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Europäer zweifeln am Vorsprung durch IT und verlieren gegenüber USA an Boden

04.05.2006
Weltweit steigen die IT-Ausgaben, doch die Europäer sind zurückhaltend. Weil viele Unternehmenslenker den Glauben an einen Vorsprung durch IT verloren haben, droht Europa von den USA abgehängt zu werden.

Wie die Marktforscher von IDC diagnostizieren, ändern große Konzerne weltweit ihre Prioritäten bei den IT-Investitionen. Die seit 2003 laufende Phase, in der es vor allem darum ging, die Infrastruktur auf den neuesten Stand zu bringen, gehe allmählich zu Ende. Unternehmen gingen nun dazu über, mit Hilfe von IT strategische Vorteile zu erzielen. In den nächsten zwölf Monaten werde wieder kräftig in Business Intelligence, Web-basierende Applikationen und vertikale Industrielösungen investiert. Das prophezeien die Marktforscher in ihrem "Global Market Watch Survey 2006: IT Budget Trends and Priorities". Der Studie liegen umfangreiche Analysen von 300 Großkonzernen in den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China und Indien zugrunde.

US-Firmen vertrauen auf Wettbewerbsvorteile durch IT

Stephen Minton, Vice President of Worldwide IT Markets bei IDC, weist aber auf regionale Unterschiede hin. "In den USA wird IT unter einem strategischen Blickwinkel gesehen. Man fragt sich dort, welche Vorteile Lösungen für Kundenbeziehungs-Management, Business-Performance-Management oder auch Collaboration für das Kerngeschäft bringen." In China gehe es dagegen vor allem um vertikale Industrielösungen, wobei der Schwerpunkt auf das Back-office gelegt werde. Indische Unternehmen beschäftigten sich wiederum stark mit Web-basierenden Anwendungen. Insgesamt sei die Hightech-Kultur dort auf einem hohen Level, außerdem müssten die Inder ihren Outsourcing-Kunden im Westen sichere und moderne Lösungen bieten.

Good-enough computing in Europa

Westeuropäische Unternehmen, so meint IDC, laufen derzeit Gefahr, in Sachen IT-Innovation insbesondere von den USA abgehängt zu werden. In Großbritannien, Frankreich und Deutschland werde zwar kontinuierlich investiert, aber die Auseinandersetzung mit neuen Trends erfolge nur zögerlich. In Europa halte sich hartnäckig die Philosophie eines "Good-enough computing" - offenbar fehlt der Glaube an Wettbewerbsvorteile durch innovativen IT-Einsatz. "Es besteht einerseits die Gefahr, dass europäische Firmen bei den strategischen Innovationen nicht mit ihren US-Konkurrenten mithalten können", so Minton. Gleichzeitig werde der Markt durch Low-cost-Anbieter aus Asien unter Druck gesetzt.