Europäische Satelliten Pläne ?

19.03.1976

Die eigene Erdstation für Satelliten-Verkehr auf dem Dach als Sender und Empfänger für Datenverarbeitung liegt - nach IBM-Plänen - nicht mehr in weiter Ferne. Bereits 1979 will die Satellite Business Systems (SBS), an der IBM und die Comsat General Corp. zu je 42,5 Prozent und die Versicherungsgesellschaft Aetna Life and Casualty zu 15 Prozent beteiligt sind, auf dem amerikanischen Kontinent einen neuartigen Nachrichten-Verkehr (Domestic Satellite Service) über stationäre Satelliten starten (CW-Nummer 4 vom 23. Januar 1976 "lBM-Satelliten-DFÜ soll 1979 starten"). Zunächst 250 Millionen Dollar sollen investiert werden, damit in drei Jahren im 12- bis 14-Giga-Hertz-Band Daten-, Sprach- und Bild-Übertragung als Dienstleistung für die amerikanische Wirtschaft angeboten werden kann.

Detailinformationen über die neuen Techniken lieferte auf einer Diebold-Konferenz IBMs Star-Sonntagsredner James Martin (siehe Seite 4 "Satelliten verändern die Telekommunikation"). Dabei wurde wohl jedem Teilnehmer klar, daß der IBM-Wissenschaftler nicht über Futurologisches sprach, sondern daß vielmehr dieser Zug längst abgefahren ist.

Informationelle Infrastruktur

Da IBM und ihre Partner alle vorherigen Auflagen der Federal Communications Commission für die Sicherstellung des Wettbewerbs im Domestic Satellite-Geschäft (Open Sky Policy) erfüllten ist mit dem baldigen Regierungs-Okay zu rechnen. Dann wird die USA in wenigen Jahren eine informationelle Infrastruktur erhalten, die der US-Volkswirtschaft entscheidende Wettbewerbsvorteile vermitteln dürfte: Electronic Mail, Video-Konferenzschaltungen billigste Datenfernübertragung.

Wo bleibt Europa ? James Martin zu später Stunde beim Dinner: "Wenn man in Europa über Satelliten spricht, wird man angestarrt wie Santa Claus." Das muß doch wohl so interpretiert werden: Europa ist dabei, diese Entwicklung zu verschlafen.

Gewiß gibt es seit Dezember 1974 den europäischen Symphonie-Satelliten - und der funktioniert. Indes, das so teure Satellitelchen verfügt über ganze zwei Transponder-Kanalsteuerungen für zusammen 1200 Gespräche. Das ist ein technologischer Rückstand von etwa sechs Jahren, in denen, wie Martin aufzeigte, in den USA die Entwicklung überproportional schnell weiterging.

Zukunft verplant

Wenn man dergleichen mit viel Steuergeldern schon nachmacht, dann bitte doch Dinge die immerhin neueste und nicht längst verfügbare Erkenntnisse vermitteln. Und was kommt nach dem Symphonie-Programm?

Im Telekomunikationsbericht der Witte-Kommission (KtK) (Cw-Nummer 6 vom 6 Februar 1976 "Datel-Dienste sollten ausgebaut werden" und CW-Nummer 7 vom 13 Februar l976, Interview der Woche "Es kommen rosige Zeiten für die Datenkommunikation"), die mit Planungshorizont für 1985 bis 2000 Vorschlage für ein wirtschaftlich vernünftiges und gesamtgesellschaftich wünschenswertes Kommunikationssystem zu machen hatte, kommt der Begriff "Satellit" nicht ein einziges Mal vor. So kann man auch die Zukunft planen. Europa schläft tatsächlich.