An erster Stelle steht das Fax

Erst die Kommunikation bringt Schwung in die Bürolandschaft

20.12.1991

Von einem rationalen Einsatz moderner Informationstechnik im Büro kann heute in den meisten Unternehmen keine Rede sein. Isolierte Systeme machen den einzelnen Schreibtisch zur Kommunikationsinsel, und auch von einer Integration der öffentlichen Kommunikationsdienste, wie Telefax, Telex oder Teletex, können die meisten Anwender nur träumen. Petra Adamik* beschreibt, wie sich diese Kommunikationsdienste in einer integrierten Bürolandschaft einsetzen lassen.

In der Fertigungsautomation konnte man seit 1970 eine Produktivitätssteigerung von 100 Prozent verbuchen; die Zahlen im Bürobereich beweisen, daß hier ein hohes Rationalisierungspotential besteht, da im gleichen Zeitraum nur eine Steigerung der Produktivität um vier Prozent erreicht wurde.

Das soll sich aber rasch ändern. So werden integrierte Bürosysteme nach Ansicht von Diebold-Geschäftsführer Gerhard Adler durch den europäischen Binnenmarkt einen Wachstumsschub erleben, da der offene Markt den Wettbewerb anheizen wird. Ein flächendeckendes Informationssystem, mit dem sich unterschiedliche Arbeitsabläufe nahtlos und ohne Zeitverzögerung abwickeln lassen, erhöht erwiesenermaßen die Produktivität eines Unternehmens und ist damit von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit.

Die Einbindung interner und externer Kommunikationsdienste wird in diesem Zusammenhang in den nächsten Jahren eine immer wichtigere Rolle spielen, da sie europaweit verstreute Niederlassungen eines Unternehmens schnell und kostengünstig miteinander verbinden.

Nachholbedarf beim Mittelstand

Besonders die rund 2,3 Millionen Unternehmen des Mittelstandes, die mit zehn Millionen Arbeitsplätzen - das sind rund 85 Prozent - den Löwenanteil an Büroarbeitsplätzen stellen, haben hier einen enormen Nachholbedarf.

Ein Wandel zeichnet sich allerdings bereits ab; denn immer häufiger werden die unterschiedlichsten Systeme, angefangen vom PC bis hin zum Großrechner, miteinander vernetzt und auch Kommunikationsgeräte wie Telefon und Telefax in den Verbund integriert. Und der Netzwerkmarkt boomt weiter. Mit den Lösungen für die integrierte Vorgangsbearbeitung und einem Konzept für die unternehmensweite Kommunikation hat der deutsche Anwender allerdings noch Schwierigkeiten. Oft sind diese Ansätze in Groß- und Mittelbetrieben erst Bestandteil der mittel- oder gar langfristigen Planung. Dabei sprechen viele Aspekte für eine Integration von unterschiedlichen Arbeitsabläufen und die Vernetzung von vorhandener Hardware.

Zum einen ist es wenig sinnvoll, Daten doppelt zu erfassen und zu pflegen. Zum anderen verbessert der gemeinsame Zugriff auf Hardware und Datenbestände erwiesenermaßen die Produktivität eines Unternehmens. Das Hauptargument für eine sinnvolle Vernetzung und integrierte Vorgangsbearbeitung ist die Verfügbarkeit der Informationen für alle Mitarbeiter und der verbesserte Informationsfluß. Langzeitstudien haben ergeben, daß sich diese Rationalisierung positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens auswirkt.

Interne und externe Kommunikationsdienste

Zu den wichtigsten Schlüsseltechnologien der integrierten Informationsverarbeitung gehören interne und externe Kommunikationsdienste. Das kann ein Telefon mit Komfortfunktionen sein, aber auch Electronic Mail oder die Anbindung an öffentliche Dienste wie Telex, Teletex, Telefax, Btx oder Datenfernübertragung (DFÜ).

In Zukunft werden auch ISDN-fähige Arbeitsplatz-Rechner einen festen Platz im Büronetz einnehmen und damit den PC zum multifunktionalen Kommunikationsterminal machen. Der Vorteil des Universalnetzes ISDN liegt einmal in der schnellen Übertragungsrate, die in Zukunft durch die Breitbandverkabelung gegeben sein wird, und zum anderen in der Tatsache, daß auf einer Leitung verschiedene Vorgänge ablaufen können. So läßt sich beispielsweise während eines Telefonats per DFÜ auf der gleichen Leitung ein Dokument übertragen, über das beide Gesprächspartner sprechen können.

