Brüsseler und Londoner Initiative könnte der Telekom als Beispiel dienen

Europäische Gemeinschaft will User vor ISDN-Karren spannen

01.12.1989

LONDON (IDG/CW) - ISDN soll in Europa forciert werden. Sowohl die EG als auch das britische Handelsministerium wollen zu diesem Zweck User Groups gründen. Als Vorbild dient beiden Behörden das North American ISDN Users' Forum (NTU). Initiativen in der Bundesrepublik gibt es noch nicht.

Geht es nach dem Willen der EG-Kommission in Brüssel und des Ministeriums für Handel und Industrie in London, sollen die Anwendergremien bereits Anfang nächsten Jahres ins Leben gerufen werden. Hinter dem Elan der Behörden steckt eine simple Absicht. Sie wollen mit Hilfe der User die Entwicklung von ISDN beschleunigen.

Den User Groups wird dabei folgende Rolle zugedacht: Sie sollen Forderungen an ISDN-Applikatitionen artikulieren, die dann in der Arbeit der Standard-Ausschüsse sowie bei den Herstellern berücksichtigt werden. Dazu Kurt Konig von der EG-Kommission: "Unser primäres Ziel ist, den Anwendern ein Forum zur Definition ihrer ISDN-Bedürfnisse zu schaffen."

Dennoch wird die Arbeit der beiden User Groups unterschiedlich aussehen. Das britische Ministerium will im Gegensatz zur EG auch Hersteller in die Organisation aufnehmen. Um den lSDN-Stein ins Rollen zu bringen, versucht das Department namhafte Vertreter der Industrie für das Projekt zu gewinnen. Wichtigstes Ziel der User Group in England ist, wie bei der EG-Kommission auch, die Lücke zwischen Anwendern und

Herstellern zu schließen .

Das "Mitspracherecht" für Nulzer in Sachen ISDN wäre in Europa neuartig. Zwar gibt es einige Gremien zur Standardisierung von ISDN, die eigentlichen Hauptdarsteller waren bisher jedoch kaum vertreten. Die Zusammenarbeit mit den lSDN-Nutzern soll jetzt vor allem Probleme bei der Kompatibilität von ISDN-Geräten und -Diensten aus dem Weg räumen. Aus diesem Grund war auch in den Vereinigten Staaten die NIU gegründet worden.

Eine Kooperation mit der amerikanischen Organisation schließt sowohl die EG als auch das Handelsministerium nicht aus. Nach Ansicht von Ron Aitchison, Verkaufsdirektor der ICL und Vorstandsmitglied der NIU, wäre eine interkontinentale Zusammenarbeit der Groups zur Entwicklung gleicher Dienste für ISDN und die Wirtschaft von großem Vorteil. Während also in Brüssel und London eifrig ISDN-Pläne geschmiedet werden, tut sich an der deutschen ISDN-Front in Sachen User Group nichts.

Ein Sprecher des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation bestätigt auf Anfrage der COMPUTERWOCHE, daß die Telekom zwar in Einzelfällen mit Anwendern kooperiere, ein Modell , "User Group" bisher aber nicht geplant sei.

Weder über die Brüssele noch über die Londoner Initiative war man im Bonner

Ministerium informiert. Nach Auskunft des Sprechers werden die ISDN-Verantwortlichen in Bonn jetzt den Sinn eines User-Forums in der Bundesrepublik prüfen +