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Erste Runde im Anhörungsverfahren: Sun und Microsoft beharken sich

04.12.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Am ersten Tag der außergerichtlichen Verhandlung zwischen Sun Microsystems und Microsoft hat der vorsitzende Richter Frederick Motz noch nicht zu erkennen gegeben, für welchen Standpunkt er sympathisiert. Sun will eine einstweilige Verfügung erwirken, die Microsoft verpflichtet, seine eigene Java Virtual Machine aus dem Betriebssystem Windows XP und dem Internet Explorer herauszunehmen und dafür Suns Java zu integrieren. Sun argumentiert, Microsoft habe seine Monopolstellung bei Betriebssystemen dazu benutzt, die Java-Entwicklung von Sun im besonderen und der von anderen Java-Entwicklern im allgemeinen nachhaltig zu behindern. So habe sich Microsoft einen unlauteren Wettbewerbsvorteil verschafft.

Richter Motz argumentierte, es sei zwar eine „wunderbar elegante und einfache“ Lösung, den Sun-Interpreter in Windows XP zu integrieren. Wiewohl dieser Vorschlag von Sun ein „dramatischer“ Schnitt wäre, sei er immer noch einer Lösung vorzuziehen, bei der sich erst einmal Dutzende von Ökonomen auf jeder Seite der beiden Parteien die Köpfe heiss reden über mögliche wirtschaftliche Auswirkungen des Für und Widers einer Integration von Sun-Java in Windows.

Motz gab aber auch zu bedenken, dass solch eine von Sun angestrebte Lösung dem Workstation-Hersteller und Java-Entwickler einen unbilligen Vorteil gegenüber anderen Java-Entwicklern geben würde. Hiermit nahm Motz Rekurs auf eine Gerichtsentscheidung, die die Richterin Colleen Kollar-Kotelly in dem Verfahren US-Justizministerium und neun US-Bundesstaaten gegen Microsoft gefällt hatte. Seine Kollegin hatte genau in diesem Sinn ein Begehren auf Integration der Java-Maschine von Sun in das Betriebssystem abgeschmettert. Motz hierzu: „US-Antitrust-Gesetze sollen die Konsumer schützen und nicht Wettbewerber.“

Genau auf diese Argumentation hob auch der Microsoft-Anwalt David Tulchin am ersten Anhörungstag ab. Die juristische Beförderung von Suns Java als die in Windows zu integrierende Virtual Machine laufe allen Bemühungen, Wettbewerb zu fördern, entgegen.

Außerdem monierte Tulchin, dass sich Sun bei Microsofts angeblichen Vergehen gegen die Interessen von Sun auf Tatsachen beziehe, die mittlerweile fünf Jahre zurückliegen. Sun beziehe sich auf vorgebliche Anti-Trust-Verletzungen, die Microsoft im Jahr 1997 begangen habe. Es sei nicht mehr nachzuvollziehen, wie einem vermeintlichen Vergehen per einstweiliger Verfügung abgeholfen werden solle, das nach der Zeitrechnung in der IT bereits Altertumsgeschichte sei. Wie man hier noch von Eilbedürftigkeit reden könne, sei schleierhaft.

Die Anhörung dürfte nach Einschätzung von Prozeßbeobachtern noch die ganze Woche dauern.