Einsteigerdienst für die Bürokommunikation ist der E-Mail-Dienst. Dieser Begriff läßt sich sehr weitläufig definieren, können doch schon ein paar Zeilen auf einem ISDN-Telefon als Mailbox-Nachricht gewertet werden. Die elektronische Post geht aber erst richtig ab, wenn sie genauso genutzt werden kann wie der manuelle Postversand. Electronic Mail kann dabei helfen, die interne Kommunikation zwischen den Abteilungen zu verbessern, unterstützt aber auch einen firmenweiten Kommunikationsverbund, wenn die entsprechenden Gateways für den Zugang zu öffentlichen Netzen zur Verfügung stehen.

Die großen Anbieter integrierter Bürosysteme wie Apple, Hewlett-Packard, Digital Equipment oder Wang bieten in ihren Bürosystemen Lösungen für die elektronische Post, die nach Aussage der Hersteller sehr schnell eine hohe Akzeptanz bei den Anwendern genießen, wenn die integrierten Systeme erst einmal installiert sind.

Als Kommunikationsdrehscheibe in einer heterogenen DV-Welt möchte Wang sein "VS-Office-Mitteilungssystem" verstanden wissen. Das System verfügt über Schnittstellen zu zahlreichen anderen Rechnerwelten. und erlaubt die gemeinsame Nutzung sowie Verarbeitung von Datenbeständen. Ein- und Ausgangspost wird automatisch katalogisiert, und die Weiterleitung von Postvorgängen oder deren Archivierung kann über ein Funktionsmenü abgewickelt werden.

Der Vorteil des elektronischen Nachrichtenaustausches liegt auf der Hand. E-Mail-Nachrichten können von jedem autorisierten Benutzer gelesen und, was oft noch wichtiger ist, weiterverarbeitet werden. Den Zugang regeln Paßwörter, die sicherstellen, daß nicht jeder Zugang zu allen elektronischen Postfächern erhält und vertrauliche Nachrichten nur bei der richtigen Adresse landen. Öffentliche Mitteilungen, die firmenweit von Interesse sind, lassen sich an einem "schwarzen Brett anschlagen, auf das jedermann ohne Zugangsbeschränkung zugreifen kann.

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit

Über ein X.25-Gateway für das öffentliche Datex-P-Netz der Telekom wird die interne Büroanwendung zum weltweiten Kommunikationapparat. Ohne Verzögerung lassen sich elektronische Briefe in alle Welt versenden. Ein weltweit operierendes Unternehmen, dessen Projekte in verschiedenen Kontinenten bearbeitet werden müssen, kann über den elektronischen Dokumentenaustausch seine Produktivität steigern und Wettbewerbern eine Nasenlänge voraus sein. Apple beispielsweise nutzt für die firmeninterne, weltweite Kommunikation die Apple-Office-Komponente Appletalk, mit der elektronische Nachrichten nicht über die Postleitungen, sondern über das private Netz Mark III von General Electric rund um den Globus verschickt werden.

Unter verschiedenen Systemumgebungen wie Unix oder OS/2 sind die integrierten Büroanwendungen von Hewlett-Packard realisiert. "Newwave Office" basiert auf einem Client-Server-Modell und stellt allen Systemanwendern zentrale Dienste wie elektronische Post oder Datenbankzugriffe zur Verfügung. Die Komponenten "Deskmanager" oder "Openmail" harmonieren nach Angaben des Unternehmens mit zahlreichen anderen Electronic-Mail-Systemen wie Unix-Mail-Diensten, IBM "Profs" und "Disoss", sowie öffentlichen und privaten Kommunikationsdiensten, die auf dem X.400-Standard basieren, aber auch mit Mehrwertdiensten wie "Geisco" und "MCI Mail"

Waren bisher die Teletex- und Faxgeräte in den Büros an einem zentralen Ort installiert und nicht unbedingt jedermann zugänglich, so lassen sich in einer integrierten Büroumgebung unter Einsatz von Schnittstellen und den entsprechenden PC-Karten die Dienste auf jedem Schreibtisch direkt installieren.

