Brocade-CEO Lloyd Carney im CW-Interview

"Es ist Zeit für mehr Innovation im Datacenter"

20.06.2013
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Lloyd Carney, Netzwerk-Veteran mit fast 30 Jahren Berufserfahrung in dieser Branche, ist seit Januar 2013 CEO von Brocade. Die COMPUTERWOCHE sprach mit ihm über die Strategie seines Unternehmens in den Bereichen RZ-Virtualisierung, SDN und Cloud Computing.

CW: Mr. Carney, Ihre letzte Company Xsigo Systems wurde 2012 von Oracle gekauft, das Unternehmen davor, Micromuse, übernahm 2005 IBM. Sie haben demnach gute Referenzen dafür, Firmen zu verkaufen…

Carney: …nein, ich habe gute Referenzen dafür, das Geld meiner Investoren zu vermehren…

CW: Aber trotzdem ist die Frage berechtigt: Gehört es zu Ihren Aufgaben bei Brocade, einen Käufer für die Company zu finden?

Carney: Niemand, der jemals zu dem Zeitpunkt Aktien gekauft hat, als ich bei einer Company angefangen habe, hat Geld verloren, wenn er bei meinem Weggang die Anteile wieder verkaufte. Ich mache immer Geld für meine Investoren und meine Mitarbeiter. Die letzte Company habe ich auch erst nach fünf Jahren verkauft, nicht schon nach ein oder zwei Jahren. Ich war Gründungs-Mitglied von Wellfleet, das von Synaptics gekauft wurde und aus dem später Bay Networks wurde. Danach wurden wir von Nortel gekauft. Ich war dort fast 15 Jahre lang, zwar unter verschiedenen Besitzern, aber wichtiger: Wenn Sie damals Wellfleet-Anteile gekauft hätten und Sie gehalten hätten, bis ich Nortel wieder verließ, hätten Sie deutlich mehr Gewinn gemacht als mit Cisco-Aktien über den gleichen Zeitraum.

Brocade-CEO Lloyd Carney ist seit knapp 30 Jahren im Netzwerkbereich tätig.
Brocade-CEO Lloyd Carney ist seit knapp 30 Jahren im Netzwerkbereich tätig.
Foto: Brocade

Aber, grundsätzlich steht natürlich jede an der Börse notierte Company zum Verkauf. Man kann nicht sagen ‚Nein, ich verkaufe nicht‘, sondern muss das tun, was das Beste für die Aktionäre ist. Derzeit bin ich zuversichtlich, dass es das Beste ist, den Plan zu verfolgen, den wir angefangen haben. Nämlich noch effizienter zu werden und mehr Wachstum in unser IP-Geschäft zu bringen. Wir haben die beste IP Fabric im Markt. Gartner hat sich erst kürzlich in seinem Magic Quadrant mit dem IP-Fabric-Markt beschäftigt (Link zur Studie) und sieht uns im visionären Viertel, nur ein Unternehmen ist etwas weiter vorne. Es wird einen signifikanten Markt für IP Fabric geben und er wird angetrieben von Virtualisierung und Software Defined Networks. Wir haben eine sehr gute Chance, die Nummer Eins in diesem Bereich zu werden und das ist unser Ziel. Wir haben schon 1100 Kunden, Kunden, die über 200 Switches im Einsatz haben, wir haben eine gute Wiederkaufsrate. Wir sind daher sehr zuversichtlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind, die Company erfolgreich zu machen.

CW: Was war für Sie der Antrieb, zu Brocade zu gehen?

