EU-Kommission sagt der Lex Telekom den Kampf an

27.02.2007
Die Behörde hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Regulierungsferien für die Telekom eingeleitet.

Von der Öffentlichkeit eher unbemerkt trat Ende Februar das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) in Kraft. Das Gesetz, auch als "Lex Telekom" verspottet, weil es die Telekom zeitweise von der Regulierung ihres VDSL-Netzes ausnimmt, war im Vorfeld vor allem von der EU als Verstoß gegen europäisches Recht kritisiert worden.

Auf das Inkrafttreten des Gesetzes reagierte die EU-Kommission prompt: Sie eröffnete, wie sie selbst erklärt, "das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Einführung von Regulierungsferien für die Deutsche Telekom". Im ersten Schritt erhielt Deutschland ein Mahnschreiben, das innerhalb von 15 Tagen beantwortet werden muss. Ferner beabsichtigt die Kommission, den Fall so schnell wie möglich vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen.

"Ich bedauere, dass Deutschland sich über die Bedenken der Kommission gegen das neue Telekommunikationsgesetz hinweggesetzt hat, trotz mehrfacher eindeutiger Warnung seitens der Kommission", so die für Telekommunikation zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding. "Die Gewährung von Regulierungsferien für etablierte Betreiber ist ein Versuch, in einem wirtschaftlich zentralen Sektor den Wettbewerb auszuhebeln", führte Reding weiter aus. "Solche Regulierungsferien verstoßen gegen die seit 2002 für alle EU-Mitgliedstaaten geltenden Telekom-Regeln."

Wettbewerb ausgehebelt

Ihr Vorgehen begründet die EU damit, dass die TK-Novelle die Wettbewerbsposition der Mitbewerber der Deutschen Telekom gefährdet und neuen Anbietern den Zugang zum deutschen Markt erschwert. Zudem hat die Telekom in den Augen der EU immer noch eine marktbeherrschende Stellung bei den Breitbandanschlüssen. So rechnet man in Brüssel vor, dass die Telekom 9,4 Millionen von 12,9 Millionen Netzzugängen kontrolliere. Zudem sei die Breitbanddurchdringung in Deutschland mit rund 16,4 Prozent deutlich geringer fortgeschritten als in EU-Mitgliedsstaaten wie Dänemark oder den Niederlanden (etwa 30 Prozent).

"Die Entscheidung Deutschlands, die Deutsche Telekom von der Regulierung auszunehmen, wird zahlreiche Rechtsstreitigkeiten sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene nach sich ziehen", prophezeit Kommissarin Reding und fährt fort: "Dies ist alles andere als ein Anreiz für Investitionen. Denn jetzt haben weder die etablierten Anbieter noch Markteinsteiger in Deutschland Rechtssicherheit. Eine effiziente Umsetzung des EU-Telekommunikationsrechts wäre eindeutig der bessere Weg, um Wettbewerb und Investitionstätigkeit zu fördern." Das jetzige ist das sechste gegen Deutschland anhängige Verfahren, das die Umsetzung des EU-TK-Rechts betrifft. (hi)