ERP-Kunden halten Taschen geschlossen

19.04.2005
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Dazu setzt Wilken verstärkt auf seine Open-Source-Strategie. Dieses Thema werde in absehbarer Zeit grundsätzlich jede Form von Lizenzgebühren in Frage stellen, prognostiziert Lied. Der Kern des Rechnungswesens der Ulmer sei Open Source, Zusatzmodule für kleinere Nischen seien dagegen nur als kostenpflichtige Produkte erhältlich. Wilken beschränkt sich auf Buchhaltungsfunktionen. Kernprozesse wie beispielsweise das Beitrags-und Leistungswesen von Krankenkassen überlässt der ERP-Anbieter den Spezialisten.

Andere Anbieter wollen ihren Kunden dagegen einen Komplettservice anbieten. Psipenta profitiere dabei von der engen Kooperation mit den anderen Einheiten des PSI-Konzerns, erläutert Geschäftsführer Keseberg. Beispielsweise betreue das Segment BT ganze Prozessketten in der Stahlindustrie. Neben der Software biete Psipenta Projektbetreuung und eigene Dienstleistungen an. Damit könne der Softwarehersteller Keseberg zufolge flexibler mit den Kunden umgehen.

Chancen im ERP-Markt

Helmuth Gümbel, Analyst von Strategy Partners, geht davon aus, dass Modelle wie Application Hosting das ERP-Geschäft beleben könnten. "Der Erfolg von Salesforce.com lässt hoffen." Denkbar wäre beispielsweise, dass Hersteller ihre Produkte an die Plattform eines ASP-Anbieters anpassen. Erweiterungen und branchenspezifische Anpassungen könnten über Web-Services mit einem Standardkern verbunden werden. Entscheidend sei Gümbel zufolge jedoch, dass die so angebotene ERP-Lösung reibungslos funktioniere. Nur das interessiere die Kunden. "Wenn ich den Hahn aufdrehe und es kommt kein Wasser, will ich mir auch nicht den Kopf über Rohrquerschnitte der Leitungen zerbrechen." Auch Christian Glas von Pierre Audoin Consultants (PAC) rechnet künftig mit mehr Kooperationen. So könnten sich ERP-Anbieter mit weit reichendem Branchenwissen unter die Fittiche einer SAP oder Microsoft begeben. Von diesen könnten die Spezialisten Standardkomponenten wie Buchhaltungs- und Abrechnungsfunktionen beziehen, die im Grunde nichts mit der eigenen Branchenkompetenz zu tun haben. Das entlaste die kleineren Anbieter in der Entwicklung. Außerdem profitierten sie von der Vertriebs- und Marketing-Stärke der großen Partner. Diese wiederum könnten ihre Standardlösungen mit Branchen-Know-how aufwerten.

"70 Prozent der mittelständischen Kunden haben den Alles-aus-einer Hand-Anspruch", ergänzt Ralf Gärtner, Vorstand für Marketing und Vertrieb bei Soft M. Daher bleibe es die Strategie der Münchner, ihren Kunden neben der Software auch Services und Hardware zu liefern.