Euro-ISDN als "rechte Spur" fuer den Information-Highway Telekom und Intel vereinbaren Kooperation bei PC-Conferencing

18.03.1994

MUENCHEN (gh) - Das Bonner Postunternehmen Telekom will zusammen mit dem Chiphersteller Intel gross in den Markt PC-basierter Conferencing-Systeme einsteigen. Erstes gemeinsam vertriebenes Produkt ist das Multimedia-Set "Proshare Personal Conferencing Video System 200", das neben der simultanen Dokumenten- und Dateienbearbeitung auch Video-Conferencing auf Basis von Euro-ISDN ermoeglicht.

Der PC als umfassendes Multimedia-Endgeraet und Kommunikationszentrale ist das Motto, unter das beide Unternehmen ihre zunaechst auf drei Jahre befristete Kooperation stellen. Ziel der Partnerschaft ist, wie es auf einer Pressekonferenz in Muenchen hiess, die Einfuehrung preisguenstiger PC-gestuetzter Multimedia- Konferenz-Produkte fuer Daten und Video. Darueber hinaus wollen beide Branchengroessen bei der Entwicklung von PC-Adapterkarten und Multimedia-Anwendungssoftware zusammenarbeiten. Schwerpunkt der Aktivitaeten soll jedoch der Vertrieb entsprechender Produkte bleiben.

"Bis zum Ende des Jahrzehnts werden weltweit mehr PCs als Fernseher verkauft", gab Frank Gill, Senior Vice-President von Intel, einen Ausblick auf das PC-Geschaeft der kommenden Jahre. Entscheidend fuer Intel sei aber, so Gill, dass der PC kuenftig vor allem ueber die Faehigkeit zur multimedialen PC-zu-PC-Kommunikation verfuegen, also Moeglichkeiten zur simultanen Bearbeitung von Spreadsheets, Dokumenten und Applikationen sowie zur persoenlichen audiovisuellen Kommunikation bieten muesse.

Bereits Ende Januar hatte die Grove-Company auf der Comnet in Washington die auf dieses Marktsegment abzielende Pro- share- Familie vorgestellt. Die relativ preisguenstigen Programme "Proshare Standard Edition Software" und "Proshare Premier Edition Software" (Verkaufspreis in Deutschland: 344 Mark beziehungsweise 976 Mark) laufen unter Windows 3.1 auf 386er und 486er PCs sowie Pentium-Rechnern. Beide Loesungen ermoeglichen in Kombination mit einem 9600-Bit/s-Modem via analoger Telefonleitung beziehungsweise innerhalb eines LANs (Netware 3.1x, Windows for Workgroups, Lantastic) Dokumenten-Conferencing mit Features wie der Erstellung eines Notizbuches unter Windows oder gemeinsamer Benutzung von Programmen.

Die sogenannte High-end-Version Proshare Personal Conferencing Video System 200, die nun von Intel und der Telekom im Zuge eines "Co-Brandings" gemeinsam vermarktet werden soll, besteht aus der Proshare-Software, einer ISDN- und Videokarte, einer NTSC-Kamera, die auf dem PC befestigt werden kann, sowie einem Kopfhoerer mit Mikrofon fuer die Verstaendigung mit dem Kommunikationspartner. Voraussetzung fuer das "komplette" PC-Video-Conferencing mit einer Uebertragungsrate von 128 Kbit/s ist allerdings ein Euro-ISDN- Anschluss der Telekom; der Part also, bei dem der Bonner Carrier ins Spiel kommt.

"Wir wollen mit dieser Kooperation im Multimedia-Markt Fuss fassen und gleichzeitig die weitere Verbreitung von ISDN foerdern", gab Horst Gellert, fuer den Bereich Geschaeftskunden zustaendiger Telekom-Vorstand, Einblick in die Motive der Ricke-Company, sich mit Hilfe von Intel ein Standbein im PC-Markt zu schaffen. Bereits 1996 koenne man, so Gellert, allein in Deutschland mit einem Bestand von rund 18 Millionen PCs rechnen. Ziel muesse sein, diese durch entsprechende Ausstattung sowie mit Hilfe einer geeigneten Netzinfrastruktur zum "Standardendgeraet fuer die Telekommunikation schlechthin" zu machen.

Dies zu erreichen, lassen sich die Bonner einiges kosten. So erhaelt jeder Anwender, der zwischen dem 1. April dieses Jahres und dem 31. Maerz 1995 das Multimedia-Set (zu einem Preis von 4200 Mark) erwirbt und einen ISDN-Anschluss neu beantragt, eine "einmalige Foerderung" in Hoehe von 1200 Mark (bei Bestellung bis einschliesslich 30. September 1994) beziehungsweise 800 Mark (ab 1. Oktober 1994 bis 31. Maerz 1995) in Form eines Gebuehrennachlasses.

Ob ein Grossteil der PC-Anwender deswegen sofort bereitwillig auf den Euro-ISDN-Zug aufspringt, ist indes noch nicht ausgemacht. Denn waehrend Intel in puncto Interoperabilitaet mit anderen Videokonferenzsystemen noch fuer dieses Jahr die Implementierung des ETSI-Standards H.320 in die Proshare-Familie verspricht, sieht es in Sachen europaweites ISDN laengst nicht so rosig aus. "Wir werden die herkoemmliche ISDN-Norm bis zum Jahr 2000 unterstuetzen", gab sich Gellert sichtlich bemueht, Befuerchtungen zu zerstreuen, die Kooperation mit Intel sei ein weiteres Indiz dafuer, dass die Telekom ihre 1-TR6-Kundschaft im Regen stehen lassen koennte. Einmal in Fahrt, liess sich der Telekom-Vorstand auch noch ein klares Wort zum deutsch-franzoesischen Schnittstellen-Streit entlocken: "Wir glauben nicht, dass man sich beim ETSI leicht damit tun wird, an CAPI vorbeizugehen."