Hunderte folgen Verdi-Aufruf

Erstmals Streiks bei Amazon

14.05.2013
Der Konflikt bei Amazon eskaliert. An zwei deutschen Standorten streiken Beschäftigte den ganzen Tag. Verdi glaubt, den Internet-Versandriesen empfindlich treffen zu können. Amazon betont: Die Kunden werden rechtzeitig beliefert.

Beim Internet-Versandhändler Amazon wird erstmals in Deutschland gestreikt. Am größten deutschen Standort im hessischen Bad Hersfeld und in Leipzig war die Belegschaft am Dienstag zu einer ganztägigen Protestaktion mit Beginn der Frühschicht ab 6:00 Uhr bis zum Ende der Spätschicht aufgerufen. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi beteiligten sich bis zum Vormittag in Bad Hersfeld 600 Menschen am Ausstand. In Leipzig legten Verdi zufolge 300 Beschäftigte die Arbeit nieder. Sie machten lautstark ihrem Unmut mit Trillerpfeifen Luft.

Hintergrund des Ausstands ist Verdi zufolge die Forderung nach einem Tarifvertrag nach den Konditionen des Einzel- und Versandhandels, was das Unternehmen bisher ablehnt. Das Unternehmen orientiert sich an der Bezahlung in der Logistikbranche. Verdi fordert Verhandlungen, Amazon sieht aber derzeit" keine gemeinsame Basis".

Verdi-Streikleiter Heiner Reimann sagte in Bad Hersfeld: "Wir sind sehr zuversichtlich, die Betriebsabläufe empfindlich beeinträchtigen zu können." Verbraucher müssten damit rechnen, dass Bestellungen womöglich langsamer als üblich kommen. Dieser Einschätzung widersprach Amazon: "Derzeit erwarten wir keine Auswirkungen auf die Auslieferung an Kunden", sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Das Unternehmen habe schließlich acht Logistikzentren und 9000 Beschäftigte in Deutschland.

Verdi wertet den Streik-Start als Erfolg: "Wir sind mit dem Auftakt sehr zufrieden und stellen uns auf eine längere Auseinandersetzung ein", sagte Reimann. Wann der Streik fortgesetzt wird, ließ er offen. "Wir können das über viele Wochen durchziehen." Der eintägige Streik sei ein Signal an die Arbeitgeber, dass man es ernst meine, sagte Verdi-Bereichsleiter Jörg Lauenroth-Mago in Leipzig. Verdi erwartete, dass sich im Tagesverlauf allein in Bad Hersfeld 1000 Beschäftigte an dem Protest beteiligen. In Bad Hersfeld sind rund 3300 und in Leipzig etwa 2000 Menschen bei Amazon beschäftigt.

Verdi will für die Beschäftigten ein tarifliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Nachtarbeitszuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge, wie sie in der Branche üblich seien. Es sei nicht akzeptabel, dass Amazon als der größte Online-Versandhändler keiner Tarifbindung unterliege. Amazon lehnt den Tarifvertrag ab und argumentiert: "Amazons Versandzentren sind Logistikunternehmen, die Kundenbestellungen ausführen. Mitarbeiter der deutschen Logistikzentren liegen mit ihrem Einkommen am oberen Ende dessen, was in der Logistikindustrie üblich ist." Bei den Standorten handele es sich um ein reine Versandzentren. "Unsere Mitarbeiter dort leisten logistische Tätigkeiten - Kommissionierung, Verpackung und Versendung von Waren."

Das in der Öffentlichkeit eher zurückhaltende amerikanische Unternehmen stand zuletzt mehrfach in den Schlagzeilen: Zu Jahresbeginn war Amazon in Deutschland wegen der Behandlung von Leiharbeitern in die Kritik geraten. Auslöser war eine TV-Dokumentation. (dpa/tc)