoren mit hineinspielen. Einige Honorarforderungen sind aber auch wirklich skurril - ich denke dabei insbesondere an Hersteller. Man darf dabei nicht vergessen, daß wirklich gute Kräfte ungleich mehr als der Durchschnitt bringen und damit auch ihr Geld wert sind. Spreu vom Weizen zu trennen ist hier außerordentlich schwer. Man weiß es meistens erst hinterher und der weniger geschulte, weniger erfahrene, weniger diesbezüglich qualifizierte Auftraggeber kann es vielfach auch nachträglich nicht beurteilen.

Ein Grund mehr, stehts nach der Erhöhung der Schlagkräftigkeit der eigenen Truppe zu trachten.

Wolfgang Eckert, Leiter Org./DV, Jungheinrich Unternehmensverwaltung KG, Hamburg

Diese Frage, ob ein Berater seine Kosten wert ist, pauschal positiv oder negativ zu beantworten, wäre genauso verantwortungslos wie ohne detaillierte und ausführliche Überlegungen zur Lösung eines Problems, sofort und automatisch einen Berater heranzuziehen. Meine persönlichen Erfahrungen erstrecken sich über den Fächer ausgesprochen positiver Eindrücke bis hin zu bitteren Erkenntnissen. Entscheidend ist hier, wie so oft, die gründliche Auswahl und Durchleuchtung des Partners. In diese Betrachtung gehört einerseits das Profil der Beratungsfirma hinein und andererseits - mindestens genauso wichtig, oftmals noch viel bedeutungsvoller - die exakte Beurteilung der Personen. So ist es eindeutig für den Anwender nur ein Gewinn mit einer erstklassigen Beratungsfirma zusammenzuarbeiten, wenn auch der Zugriff zu den erstklassigen Mitarbeitern dieser Firma gelingt.

Nebenbei gesagt ist es nur von nachrangiger Bedeutung, ob es sich um eine großes, renommiertes Beratungsunternehmens handelt oder ob man für spezielle Einsatzgebiete auf kleine - oder "Kleinst"-Berater zurückgreift. Gelingt es, diese Experten für die anstehende Aufgabe zu bekommen, so sind auch durchwegs die Ergebnisse entsprechend gut.

Der Anwender bekommt in diesem Fall Fachkräfte, die eine breite Erfahrung im DV-Metier und üblicherweise auch einschlägige Erfahrungen aus den entsprechenden Fachbereichen haben. Darüber hinaus steht jedoch noch eine ganz andere Frage an, nämlich, was es dem EDV-Bereich und der Geschäftsleitung wert ist, Kapazitätsengpässe durch externe Auftragsvergabe zu überbrücken und das interne Personal nicht aufzustocken. Oftmals steht diese Aufgabenstellung im Vordergrund, und es gelingt, auf diese Art und Weise ein DV-Projekt doch noch anzupacken, obwohl es eigentlich von der Kapazitätsplanung her nicht mehr möglich gewesen wäre. Sind gleichfalls die vorgenannten Bedingungen sorgfältig überprüft worden, so ist der Berater mit Sicherheit für das Unternehmen ein Gewinn und sein Geld wert.

Der Einsatz von Beratern ist also bestimmt kein Allheilmittel und bedarf der vorgenannten sorgfältigen Prüfung des gesamten Umfeldes. Es ist darüber hinaus unabdingbar, daß es zwischen Entscheidungsträgern und Verantwortlichen des Beratungsunternehmens und des DV-Anwenders ein partnerschaftliches Verhältnis gibt, welches die Lösung der Aufgabe und die Zusammenarbeit im Vordergrund sieht und sich nicht bei jeder Gelegenheit auf das vertragsrechtliche Werk zurückziehen muß.

Will Slonski Leiter der Entwicklung, Sandvik GmbH, Düsseldorf

Der permanent wachsende ruck des Managements auf die EDV-Kosten sowie Kürzungen des EDV- Budgets macht auch vor den Beratungskosten nicht Halt. Mehr denn je müssen sich die EDV- Manager die Gretchenfrage stellen, was bekomme ich für meine Beratungskosten, das heißt wie ist das Preis-/ Leistungsverhältnis. Zur Klärung der Ausgangsposition in unserem Hause ist zunächst von folgenden Voraussetzungen und Definitionen auszugehen: Infolge der allseits bekannten Baisse an qualifiziertem EDV- Personal waren wir gezwungen, zur Verstärkung unserer Entwicklungskapazität genehmigte Planstellen mit sogenannten Beratern, in der Regel Freiberufler, auszufüllen.

Die dabei aufgetretenen Probleme waren sehr vielfältig und unsere eigenen Erfahrungen reichten von positiven bis negativen Eindrücken: Zwischen den einzelnen Beratern war ein eindeutiges Qualifikationsgefälle festzustellen. Neue Technologien wie DB/DC-Kenntnisse sind oftmals nicht vorhanden. Die Gründe hierfür liegen wohl darin, daß bestimmte Berater nicht bereit sind, finanzielle Leistungen für ihre Ausbildung zu erbringen, um so ihren Marktwert zu halten beziehungsweise zu steigern. Diese Denkweise ist sehr kurzsichtig und wird mittel- bis langfristig zu einer Verschlechterung des Berater- Know-hows führen. Bei der Integration von Beratern in bereits bestehende Entwicklungsteams waren anfänglich Akzeptanzprobleme bei den eigenen Mitarbeitern festzustellen, insbesondere dann, wenn die eigenen Mitarbeiter merkten, daß der betreffende Berater ein geringeres Fach wissen bei weitaus höherem Verdienst hatte.

