ERP auf Linux hat gute Chancen

09.08.2005
Welche Erfahrungen der Softwareanbieter CSB mit dem erweiterten Plattformangebot machte.

Deutlich früher als die meisten Wettbewerber hat sich die CSB-System AG, Anbieter einer gleichnamigen branchenspezifischen ERP-Lösung aus Geilenkirchen, Linux zugewandt. Hausintern läuft das quelloffene Betriebssystem seit 1999 auf Servern und seit 2003 auch auf den Clients. Der Anlass zum Wechsel aus der Windows-Welt war die Virenanfälligkeit der Microsoft-Systeme.

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154091: ERP und CRM auf Linux-Basis;

*58797: Linux-Ausrichtung von ERP-Anbietern;

154093: Pro und kontra Open-Source-ERP;

*73132: Open-Source-CRM.

CSB-System AG

Gegründet: 1977 als CSB-System GmbH (1995 Gründung der AG);

Ort: Geilenkirchen bei Aachen;

Website: www.csb-system.de;

Umsatz 2004: 52,1 Millionen Euro;

Personal: 260 in Zentrale, 470 weltweit;

Präsenzen: auf allen Kontinenten, Anwendung in 25 Sprachen;

Branchenschwerpunkte: Nahrung und Genuss, Chemie und Farben, Pharma und Kosmetik, Handel und Logistik.

Es erwies sich als glücklicher Umstand, dass das CSB-System modular aufgebaut ist und mit eigenen Entwicklungswerkzeugen arbeitet. Dadurch war es möglich, so Firmenchef Peter Schimitzek, "mit sehr geringem Aufwand" die Betriebssystem-Basis um Linux zu erweitern. Allerdings dauerte es einige Wochen, bis die Mitarbeiter in der Kundenbetreuung die entsprechenden Systemkenntnisse besaßen.

Dann zeigte sich ein weiterer Vorteil der Migration. Hausintern wird auf Servern und Clients mit Linux gearbeitet. Pro Arbeitsplatz betragen die jährlichen Einsparungen gegenüber einer Microsoft-Umgebung rund 700 Euro. Die Differenz entsteht vor allen Dingen durch geringere Lizenz- und Administrationskosten, aber auch durch die längere Laufzeit der Hardware unter Linux.

Anwender wollen niedrigere Kosten und höhere Sicherheit

"Die Kunden erwarten von Linux eine enorme Kosteneinsparung sowie ein geschützteres und virensicheres ERP-System", fasst Schimitzek die Hoffnungen auf Anwenderseite zusammen. "Die permanenten Updates und Upgrades von Microsoft kosten die mittelständischen Unternehmer nicht nur viel Geld, sondern sind auch sehr zeitaufwändig." Und mit den eigenen Sparerfahrungen kann CSB gute Argumente beisteuern.

Das hat Folgen: Bei den Neuinstallationen zieht rund ein Drittel der Anwender Linux-Server vor, fünf Prozent verwenden auch Linux-Clients. Mehr als 50 Kunden betreiben das CSB-System inzwischen in reinen Linux-Umgebungen. Angesichts des beträchtlichen Kundenstamms sind das allerdings noch wenige, nämlich drei Prozent. Linux findet sich bei mehr als 50 Prozent seiner Anwender unter den CSB-Kunden in einer heterogenen Umgebung. Die genauen Zahlen sind nicht bekannt, denn bei CSB ist der Umstieg von Windows auf Linux nicht mit dem Erwerb einer neuen Lizenz verbunden.

In der Regel migrieren die Anwender nicht mit einem Big Bang auf Linux, sondern stufenweise. "Natürlich ist es sinnvoll, den Umstieg auf Linux Schritt für Schritt zu vollziehen", empfiehlt Schimitzek. "Dabei stellen die Anwender schnell die Vorzüge von Linux fest, so dass der komplette Umstieg auf Linux in der Regel forciert wird."

Inzwischen betrachtet CSB ein Linux-fähiges Angebot als unverzichtbar, so Schimitzek: "Die Anwender erwarten von ERP-Anbietern eine Möglichkeit, von dem Monopolisten Microsoft zumindest auf mittlere Sicht unabhängig zu werden." Dass ERP-Systeme geschäftskritische Anwendungen sind, spricht nicht mehr gegen Linux. Schimitzek: "Gerade aus diesem Grund hat sich Linux als Betriebssystem auf dem Server früh bewährt. Es hat gegenüber Microsoft-Produkten eine höhere Stabilität gezeigt."

Der CSB-Boss ist sich sicher, dass ERP auf Linux-Basis erst am Anfang einer unaufhaltsamen Entwicklung steht. "Der Trend wird sich noch verstärken, wenn die ersten Anzeichen einer Entmonopolisierung des Frontend-Marktes zu sehen sein werden."

Eine grundlegende Veränderung der Softwareindustrie im Gefolge von Linux erwartet Schimitzek nicht. Dass sich das lizenzbasierende Geschäft der Softwarehäuser auf ein an Service und Support orientiertes Geschäftsmodell verschieben könnte, hält er für unrealistisch: "Hochkomplexe Branchenlösungen müssen permanent und kundenspezifisch erweitert werden. Und diese spezifischen Anwendungen und Weiterentwicklungen müssen Update- und Upgrade-fähig sein. Ein umfassendes branchenspezifisches ERP-Komplettsystem wie CSB wäre als Open-Source-Produkt nicht finanzierbar." Aber gerade die Komplexität von ERP-Anwendungen und die Notwendigkeit, sie laufend an neue Anforderungen anzupassen, verlangten nach einem universellen Betriebssystem wie Linux.