ERP-Einkauf: Das Pflichtenheft hat Recht

15.04.2008
Von Jürgen  Beckers

Die Tücken der Vertragsgestaltung

ERP-Anbieter trennen vertraglich häufig Lizenz, Softwarepflege, Beratung, Customization und Entwicklung. Das hat zur Folge, dass alle Vertragsteile ein eigenes rechtliches Schicksal haben und Fehlleistungen in einem Vertrag nicht notwendigerweise zum Rücktritt vom Gesamtvertragswerk berechtigen. Wenn zum Beispiel ein bestimmter Geschäftsprozess im System nicht so wie vorgegeben abgebildet werden kann, besteht bei dieser Vertragskonstellation die Gefahr, dass der Kunde zwar vom Vertrag über die Customization zurücktreten kann, nicht aber vom Lizenzvertrag. Will man alle Vertragsteile miteinander verbinden, empfiehlt es sich, einen einheitlichen Vertrag zur Einführung eines ERP-Systems zu schließen. Hierin können dann alle Leistungsteile vereint werden. Ist der Anbieter nicht bereit, sich auf eine Vertragseinheit aller Leistungsteile einzulassen, sollte diskutiert werden, inwieweit das daraus resultierende Risiko für den Auftraggeber durch entsprechende Preisnachlässe honoriert wird.

Die Eckpunkte des Vertrages

Neben der Umsetzung der Vorgaben aus dem Pflichtenheft und aus dem kaufmännischen Angebot des Anbieters sind folgende Punkte für die Vertragsgestaltung besonders wichtig:

  1. Verfahren zum Umgang mit Change Requests (Änderungsverlangen).

  2. Voraussetzungen und Folgen für einen Projektausstieg des Auftraggebers (zum Beispiel im Fall von Anforderungen, für diebei Auftragsvergabe noch unklar ist, ob sie sich so im System abbilden lassen, wie der Auftraggeber es wünscht).

  3. Verantwortlichkeiten für Projekt-Management und Überwachung der vertraglichen Vorgaben (einschließlich denen aus dem Pflichtenheft).

  4. Ansprechpartner und Zuständigkeiten.

  5. Beistellungs- und Mitwirkungspflichten des Auftraggebers.

  6. Zeitplan und dazugehörige Meilensteine.

  7. Abnahmekriterien und -verfahren.

  8. Beginn und Leistungsumfang der kostenpflichtigen Softwarepflege. Regelungen zu Kosten und Umfang der Pflege für individuelle Anpassungen.

  9. Service-Levels für die Softwarepflege und die Pflege individueller Anpassungen.

  10. Eventuelle Mindestlaufzeit der Softwarepflege einschließlich individueller Anpassungen sowie Kündigungsmöglichkeiten.

  11. Eskalationsverfahren für Streitpunkte während des Projekts.