Keine nationalen Clouds

EU-Kommissarin warnt vor digitaler Abschottung

14.11.2013
Nach den NSA-Enthüllungen will Europa schneller gemeinsame Cloud-Dienste entwickeln. Die Initiative steht aber noch am Anfang. Zunächst soll ein technischer und rechtlicher Rahmen für den Fluss der Daten entstehen.

EU-Kommissarin Neelie Kroes hat in der Diskussion um europäische Cloud-Lösungen nach dem NSA-Skandal eindringlich vor einer nationalen Abschottung gewarnt. "Eine Fragmentierung wäre absolut das Ende für eine Erfolgsgeschichte", betonte die für Digitales zuständige Vize-Vorsitzende der Europäischen Kommission im Rahmen der "Cloud for Europe"-Konferenz des Fraunhofer-Instituts FOKUS in Berlin.

Europa will nach den Enthüllungen über Internet-Spionage den Aufbau gemeinsamer Cloud-Lösungen für Daten und Dienste beschleunigen. Dabei gehe es nicht um eine neue gewaltige Infrastruktur, erklärte Kroes. Vielmehr müsse ein rechtlicher und technischer Rahmen für den freien Fluss von Daten über die Grenzen einzelner Länder hinweg geschaffen werden. In Deutschland wird derzeit vermehrt über ein "Deutschland-Routing" diskutiert, bei dem Datenpakete, die zwischen zwei Punkten innerhalb des Landes ausgetauscht werden, die Grenzen nicht verlassen sollten.

Beim Cloud Computing werden Daten und Dienste direkt aus dem Netz bereitgestellt. Bei den Anwendern gibt es allerdings nach wie vor Bedenken, was die Sicherheit der Daten oder mögliche Probleme bei einem Anbieter-Wechsel angeht.

Aus der Zeit gefallen

Der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves, der einem Steuergremium für den Aufbau einer europäischen Cloud vorsitzt, verwies auf die vielen Herausforderungen. So sei die Gesetzgebung immer noch nicht auf das digitale Zeitalter eingestellt. "So dürfen wichtige nationale Daten immer noch nicht außerhalb der Landesgrenzen gespeichert werden." Das kleine Estland, in dem das Landregister nur in digitaler Form existiere, verschicke deshalb mehrmals im Jahr Sicherungskopien davon auf Daten-CDs an fünf Botschaften. Sie in einem europäischen Datenzentrum abzulegen, wäre eine deutlich bessere Lösung, betonte Ilves.

Positiv an der Diskussion nach den NSA-Enthüllungen sei, dass Themen wie Datenschutz und Sicherheit ins öffentliche Bewusstsein vorgedrungen seien, sagte Ilves. Allerdings gebe es derzeit auch viele falsche Informationen: "Big Brother ist nicht überall." Auch die in Europa eingesetzten Verschlüsselungsverfahren seien entgegen weit verbreiteten Ängsten nicht geknackt: "Wir könnten unsere Daten auch sicher auf den Servern der NSA lagern, die haben schließlich eine große Infrastruktur."

Der Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Michael Hange, warb für einen Sicherheitsgewinn durch den Einsatz von Cloud-Diensten: "Eine Cloud kann Angriffe abwehren, mit denen einzelne Unternehmen überfordert wären." Das erledige das BSI zum Beispiel für die Bundesregierung. (dpa/sh)