Diese Tatsache wirkte sich sogar teilweise negativ auf die Anstrengungsbereitschaft der eigenen Mitarbeiter aus. Erwähnenswert ist nach unseren Erfahrungen die Tatsache, daß bei einigen Beratern die Identifikation mit der gestellten Aufgabe sowie die Leistungsbereitschaft und Verantwortungsübernahme nicht vorhanden ist. Diese Feststellung steht im krassen Widerspruch zu den Beratungskosten.

Ein weiteres Problem, von dem primär die Berater betroffen waren, die zum ersten Mal für unser Unternehmen tätig wurden, war die Umstellung und Einstellung auf ein neues Hardwaresystem, neue Betriebssysteme, unbekannte JCL-Sprache, neue Entwicklungstools sowie die Beachtung und Anwendung bestehender Standards und Richtlinien für Systemanalyse und Programmierung. Kurzfristig war die obengenannte Umstellung mit einem Produktivitäts- und Effektivitätsverlust verbunden. Aus diesem Grund sind wir bei der Vergabe von Beratungsleistungen bemüht mit den Beratern zu arbeiten die schon bereits für unser Unternehmen tätig waren und von deren Qualifikation wir überzeugt sind. Wenn die Zusammenarbeit mit uns bekannten Beratern nicht möglich ist, setzen wir neue Berater nur für konkrete Aufgabenstellung, zum Beispiel Programmierung nach detaillierten Programmvorgaben ein.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, daß die Erfahrungen und die Zusammenarbeit mit Beratern recht unterschiedlich sind. Bei uns bekannten Beratern haben wir positive Erfahrungen gemacht, bei uns unbekannten Beratern überwiegen die negativen Eindrücke. Im letzteren Falle ist der Prozeß ähnlich wie bei der Akquisition von eigenen Mitarbeitern. Hier gilt vielleicht die These, daß nicht immer die besten sondern die mutigsten Leute sich als Berater anbieten. Der Berater-Boom der letzten Jahre, gefördert durch eine verstärkte Marktnachfrage nach Entwicklungspotential, wird infolge des eingangs erwähnten Kostendrucks sicherlich zurückgehen. Hier zeichnet sich meiner Meinung nach ein Ausleseprozeß ab, der insgesamt der Beraterbranche sicherlich guttäte, da die Spreu vom Weizen getrennt wird.

Heinz-Günter Kosfeld Leiter Systementwicklung Mitglieder-Rechenzentrum, Kaufring eG, Düsseldorf

Meine Erfahrungen mit externen Beratern beziehen sich im wesentlichen auf reine Beratungsaufträge und Beratung mit anschließender Softwareerstellung. Bei der Zusammenarbeit mit externen Beratern ist das Ergebnis zum großen Teil vom Auftraggeber selbst abhängig. Er ist derjenige, der sich anschließend mit dem Produkt identifizieren muß. Ob kurzfristig Programmierengpässe zu beheben sind oder ob komplexe Projekte von der Konzeption bis zur Implementierung extern abgewickelt werden immer sind detaillierte Vorgaben und keine vagen Zielsetzungen erforderlich. Darüber hinaus ist eine laufende Projektüberwachung durch den Auftraggeber unabdingbar.

Die Beantwortung der Frage, ob das externe EDV- Know-how sein Geld wert ist, sollte man sich nicht zu leicht machen. Wir setzen uns immer mit mehreren Unternehmensberatungen in Verbindung, bevor wir eine Entscheidung treffen.

Aufgrund unserer ausführlichen Aufgabenstellung erwarten wir ein Angebot mit detaillierter Aufwandsschätzung und Nennung von Referenzen. Die Preisunterschiede sind hierbei oft enorm, jedoch ist zu bedenken, daß nicht immer der billigste auch der beste Partner ist. Häufig werden externe Berater neue Ideen und Erfahrungen in ein Projekt einbringen. Eine optimale Lösung kann jedoch nur mit aktiver Unterstützung durch den Auftraggeber gefunden werden, da betriebliche Belange oder Auswirkungen auf bestehende Anwendungen entsprechend berücksichtigt werden müssen. Sicherlich ist eine externe Beratung mit einmaligen hohen Kosten verbunden, die meiner Meinung nach vertretbar sind, wenn im eigenen Haus noch nicht die erforderliche Erfahrung vorhanden ist, oder eine Eigenentwicklung des Projektes aus Termingründen nicht möglich ist.

Als Grundsatz sollte gelten, die Aufgabenplanung und Kontrolle für externe Berater sind mindestens nach den gleichen wirtschaftlichen Regeln wie für die eigenen Mitarbeiter vorzunehmen.