Mothercare:

Europäisches DV-Projekt auf RZ-Basis

21.11.1980

ZÜRICH (sg) - Unter der Federführung der zum englischen Stammhaus Mothercare Ltd. in Watford zählenden schweizerischen Versandhaustochter, der Mothercare AG in Zürich, welche nicht nur hierzulande eine führende Rolle unter den Spezialversandhäusern für die werdende Mutter und für Kinder bis zu zehn Jahren einnimmt, entstand zusammen mit dem Rechenzentrum der Computer AG eine dialogorientierte EDV-Applikation, die jetzt auch für weitere der insgesamt in acht Ländern Europas vertretenen Mothercare-Gesellschaften verwendet werden soll.

Die Applikation umfaßt eine vollständige Auftragsabwicklung und Lagerbewirtschaftung für den Versandhandel und wurde als Datenbank- und Realtime-orientiertes System in knapp sechs Monaten von den Leuten der Computer AG auf dem im Rechenzentrum Zürich installierten Computer B 6800 entwickelt. Dazu weiter auch Programme für den Werbeversand, zum Beispiel für den halbjährlich neu aufgelegten Katalog. Dabei fanden neben der Datenbank-Software DMS II insbesondere auch die von der Computer AG entwickelten und bereits lange vor dieser Applikation im täglichen Betrieb laufenden Standard-Softwarepakete für die Debitorenbuchhaltung Verwendung. Alle Programme bestehen in Cobol.

Ein Drittel aller Haushalte mit Kindern

Die Mothercare, die neben dem Versandhandel auch noch elf Ladengeschäfte in der Schweiz unterhält, erreicht heute mit ihrem Sortiment von rund 1250 Artikeln, von denen nur 40 Prozent als Standardartikel länger als sechs Monate im Sortiment geführt werden, rund ein Drittel aller 600 000 Schweizer Haushalte mit Kindern bis zu zehn Jahren. An diese 200 000 als Kunden mit allen Angaben über Kinderzahl, Alter, Geschlecht etc. auf dem Computer geführten Adressen werden im Durchschnitt monatlich 20000 Paketsendungen abgewickelt. Jeder Sendung wird eine detaillierte Rechnung beigelegt. Diese wird bis zur endgültigen Bezahlung durch den Kunden mit allen Angaben auf der Datenbank gespeichert, so daß bei Umtausch, Retouren und dergleichen jederzeit einfache Rück- beziehungsweise Umbuchung eingeleitet werden kann.

Für die laufende Datenerfassung über eine fest eingerichtete Mietleitung der PTT, das Versandhaus der Mothercare liegt nur knapp einen Kilometer vom Rechenzentrum Computer AG entfernt, sind insgesamt sechs Bildschirmterminals Delta 2830 bei Mothercare installiert. Über diese wickelt sich das gesamte Versandgeschäft ab, und dies ohne jeden Zeitverlust, denn was am Tage an Bestellungen hereinkommt, wird laufend erfaßt und sofort verarbeitet. In der darauffolgenden Nacht wird die Verarbeitung im Rechenzentrum, welche im wesentlichen aus Fakturierung besteht, ausgeführt, worauf tags darauf das Rüsten der Bestellungen und der definitive Versand bei Mothercare erfolgen kann. Im gleichen Ablauf wurden auch die Nachlieferungen automatisiert.

Fehllieferungen jetzt Vergangenheit

Dank der dialogmäßig ablaufenden Bestellerfassung und aller sich daraus ergebenden Mutationen ist die Fehlerrate mit Einführung dieser EDV-Applikation auf nahezu Null abgesunken. Da auch die Lagerbewirtschaftung mit in das Verfahren einbezogen wurde, wodurch Umsatzfortschreibung, Disposition und Wareneingang mit dem englischen Mutterhaus der Mothercare über einen Datenträgeraustausch auf der Basis Magnetband möglich wurden, gehören Fehllieferungen, Überbestände und dergleichen Mißstände jetzt ebenfalls der Vergangenheit an.

Neben diesen bis zur Inbetriebnahme der Applikation bei Mothercare nicht gekannten Vorteilen, welche sich sowohl in zeitlicher wie auch in personeller Hinsicht je länger je mehr positiv bemerkbar machen, schätzt man bei Mothercare vor allem auch die Tatsache, daß dank der ebenfalls mit der Fakturierung realisierten Einrichtung des PTT-Einzahlungsscheines mit Referenz-Nummer (VESR) auch der Zahlungsverkehr heute keine Mühe mehr bereitet. Man kann sich heute viel stärker auf den Ablauf im Versandgeschäft konzentrieren.

Auch sonst wurde sehr darauf geachtet, daß sich die EDV-Applikation vorteilhaft auf den Betriebsablauf auswirkt. So hat man zum Beispiel auch alle EDV-technischen Vorgänge, außer natürlich dem reinen Terminal-Handling, in die Hände der Computer AG gelegt, so daß Mothercare ohne EDV-Spezialisten im eigenen Hause auskommen kann. Die damit eingegangenen Abhängigkeiten werden bei weitem durch die erreichten Vorteile aufgewogen.

Von allem Anfang an wurde davon ausgegangen, daß die in Zürich ausgeführte EDV-Applikation im nachhinein auch als grenzüberschreitende Lösung für andere europäische Mothercare-Gesellschaften Verwendung finden wird. In einem Fall, nämlich für die in Bochum domizilierend deutsche Tochter, wurde diese Absicht im Verlauf dieses Sommers bereits in die Tat umgesetzt. Auch hier wieder ist die Gesellschaft einen nicht unbedingt alltäglichen Weg gegangen.

Entgegen der Annahme, der Anschluß der bundesdeutschen Tochter an die EDV-Applikation ginge, ähnlich wie von Zürich aus praktiziert, per direkter Leitung zum Rechenzentrum der Computer AG vor sich, hat man sich hier zu dem, wenn auch zeitaufwendigeren, aber dennoch tragbaren und vor allem wirtschaftlich vertretbaren Weg des täglichen Datentransports per Flugzeug entschieden. So erhält die Gesellschaft eben täglich alle Bestellungen aus der Bundesrepublik direkt via Postadresse im deutsch-schweizerischen Grenzbereich, verarbeitet beziehungsweise erfaßt diese und sendet tags darauf und nachdem das Rechenzentrum in der Nacht die Fakturen erstellt hat, diese auf dem Luftweg via Düsseldorf

zur Abwicklung der Auslieferung nach Bochum weiter.

Das Verfahren ist dabei haargenau das gleiche wie bei Aufträgen, die die Mothercare direkt angehen. Dem System sehr zustatten kommt ferner die Tatsache, daß man auch die Gestaltung der Faktur und der Zahlungsabwicklung über die Post für die Bundesrepublik, mit Ausnahme vielleicht noch der in der Schweiz zu berücksichtigenden Mehrsprachigkeit, nahezu von gleichen Voraussetzungen ausgehen konnte.

Ermutigt von dieser ersten erfolgreichen Weitergabe des Systems an eine der europäischen Schwesterfirmen, plant man nun weitere Anschlüsse. So sollen zunächst im Raum Beneluxländer und später auch noch in Skandinavien weitere Rechenzentren, die über eine gleiche Einrichtung wie die Computer AG verfügen, für dieses Verfahren gewonnen werden. Diese sollen dann unter ihrer Federführung als lokale Verarbeitungszentren für die in diesen Ländern bestehenden Versandhäuser tätig werden. Natürlich auch wieder unter Verwendung möglichst vieler der in Zürich entwickelten Programme, die auf die länderinidividuellen Bedürfnisse durch die AG angepaßt werden.