Die Office-Programme aller Hersteller bieten für Telekommunikationsanwendungen die entsprechende Aufbereitung der Texte, bevor diese über die jeweilige öffentliche Leitung ihren Empfänger erreichen. So werden beispielsweise Telexnachrichten umformatiert, damit keine Umlaute oder Sonderzeichen mehr auftauchen, weil diese international nicht genormt sind und von Telexmaschinen in anderen Ländern nicht gelesen werden können oder Störungen verursachen.

Bei Wang Office beispielsweise hat der Anwender die Möglichkeit, einen Text wie für die normale Briefpost zu erfassen,

kann aber dieses Dokument gleichzeitig auch über einen oder mehrere der öffentlichen Telekommunikationsdienste verschicken, ohne daß er sich um die jeweilige Formatierung kümmern muß. Diese Aufgabe erledigt das Programm automatisch, wenn der Befehl zum Versand gegeben wird.

Anders als bei der elektronischen Post können eingehende Nachrichten, gleichgültig ob Telex, Fax, Teletex oder Btx-Notiz, nicht direkt an das persönliche Postfach eines Anwenders geschickt werden. Sie gehen über die jeweilige Kommunikationsschnittstelle zunächst einmal an einem zentralen Server, wo sie das jeweilige Empfangssystem der Büroanwendung automatisch konvertiert, bevor der Server-Operator die Nachricht per Menü-Befehl an den endgültigen Adressaten weiterleitet.

Die Dezentralisierung der öffentlichen Kommunikationsdienste entlastet oder ersetzt in einigen Fällen sogar die traditionelle Telex- oder Faxzentrale. Gleichzeitig spart der einzelne Benutzer Zeit, weil er seine Nachrichten ohne Wartezeiten in die Arbeitsschlange zum öffentlichen Netz geben kann, wo sie vom Büroprogramm automatisch abgearbeitet werden.

Während in anderen europäischen Ländern Bildschirmtext längst zum Alltag gehört, tat sich die Telekom anfänglich schwer, den deutschen Anwender von Btx zu überzeugen. Hier hat sich allerdings in den letzten zwei Jahren ein Wandel vollzogen. Durch Diensteübergänge zum Telex- und Telefaxdienst ist Btx inzwischen auch für den kommerziellen Anwender zum interessanten, weil, vergleichsweise kostengünstigen, Kommunikationsdienst geworden. Rund 300 000 Teilnehmer kann der Postdienst inzwischen verbuchen - mit steigender Tendenz.

VAX-Btx ist modular aufgebaut

Im Rahmen von All-in-1, Phase-II, stellt DEC auch ein Btx-Lösung für die VAX-Umgebung, die mit dem Hamburger Btx-Spezialisten pdv Kommunikationssysteme GmbH realisiert wurde. Eingebunden in die Lösung für die Büroautomation, ermöglicht "VAX-Btx" allen Anwendern den Zugriff auf die unterschiedlichen Dienste von Btx. Die Kommunikation zwischen den Btx-Anwendungen und der Systemverwaltung erfolgt über eine Applikationsschnittstelle, die Prozeduraufrufe und Kommunikationsdaten überträgt sowie gleichzeitig einen Großteil der Btx-Anforderungen abwickelt.

Ausgerüstet ist die Btx-Lösung zusätzlich mit einer Reihe von fertigen Standardapplikationen wie Abrechnungswesen und Statistikprogrammen, einer Teilnehmer-, Anbieter- und Benutzergruppenverwaltung sowie einem individuellen Mitteilungsdienst. VAX-Btx ist modular aufgebaut und kann individuell auf die Bedürfnisse des Anwenders zugeschnitten werden. Für die Entwicklung neuer Btx-Anwendungen und deren Einbindung in das Gesamtsystem stehen zudem zahlreiche Entwicklungs-Tools zur Verfügung. Das System ermöglicht jedem Btx-Teilnehmer je nach Zugriffsberechtigung menügesteuert oder durch Seitendirektaufruf Zugang zu verschiedenen Funktionen wie Alphawahl, Seitenkurzwahlverzeichnis, Mitteilungsdienst oder Bedienhinweisen und Systemfunktionen.