McKinsey: Treibende Kräfte sind Breitband- und Bezahldienste

Europas ISP-Markt birgt noch Potenzial

14.03.2003
MÜNCHEN (CW) - Im europäischen ISP-Markt steckt nach Ansicht von McKinsey noch viel Umsatzpotenzial. Auch kleinere Anbieter können hiervon profitieren.

Bislang teilen die Online-Töchter von Telcos wie Deutsche Telekom, BT oder France Télécom das größte Stück des Kuchens unter sich auf. Im Gegensatz zu den USA, wo sich unabhängige Internet-Service-Provider (ISPs) dank der dort weit geringeren Telefongebühren schon vor dem Durchbruch des Internet zum Massenmedium etabliert hatten, konnten sich im wesentlich langsamer wachsenden europäischen Markt neben AOL und Tiscali vor allem die ehemals staatlichen Telefongesellschaften mit ihren Online-Diensten profilieren. Laut McKinsey ist die Zahl der ISPs in Europa seit 2001 von rund 4000 auf 2400 zurückgegangen, wobei sich die Töchter der Ex-Monopolisten einen Marktanteil von jeweils 30 bis 60 Prozent sichern konnten.

Die Gründe für die Dominanz von Telco-IPS wie T-Online, Wanadoo oder Terra Lycos: Mit ihren Telefondienstleistungen hatten sich ihre Mutterkonzerne nicht nur einen riesigen Kundenstamm aufgebaut, sondern auch einen bekannten Markennamen. Zudem verfügten sie bereits über die notwendige Infrastruktur sowie über Abrechnungssysteme und Kundenservice - Ressourcen, die sich die kleinen unabhängigen ISPs erst für teures Geld anschaffen mussten.

Auch die Zunahme breitbandiger Web-Zugänge wird die Macht der TK-Riesen nicht brechen, so McKinsey. Deren DSL-Technik sei den konkurrierenden Kabelnetzen vor allem wegen der hohen Umrüstungskosten überlegen. In Deutschand gibt es diese Konkurrenz ohnehin nicht. Weil die Telekom bis vor kurzem im Besitz der Kabelnetze war, beherrscht die Internet-Tochter T-Online den hiesigen DSL-Markt laut European Competitive Telecommunications Association (Ecta) zu 80 Prozent. Auch im Einwahlgeschäft hat T-Online einen Marktanteil von 45 Prozent, womit Deutschland über die niedrigste Wettbewerbsrate in ganz Europa verfügt.

Den Zugang zu den DSL-Netzen der Telcos können sich viele kleine ISPs wiederum nicht leisten. Damit bleibt ihnen nichts anderes übrig, sich als Reseller zu begnügen - ein Geschäft, das sich angesichts der geringen Margen allerdings kaum lohnt. Völlig chancenlos stehen die Nischenanbieter nach Ansicht von McKinsey jedoch nicht da. Vor allem die zunehmende Akzeptanz kostenpflichtiger Web-Inhalte und -Services eröffne neue Geldquellen. Zudem erhöhten sie die Kundenbindung, die reinen Zugangsanbietern fehlt.

Das Geschäft mit kostenpflichtigen Inhalten habe sich zwar langsamer entwickelt als erhofft, doch für hochwertige Angebote seien die Kunden durchaus bereit, zu zahlen, so die Berater. Real Networks etwa habe mit seinem "Real-One"-Service, der für zehn Dollar im Monat exklusive Sportnews liefert, seit dem Start mehr als 850000 Mitglieder gewonnen.

Voraussetzung sei allerdings, dass sich die Nischenanbieter zusammentun, um die Kosten für Kundenakquise, Marketing und Technik zu teilen und sich professionelle Partner für die Lieferung von Web-Inhalten und Services suchen. (sp)

Abb: Telco-ISPs in Europa

Jedes europäische Land hat einen ISP, der aus der jeweiligen staatlichen Telefongesellschaft hervorgegangen ist. Quelle: Forrester/McKinsey