Technik ist oft falsch ausgerichtet

Europas CEOs brauchen Nachhilfe in IT

25.06.2004
MÜNCHEN (IDG) - Wer auch künftig als Unternehmenschef vor der Konkurrenz bestehen will, sollte nicht nur in Informationstechnik investieren, sondern auch die Art ihres Einsatzes im Unternehmen neu überdenken. Das rieten die Referenten des europäischen "Forbes CEO Forum" vergangene Woche in London.

Als Alarmzeichen wertet etwa Andy Green, CEO Global Services bei BT Group PLC, den zunehmend verschwommenen Blick des Topmanagements auf den Kunden. Vielen CEOs gelinge es nicht, die IT so aufzustellen, dass sie dem Unternehmen in Echtzeit eine einheitliche Sicht auf den Kunden gewährt. "Dabei handelt es sich nicht um ein in der Technik, sondern auf Geschäftsführungsebene angesiedeltes Problem", kritisierte Green auf dem Londoner Event.

Zwei weitere Referenten, Microsoft-Emea-Chairman Patrick de Smedt und Amnon Landan, CEO des Softwareanbieters Mercury Interactive, empfahlen den Firmenchefs, bei ihren IT-Investitionen den langfristigen Plan, eine Innovationskultur aufzubauen, stets im Hinterkopf zu behalten. Der IT-Einsatz in Unternehmen sei noch immer amateurhaft, bemängelte Landon. "Die Topmanager zeigen heute zwar Technikverständnis, wie sich diese jedoch effizient einsetzen lässt, wissen sie häufig nicht."

BT-Chef Green riet den Anwesenden, die zwei folgenden Ratschläge zu beherzigen: Zunächst sollten sie sich mehr Zeit für das Thema IT nehmen und dabei sowohl ihren Techniklieferanten als auch dem eigenen IT-Personal genügend Aufmerksamkeit schenken. Zudem, so die zweite Empfehlung, seien Technikvorhaben stets als Veränderungsprojekte anzugehen: "IT-Projekte sind nur dann erfolgreich, wenn sich die Jobs der Menschen daraufhin verändern." Eine diesbezügliche Ausnahme sei die Investition in eine flexiblere IP-Infrastruktur (IP = Internet Protocol): Diese müsse nicht zwingend viel Geld kosten, sei aber notwendig, um die Unternehmen hinsichtlich der firmeninternen Datenbewegung zu flexibilisieren.

Prozesswissen vertiefen

Ernsthafte Wissensdefizite weisen CEOs nach Ansicht von Mercury-Mann Landon hinsichtlich Prozessen und Qualitätskontrolle auf. Daher würden sich IT-Operationen viel zu häufig in einem Vakuum bewegen. Das Resultat sei eine unzureichende Ausrichtung am Unternehmensgeschäft.

"Noch nie spielte die IT eine wichtigere Rolle als heute", behauptete Green. Sie müsse zur Schaffung neuen Mehrwerts genutzt werden. Was das Verständnis dahin gehender Konzepte und deren Umsetzung betreffe, habe Europa im Vergleich zu den USA allerdings noch viel aufzuholen.

Mercury-Chef Landan propagierte schließlich eine neue Spezies von CEO: "Unternehmen brauchen Führungskräfte, die in der Lage sind, die Kluft zwischen den firmeninternen Labors beziehungsweise den Wissenschaftlern und den Geschäftsleuten zu überbrücken." (kf)