"Susis" Bilder per MMS

Ermittler zerschlagen Pädophilenring

26.01.2009
"Susi" war anfangs nur eine Datei, gefunden auf dem Mobiltelefon eines Mannes aus Nordhessen. Hinter dem harmlosen Namen verbargen sich jedoch Fotos, die die Polizei auf den Plan riefen.

Gegen den Besitzer des Mobiltelefons wird wegen des Besitzes und auch der Verbreitung von Kinderpornografie ermittelt. Doch der 33-Jährige war erst der Anfang und führte Polizei und Staatsanwaltschaft zu 465 Verdächtigen in ganz Deutschland, deren Wohnungen in dieser Woche durchsucht wurden. Nach monatelangen Ermittlungen hat die Polizei jetzt erstmals einen Pädophilenring gesprengt, der Kinderpornografie über Mobiltelefone verbreitete.

Dass der junge Mann aus dem Schwalm-Eder-Kreis der Kopf einer ganzen Bande ist, glaubt selbst Klaus Quanz nicht. Der Kriminaloberkommissar hat die "Operation Susi" geleitet, die mit den Hunderten Durchsuchungen in 16 Bundesländern am Dienstag und Mittwoch ihren Abschluss fand. "Wir wissen jetzt noch nicht, ob die Verdächtigen stern- oder netzförmig miteinander kommunizierten, ob es also einen führenden Kopf gab oder nicht", sagte der Einsatzleiter. Klar war nur, dass der 33-Jährige in seinem Handy die Daten von 465 Männern und Frauen hatte, denen er Kinderpornos geschickt oder von ihnen erhalten hatte.

"Wir haben die Daten sehr akribisch ausgewertet und schnell erkannt, welchen Umfang die ganze Sache hat", sagt Achim Kaiser, der Chef der Kriminalpolizei in der Kreisstadt Homberg. Seit Sommer seien ständig vier Mitarbeiter an dem Fall gewesen, die zuerst die Mobilnummern geprüft und dann mit Daten der Meldeämter abgeglichen hätten. Der Verdacht erhärtete sich, dass die Verdächtigen per MMS, also Bildnachrichten auf Handys, Pornos mit Kindern hin- und herschickten.

Dann gingen die Aktenberge an die Kasseler Staatsanwaltschaft. "Dank der fantastischen Leistung der Polizei wurde es überhaupt erst möglich, für 465 Fälle einen Durchsuchungsbeschluss zu bekommen", sagt Oberstaatsanwalt Hans-Manfred Jung. "Jeder Verdächtige, jede Akte musste geprüft werden. Und wir mussten überall zugleich zuschlagen." Denn die Pädophilenszene sei gut vernetzt. "Dann kommen wir und finden Computer, dessen letzter Befehl gerade 'Datei löschen' war."

Doch die 1000 Polizisten, die am Dienstag und Mittwoch die fast 500 Wohnungen durchsuchten, wurden fündig: Mehr als 600 Mobiltelefone, 321 Computer, 2197 Festplatten, USB-Sticks und Speicherkarten und 16.282 CDs und DVDs wurden beschlagnahmt. Die Aktionen liefen 465 Mal nach dem selben Muster ab: "Wir klingeln, präsentieren den Durchsuchungsbeschluss und beschlagnahmen Computer und Speichermedien. Bei uns haben sich alle Verdächtigen kooperativ gezeigt", sagt Quanz. Dennoch habe es immer eine "Nachschau" gegeben, meistens über Stunden: "Selbst in einer Ein-Zimmer-Wohnung kann man eine kleine Speicherkarte überall verstecken. Ein Haus mit 200 Quadratmetern ist dann richtig kompliziert."

Die Masse der Datenträger müsse zwar noch ausgewertet werden, aber schon jetzt habe sich der Verdacht in vielen Fällen bestätigt. Der jüngste der Verdächtigen ist gerade 20, der älteste 83 Jahre alt. Auch etwa 20 Frauen sind unter den Ermittelten. Details will Quanz nicht nennen: "Die Verdächtigen haben viel auszuhalten, bei der Familie, bei Freunden und Nachbarn. Wenn wir einen Ort nennen und da wurde zufällig wegen Steuerhinterziehung durchsucht, wird der seines Lebens nicht mehr froh."

Verständnis können Täter von den Polizisten nicht erwarten. "Es sind nur Bilder. Doch Bilder müssen gemacht worden sein und dafür wurde ein Kind, wurden Hunderte Kinder misshandelt, gequält und dauerhaft an ihrer Seele verletzt", sagt ein Polizist. Wer solche Bilder hat, muss mit zwei Jahren Haft rechnen, bei Verbreitung können es sogar fünf sein. "Es sei denn, er hat Kinder gezielt für die Aufnahmen missbraucht", sagt Staatsanwalt Jung. "Dann spielen wir strafrechtlich in einer ganz anderen Liga." (dpa/tc)