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EU plant Mehrwertsteuer auf virtuelle Waren

08.02.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Europäische Union will - ähnlich wie die Vereinigten Staaten - innerhalb der kommenden zwei bis drei Monate einen Vorschlag für eine wichtige Änderung ihres indirekten Steuersystems erarbeiten, um den Anforderungen des elektronischen Handels gerecht zu werden. Ein Sprecher der EU-Kommission - der übrigens anonym bleiben wollte - erklärte dazu, in die EU importierte "virtuelle Güter" wie digital vertriebene Software oder Musik sollten innerhalb der Gemeinschaft künftig besteuert werden (nicht jedoch beim Export). Internet-Verkäufe, die - wie etwa beim Handel mit Büchern, CDs oder Hardware - eine physische Distribution erfordern, sind nicht betroffen.

Das indirekte Steuersystem basiert vor allem auf dem theoretischen Wert, der einer Ware in jeder Stufe ihrer Herstellung oder Vermarktung hinzugefügt wird. Die resultierende Mehrwertsteuer (schwankt innerhalb der Gemeinschaft zwischen 15 und 25 Prozent) können sich Unternehmen innerhalb der Wertschöpfungskette von Partnern erstatten lassen, wenn Produkt oder Dienstleistung letztlich beim Endkunden landen - denn der zahlt schlussendlich die Steuer.

Beim E-Commerce allerdings wird die Sache kompliziert: Wenn ein Anbieter von außerhalb direkt an einen Kunden innerhalb der EU verkauft, erfährt die Steuerbehörde nichts davon, die Mehrwertsteuer geht verloren. Dies stellt für Unternehmen innerhalb der EU einen gravierenden Wettbewerbsnachteil dar, denn Anbieter außerhalb Europas können prinzipiell die gleiche Ware steuerfrei und damit deutlich günstiger offerieren.

Wer innerhalb der Gemeinschaft Waren oder Dienstleistungen anbietet, muss sich registrieren lassen und eine VAT-Nummer (Value Added Tax) beantragen. Dies gilt offiziell auch für jeden Anbieter, der in die EU hinein exportiert. Große Unternehmen vom Kaliber eines Amazon.com halten sich im allgemeinen an diese Auflagen. Kleine und mittlere Firmen indes, so die EU-Abteilung der US-Handelskammer, wüssten oft nicht um die Regelungen und ignorierten sie daher.