DSAG-Vorstand Karl Liebstückel

"Es sind die kleinen Dinge, die im Tagesgeschäft stören"

27.10.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Die Angst vor Enhancement Packages

CW: Wenn diese Erweiterungen und Verbesserungen für die Anwender so wichtig sind, warum ist dann die Akzeptanz der SAP Enhancement Packages so gering?

"Die Technik, die SAP hier entwickelt hat, ist etwas völlig anderes, als man früher im Umfeld von SAP-Weiterentwicklungen gewohnt war."
"Die Technik, die SAP hier entwickelt hat, ist etwas völlig anderes, als man früher im Umfeld von SAP-Weiterentwicklungen gewohnt war."
Foto: DSAG

LIEBSTÜCKEL: Ich glaube, es herrscht viel Unsicherheit bei den Firmen. Die SAP Enhancement Packages werden ausgeliefert und installiert. Dann sind sie erst einmal im System bei den Kunden. Der kritische Punkt ist dann allerdings der, an dem die Anwender die so genannten Business Functions aktivieren. Davor schrecken noch viele Kunden zurück, weil sie die Auswirkungen nicht abschätzen können. Es ist unklar, durch welche Applikationen sich solche Änderungen ziehen, ob es Veränderungen in der Datenbank nach sich zieht. Grundsätzlich hat sich an dieser Stelle viel getan: Die Pakete sind mittlerweile sehr flexibel gehalten. Man muss nicht mehr ein komplettes SAP Enhancement Package aktivieren. Früher habe ich als Anwender von der SAP etwas bekommen und musste im Grunde alles nehmen. Heute spielt man ein SAP Enhancement Package ein - das besteht im Durchschnitt aus etwa 50 Business Functions - und man kann diese Functions einzeln aktivieren.

CW: Was berichten denn Anwender, die Business Functions aktiviert haben?

LIEBSTÜCKEL: An der Stelle können wir nur Positives berichten. Die Technik, die SAP hier entwickelt hat, ist etwas völlig anderes, als man früher im Umfeld von SAP-Weiterentwicklungen gewohnt war. Eben weil man nicht mehr komplette Pakete aktivieren muss, sondern sich einzelne Funktionen heraussuchen kann.

CW: Ein Kritikpunkt der Anwender ist die wachsende Komplexität der SAP-Landschaften. Gibt es hier schon Ideen und Pläne wie man diesem Problem beikommen und gegensteuern könnte?

LIEBSTÜCKEL: Die Tatsache, dass solche komplexen Landschaften entstanden sind, ist sicher nur zu einem Teil der SAP anzulasten. Die andere Seite ist kundenbedingt, weil viele Kunden beispielsweise, wenn sie ein neues Werk einrichten, gleich ein komplett neues SAP-System aufgebaut haben, statt zu versuchen, dieses in die bestehenden Systeme zu integrieren. Das hat dazu geführt, dass teilweise sehr heterogene Landschaften entstanden sind. Allerdings hätte es oft nicht dazu kommen müssen, weil Kunden oft mit einem zentralen System hätten arbeiten können. Ich kenne aktuell einige Beispiele, bei denen Kunden große Projekte initiiert haben, um das wieder zurückzuführen. Das sind im Grunde hausgemachte Probleme.

CW: Welche Rolle spielt dabei die SAP?

LIEBSTÜCKEL: Die verschiedenen Produkte, die SAP mittlerweile anbietet, sind eigenständige Systeme. Die Kunden bekommen kein einheitliches, in sich konsistentes System. CRM steht neben dem ERP, und SCM steht neben einem PLM-System. Und wenn man sich ansieht, welche Landschaften die Kunden einsetzen mit Entwicklungssystem, Testsystem und Produktivsystem, dann sind es schnell 15 Systeme, die ein Kunde betreiben muss, wenn er die Business Suite im Einsatz hat.