Netzneutralität im Mobilfunk

EU plant Richtlinie

15.04.2009
Die EU-Kommision will Drittanbietern von Kommunikationsdiensten den Weg in die Mobilfunknetze ebnen und droht mit Sanktionen.

Schnelles Internet wie zu Hause, deutschlandweit, an jedem Ort. Das versprechen die Mobilfunkbetreiber in ihren Werbebotschaften. Doch ein Blick auf das Kleingedruckte offenbart die Wirklichkeit. Während die DSL-Anbieter ihren Kunden das Internet immer in gleichmäßiger Geschwindigkeit liefern, drosseln die Netzbetreiber ihre Flatrates nach Überschreiten eines bestimmten Datenvolumens auf Modem-Geschwindigkeit. Auch die Nutzung bestimmter Dienste wie Internet-Telefonate (VoIP) oder Instant Messaging ist untersagt.

Skype und andere VoIP-Dienste sind Mobilfunkanbietern ein Dorn im Auge. Foto: Areamobile.de
Skype und andere VoIP-Dienste sind Mobilfunkanbietern ein Dorn im Auge. Foto: Areamobile.de

Nach der Ankündigung von Nokia, zukünftig in alle Mobiltelefone mit dem Betriebssystem S60 die VoIP-Software Skype zu integrieren, kündigte der deutsche Marktführer T-Mobile eine Blockade des Dienstes an und britische Netzbetreiber drohten sogar mit einem Verkaufsboykott der Handys. Offiziell geben alle Mobilfunkanbieter knappe Netzkapazitäten als Grund für die Verbote an. Doch es ist wohl eher die Angst vor sinkenden Umsätzen mit Sprachdiensten, die noch immer den Löwenanteil des Einkommens der Netzbetreiber ausmachen. Wenn der Kunde über Skype telefoniert, verdienen T-Mobile & Co. nichts daran.

Die Begrenzung der Nutzung wird mittlerweile auch von der EU argwöhnisch beobachtet. Nach Angaben der Wirtschaftswoche soll die neue Telekom-Richtlinie Konkurrenzdiensten wie Skype und ICQ den Weg in die Mobilfunknetze ebnen. Gegenwärtig wird der Entwurf zwischen der zuständigen Kommission, dem Europaparlament und den Mitgliedsstaaten verhandelt. Die Formulierungen seien aber noch nicht so eindeutig, wie gewünscht, zitiert die Wirtschaftswoche aus dem Umfeld der für den Telekom-Bereich zuständigen EU-Kommissarin Vivianne Reding.

Die Blockade von Skype durch T-Mobile hat jetzt auch die Wettbewerbshüter auf den Plan gerufen. Das Vorgehen des Mobilfunkanbieters verstoße möglicherweise gegen EU-Recht. Dem Unternehmen drohen sogar Sanktionen. Auch Skype prüfe gerade rechtliche Schritte, schreibt die Wirtschaftswoche. Telekom-Kommissarin Vivianne Reding forderte die nationalen Regulierer bereits auf, gegen Unternehmen vorzugehen, die unter Ausnutzung ihrer Marktmacht innovative Dienste ausbremsen.

Unterstützt wird der VoIP-Anbieter Skype durch Branchengrößen wie Intel, Microsoft oder Google, die sich mit anderen in der Voice on the Net (VON) Coalition zusammengeschlossen haben. Sie fordert, dass in Mobilfunknetzen dieselbe Netzneutralität herrschen soll, wie im Internet über das Festnetz. Die Mobilfunkanbieter müssten dann alle Datenpakete gleich behandeln, egal ob es sich um ein Youtube-Video handelt, das ihr Netz in die Knie zwingt, oder einen Skype-Anruf, der ihre Einnahmen durch Handy-Telefonate gefährdet. Nach Meinung der Koalition fördern VoIP-Services wie Skype Innovationen, bringen die Breitband-Nutzung voran und die Wirtschaft zum Wachsen.

Falls die beschriebenen EU-Pläne durchkommen und Skype nicht blockiert wird, sodass seine Datenpakete sich ungehindert in den Netzen der Mobilfunkanbieter bewegen können, dann dürfte das neue Fragen aufwerfen: Die Skype-Telefonate sind oft viel billiger, als Anrufe im Handynetz. Viele Kunden würden darauf umsteigen, denn die Geschwindigkeit der 3G-Netze reicht jetzt schon oft dafür aus. Skype könnte europaweit Mobiltelefonate anbieten, ohne jemals einen Cent in den Aufbau von Netzen investiert zu haben. Das ist fast wie eine Lizenz zum Gelddrucken: Skype kassiert für Telefonminuten, hat aber selbst kaum Kosten für die Verbindung der Anrufe. So ein Geschäftsmodell gefällt jedem Investor. Vielleicht will Ebay deswegen Skype an die Börse bringen?

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