Carney: Eines der Dinge, die mich bei Brocade begeistert, ist die Tatsache, dass wir das Datacenter in einer Art verändern, wie es sich in den vergangenen zwölf Jahren nicht verändert hat. Die Architektur blieb dieselbe, weil der Status quo für die dominanten Player im Datacenter von Vorteil war. Die führenden Anbieter verkaufen ihnen ein Datacenter, das nicht ausgelastet ist und damit auch nicht sehr effizient. Die Auslastung beträgt lediglich zehn Prozent. Im Klartext bedeutet das: Sie zahlen mir einen Euro und bekommen lediglich zehn Cent dafür zurück. Das ist, was deren Architektur in den letzten 20 Jahren getan hat. Unsere neue Fabric-Architektur, die wir im Storage-Bereich auf der SAN-Seite genutzt haben, bietet immer 100 Prozent Auslastung. Im Vergleich dazu ist das Beste, was Sie aus traditioneller IP-Architektur herausholen können, 50 Prozent. Der Grund liegt in der Art und Weise, wie sie aufgebaut ist, wie man Redundanz schafft, nämlich, indem man alles in zweifacher Ausführung hat. Sie geben mir einen Euro und ich gebe Ihnen die Hälfte zurück.

CW: Aber das geschieht aus Redundanz-Gründen…

Carney: ...das ist, wie Redundanz auf der IP-Seite über die letzten 20 Jahren sichergestellt wurde. Auf der Fibre-Channel-Seite ist das aber anders. Hier haben Sie für den Traffic einen Pfad in zweifacher Ausführung, der voll ausgelastet ist – und wenn Sie wollen, können Sie die Kapazität erhöhen. Mit der traditionellen IP-Architektur ist das aber nicht möglich. Wir denken, es ist Zeit, das zu ändern und es gibt Technologie, die dies ermöglicht.

Nehmen Sie das Blackberry hier: Wäre Apple nicht mit seinem iPhone auf den Markt gekommen, um den Wettbewerb im Smartphone-Markt wieder aufleben zu lassen – ich garantiere Ihnen, es gäbe dieses Touchscreen-Gerät nicht. Und wären Samsung und das Android-System nicht daher gekommen, wären wir voll und ganz dem Willen von Apple unterworfen. In jedem Markt mit einem Player, der die Architektur dominiert, wie wir ihn im traditionellen Netzwerk-Bereich haben, wir hatten einen Wettbewerber mit fast 80 Prozent Marktanteil über einen langen Zeitraum hinweg, bekommen Sie nicht diese Art von Innovation. Und wir denken, es ist Zeit für diese Art von Innovation im Datacenter, wir treiben diese Art von Innovation voran. Unsere Architektur, unsere Fabric ist eine brandneue Art, die Dinge zu betrachten.

Der Wechsel ist längst überfällig: Wenn Sie in ein Datacenter gehen: Die Server sind längst optimiert, hypervised – ein Hardware-Server kann als hundert Server fungieren, sie wurden maximiert. Intel mit fünf oder zehn bis hin zu 20 Core-Maschinen. Die Server wurden also richtig effizient. Storage ebenfalls – eine SAN ist eine virtualisierte Speicherinfrastruktur, jeder an jedem Server kann Zugang zu den Daten auf der SAN erhalten – aber in der Mitte als Verbindung zwischen den beiden ist ein Netzwerk, das nicht optimiert ist. Das ist das fehlende Glied, das schwache Bindeglied ist die Netzwerkebene, in dieser für Cloud- und Virtualisierung optimierten Umgebung, zu der wir uns hinbewegen, und das Problem wollen wir lösen. Wir wollen dieses Bindeglied so effizient wie die Serverinfrastruktur und die Storage-Infrastruktur machen.

CW: Ist das die Vorstufe zu Software Defined Networking?

Carney: Ja, absolut. Ein oder zwei virtuelle Layer mehr und die Software für SDN oben drauf. Dabei gibt es mehr und mehr Nachfrage für effiziente Networking-Layer. Und das Produkt, das wir heute schon verkaufen, unser IP- Fabric-Switch VDX ist optimiert für SDN. Wir liefern heute ein Produkt aus, das SDN-ready ist. Der Grund dafür ist, dass schon vor zwei Jahren, also vor meiner Zeit bei Brocade, unser Team verstanden hat, dass es zu dieser Art von Virtualisierung kommen wird. Es hat verstanden, dass es einen Control-Plane-Layer geben wird, der wie im SDN-Layer eingesetzt werden wird. Und sie schufen ein Produkt und verbesserten es und es funktioniert gut.