Erste Eindruecke von Picture Publisher 5.0 Bildretusche-Werkzeug bietet unbegrenzte Undo-Funktionen

02.12.1994

Von Michael Matzer*

Im heiss umkaempften Markt der Bildbearbeitungsprogramme ist "Picture Publisher" von Micrografx ein bereits fest etabliertes Produkt. Obwohl preislich guenstiger als Adobes "Photoshop" hat es die Software schwer, sich gegenueber dem Konkurrenten zu behaupten. Die neue Version 5.0, die zur CeBIT '95 in Deutsch erscheinen wird, soll mit einem leistungsfaehigeren Bild-Management ueberzeugen.

Der Picture Publisher gehoert zu den dienstaeltesten Programmen fuer die Bildretusche am PC. Konkurrenten sind neben Adobe Photoshop der inzwischen ebenfalls unter Adobes Regie laufende Aldus Photostyler sowie Fauve Matisse, Fractal Design Painter und juengst auch Corel Photo Paint Plus. Seine Staerken zeigt der Publisher in den Bereichen Bildretusche und -montage. Anwender koennen damit Vorlagen qualitativ so veraendern, dass ein scheinbar voellig neues Bild entsteht.

Im Update wurde die Lade- und Verarbeitungsgeschwindigkeit nochmals erhoeht. Die in Version 4.0 eingefuehrte Technik der "Fastbits" erlaubt das stueckweise Laden einer grossen Datei, denn bei Truecolor-Files mit 16,7 Millionen Farben kann der Bildaufbau mitunter mehrere Minuten in Anspruch nehmen.

Bildbereiche in Objekte gliedern

Die grosse Spezialitaet des Publisher liegt im Anfertigen und Handhaben einer sogenannten Maskierung. Dabei wird ein definierter Bildbereich abgedeckt und geschuetzt, waehrend ein neuer Effekt auf den ungeschuetzten oder nur auf den geschuetzten Bereich angewendet wird. Einer der beiden Bereiche laesst sich zur Wiederverwendung als Objekt sichern, etwa in einer gesonderten Palette.

Neben den ueblichen Bearbeitungs-Tools beeindruckt Picture Publisher durch seine grosse Bandbreite von Effekten fuer Filter. Hier kommt eine wichtige und komfortable Neuerung zum Zuge: die editierbare Befehlsliste. Angenommen, ein schwieriges Motiv wurde eingescannt und ein Moire-Muster (schachbrettartiges Raster) ist entstanden. Mit einem Filter entfernt Picture Publisher das Moire, dabei leidet jedoch die Schaerfe der Konturen. Also muessen auch diese mit einem Filter nachbearbeitet werden. Das Ergebnis der Bildbearbeitung laesst sich nun speichern, wobei die einzelnen Befehlsschritte in einer Liste hinterlegt und je nach Bedarf fuer aehnliche Vorlagen als Makro wiederverwendet werden koennen.

Einzelne Vorgaenge aus der Befehlsliste lassen sich rueckgaengig machen. Wer also den richtigen Filter, aber die falsche Einstellung dafuer gewaehlt hat, kann die entsprechende Routine nachtraeglich aendern und sogar den ganzen Vorgang rueckgaengig machen, wenn er das Bild nochmals durch das Makro bearbeiten laesst. Weitere Anwendungsgebiete fuer diesen Makrorekorder sind die Verwaltung von Maskenobjekten und das Laden von Fastbits in einem TIFF-Bild. Ein weiterer Vorteil solcher Makros liegt in der Weitergabe an externe Mitarbeiter, denen der Anwender seine Wuensche nicht mehr per Telefon durchgeben muss. Einmal angelegt, ist die Liste stets wiederverwendbar und laesst sich in einem ASCII- Editor bearbeiten.

Auch die Korrekturdialoge wurden im Publisher verbessert. Der Anwender klickt mit der Maus auf die jeweilige Gradationskurve und verschiebt diese mit der Maus, um die originale Verlaufskurve in puncto Farbe, Schattierung und Saettigung anzupassen. Man ist also nicht mehr auf numerische Angaben angewiesen. Neu ist der Einsatz von Bezierkurven als Werkzeug, um Konturen eines Objekts nachzuzeichnen, so dass das Objekt ausgeschnitten und maskiert werden kann. Jeder so erzielte Umrissverlauf laesst sich speichern, was ebenfalls ein Menge Zeit spart.

Version 5.0 von Picture Publisher unterstuetzt OLE 2.0 und damit Drag and drop fuer den Datenaustausch mit anderen Programmen. Als Objekt-Server arbeitete das Programm im Test ausgezeichnet, als Client allerdings nicht. Die neu gestaltete Zwischenablage zeigt im entsprechenden Ansichtswerkzeug, dem Clipboard Browser, die Bilder als sogenannte Thumbnails, also Minibildchen. Von dort laesst sich die Vorlage ebenfalls auf die Arbeitsflaeche oder in eine andere Anwendung ziehen.

Zum Einsatz in der professionellen elektronischen Bildverarbeitung (EBV) arbeitet der Publisher nun mit weiteren Vektorgrafikformaten, so etwa Encapsulated Postscript und Coreldraw. Ausserdem unterstuetzt die Software das Kodak Color Management System (KCMS), das Farben zwischen Peripheriegeraeten mit verschiedenen Farbraeumen (RGB, CMYK, HLS) abgleicht.

Die englische Version des Publisher kostet rund 900 Mark, das Upgrade ist fuer 400 Mark erhaeltlich.

* Michael Matzer ist freier Fachjournalist in Herrsching bei Muenchen.