Erste O-Töne

04.09.2001

Für Wolfgang Braun, Managing Director für den Bereich Mergers und Acquisitions bei der Meta Group, gibt die Fusion von HP mit Compaq wenig Sinn. Hier entstehe ein IT-Riese, der erst einmal große Schwierigkeiten haben werde, die unterschiedlichen Unternehmenskulturen unter einen Hut zu bringen. Außerdem dürfte es den künftigen Verantwortlichen nicht leicht fallen, die sich überschneidenden Produktlinien zu konsolidieren. Es sei davon auszugehen, dass der Merger weitere Entlassungen nach sich ziehen werde, glaubt Braun.

Das Zusammengehen von HP und Compaq könnte für den gesamte IT-Markt weit reichende Konsequenzen haben. So sei laut Braun mit einem wachsenden Konsolidierungsdruck auf die Konkurrenz auszugehen. Zu denken sei hier beispielsweise an eine Fusion zwischen Sun und Dell. Eine solche Verbindung sei seiner Ansicht nach sinnvoller, da sich die Produktlinien beider Unternehmen ergänzen und nicht überschneiden würden, wie dies bei HP und Compaq der Fall ist.

Im Servicebereich, der durch den Merger in erster Linie ausgebaut werden soll, sieht Braun kaum Verbesserungen für beide Unternehmen. HP wie Compaq scheiterten zuletzt bei ihren Versuchen, ihre Serviceeinheiten durch Akquisitionen zu verstärken. Der Meta-Analyst vermutet, dass HP-Chefin Carleton Fiorina durch den gescheiterten Übernahmeversuch von PricewaterhouseCoopers unter großem Druck stand, ihr Unternehmen durch eine gelungene Akquisition neu zu orientieren. Allerdings wäre dann ein Zusammengehen mit einer rein auf Services fokussierten Firma sinnvoller gewesen, kritisiert der Meta-Group-Experte. Das Geschäft mit Compaq lasse sich nur als Befreiungsschlag Fiorinas interpretieren.

Für Thomas Klebe, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und Arbeitnehmervertreter bei Compaq, kam die Nachricht aus heiterem Himmel. Er habe aus dem Frühstücksfernsehen von dem Geschäft erfahren, erzählt der Manager. Die Art und Weise, das Geschäft in typischer Texas-Manier über die Köpfe des Aufsichtsrats und der deutschen Geschäftsleitung hinweg zu entscheiden, sei unmöglich. Zu den Erfolgsaussichten des neuen Unternehmens will sich Klebe nicht äußern. Allerdings müsse man von einem weiteren Stellenabbau ausgehen. In welchem Umfang das geschehen wird, darüber könnten vorab keine Hochrechnungen angestellt werden. Erste Opfer seien wohl die Compaq-Vorstände, die in den neuen Führungslisten kaum mehr vertreten sein dürften.

Ob die deutschen Geschäftsleitungen von HP und Compaq eingeweiht waren, ist zu bezweifeln. In den Zentralen in Böblingen und Dornach bei München scheint am Vormittag nach der Ankündigung hektische Betriebsamkeit ausgebrochen zu sein. Pressestellen waren stundenlang nicht erreichbar. Weder Heribert Schmitz, Deutschland-Geschäftsführer bei HP noch Peter-Mark Droste, Chef der deutschen Compaq-Filiale, wollten den Deal kommentieren.

Ian Bertram, zuständig für Hardwareplattformen bei Gartner, geht davon aus, dass jeder Job in dem neuen Unternehmen auf dem Prüfstand stehen werde. Außerdem müsse man damit rechnen, dass ganze Produktionsanlagen dem Rationalisierungsprozess zum Opfer fallen. Nach Einschätzung des Marktforschers werde die Konsolidierung zwischen zwölf und 18 Monate dauern.

Die Konkurrenz zeigt sich überrascht von dem Deal und hält sich bislang mit Kommentaren zurück. Dell wollte bis Redaktionsschluss nicht zu dem Deal der Wettbewerber Stellung nehmen. Man sei im Augenblick damit beschäftigt, die bislang bekannten Details des Mergers auszuwerten und mögliche Auswirkungen auf das eigene Geschäft zu identifizieren, verlautete aus der Pressestelle des Direktanbieters.

Sun hofft von dem HP-Compaq-Geschäft profitieren zu können. Die Wettbewerber würden laut Deutschland-Geschäftsführer Helmut Wilke vorerst zum Nachteil ihrer Kunden damit beschäftigt sein, neue Strukturen zu schaffen und ihre Produkte zu konsolidieren. "Diese Ankündigung ist eine Vorwärtsstrategie von Carly Fiorina, um von internen Problemen abzulenken", glaubt Wilke.

IBM hält sich mit Kommentaren zu dem Deal sehr bedeckt. Allerdings sei man von der Ankündigung der Konkurrenten überrascht gewesen, erklärt Hans-Jürgen Rehm, Presseverantwortlicher für die Server-Systeme bei IBM. Trotzdem werde man sich nicht aufschrecken lassen und die Auswirkungen auf den Markt beobachten und analysieren. Die Erfolgsaussichten des Mergers wollte Rehm nicht bewerten.

Die OEM-Vereinbarungen im Speichergeschäft zwischen IBM und Compaq sieht er nicht gefährdet. Hier gebe es eindeutige vertragliche Regelungen über den Vertrieb der "Shark"-Storage-Systeme durch Compaq. Zwar konkurriere Hewlett-Packard mit dem Verkauf der Geräte von Hitachi Data Systems (HDS) unmittelbar gegen die Shark-Speicher, doch würde dies auf der Vertriebsseite "relativ entspannt" gesehen. So arbeite IBM beispielsweise auch mit Dell zusammen, obwohl sich beide Firmen im PC-Markt als Wettbewerber gegenüber stehen.