ERP-Projekte: Viele Gründe für ein Scheitern

10.05.2007

Dass es auch anders geht, berichtet Marianne Schröder, IT-Managerin bei Heinrich Eibach aus Finnentrop. Dort musste nach der Insolvenz des ERP-Anbieters DTM eine neue Lösung gefunden werden. Die Wahl viel auf "Mysap ERP 2004" von SAP. Für die Einführung wurden Key-User-Teams gebildet, die auch mit Mitgliedern der Geschäftsleitung und der IT bestückt wurden. Laut Schröder hatten die zentralen Anwender genügend Zeit, um sich über Prozesse Gedanken zu machen und diese mit anderen Anwendern zu diskutieren. "Es gab einen Projekttag, an dem nur Prototypen für Materialwirtschaftsprozesse debattiert wurden, an einem anderen Tag ging es um Vertriebsabläufe." Dieses Ritual wurde mehrmals wiederholt.

Vor Endlosdebatten in Sachen Prozessdesign warnt indes Peter Bickel, Leiter IT bei Axima Suez in Köln. "Wer nach einem Tag noch keinen Entwurf für den Ablauf hat, dem bringt ein weiterer Tag auch nichts mehr." Ohnehin seien Prozessmodelle nicht in Stein gemeißelt. "Zum Zeitpunkt der Ausschreibung zum Softwareerwerb stimmen die Modelle schon nicht mehr, da sich Anforderungen ständig ändern." Axima Suez hatte eine R/2-Installation abgelöst und nutzt nun seit rund zwei Jahren SAP R/3. Hierzu mussten sich Bickel und sein Team mit den weltweiten Niederlassungen des Unternehmens abstimmen. Dies machte es dem IT-Manager erheblich schwerer, Veränderungen an den Prozessen durchzusetzen: "Plötzlich haben Sie Personen innerhalb des Konzerns gegen sich aufgebracht, die Sie anfangs nicht auf der Rechnung hatten." Dass sich selbst ein ganzer Standort gegen eine konzernweite ERP-Lösung sträuben kann, musste die Gleason Corporation feststellen, die hierzulande in Ludwigsburg und München vertreten ist. Da die Niederlassung in Rockford, Illinois, ihre besonderen Prozesse nicht abgedeckt sah, nutzt man dort noch Altsysteme. Zumindest die Finanz- und Controlling-Daten werden an die firmenweite ERP-Lösung übermittelt.

Regeln und Verfahren für erfolgreiche ERP-Rollouts gibt es viele. Dennoch endet so manches ERP-Projekt in einem Desaster. Technik, Kosten oder Zeitverzug sind nach Meinung von Michael Bartsch dabei nicht die vornehmlichen Gründe. "Projekte scheitern aus sozialen Gründen, wenn sich Leute nicht verstehen oder nicht mehr miteinander reden wollen." Bartsch ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Bartsch und Partner aus Karlsruhe und Experte für ERP-Verträge. Der Anwalt kennt auch schon so manchen Fall, in dem sich ERP-Kunde und Anbieter vor Gericht trafen, da das Projekt im Chaos endete. (fn)