Erfolgreich zur Windows-Migration

13.01.2011
2011 wird das Jahr der unternehmensweiten Wechsel von XP zu Windows 7. Was Sie dabei unbedingt beachten sollten, hat Sascha Häckel* in unserem Ratgeber für Sie zusammengestellt.

Nachdem Unternehmen den glücklosen XP-Nachfolger Windows Vista weitestgehend verschmäht haben, geraten sie langsam unter Druck. Für neue Hardware gibt es immer häufiger keine XP-Treiber mehr, und auch das Ende des offiziellen Supports für das heute mehr als neun Jahre alte Betriebssystem steht mit dem 8. April 2014 fest. Nachdem das Service Pack 1 für Windows 7 in Sicht ist, dürfte 2011 für viele Unternehmen das Jahr werden, in dem sie ihre Arbeitsplatz-PCs auf eine moderne Betriebssystem-Plattform stellen.

Um Ihnen zu helfen, die in Migrationsprojekten häufig vorkommenden Fehler zu vermeiden, haben wir die sieben wichtigsten Tipps für eine erfolgreiche Migration von Windows XP auf Windows 7 zusammengestellt. Grundlage dafür sind Erfahrungen, die in zahlreichen bereits abgeschlossenen Migrationsprojekten gesammelt wurden.

Migrationsstrategie wählen

Für den Übergang von XP auf Windows 7 gibt es verschiedene Strategien. Die problemloseste, aber auch mit Abstand teuerste Variante ist die Einführung von Windows 7 zusammen mit neuer Hardware - sprich mit neuen PCs. Der Vorteil: Alte und neue Rechner können im Notfall eine Zeitlang parallel betrieben werden, und die Client-Landschaft ist mit einem Schlag sowohl auf Hardware- als auch auf Softwareseite homogen, was auch im Helpdesk viel Arbeit spart.

Wer sich diese Investition nicht leisten kann oder will, hat alternativ die Möglichkeit, Windows 7 Schritt für Schritt einzuführen. Sollen bestehende Rechner auf Windows 7 migriert werden, empfiehlt sich eine Umstellung Schritt für Schritt auf Abteilungsebene mit dem Ziel, nach einigen Monaten das alte Betriebssystem komplett im Unternehmen abgelöst zu haben.

Ist auch das nicht möglich, gibt es noch die natürliche Migration, bei der neue PC-Hardware nur bei Bedarf beschafft und dann entsprechend mit Windows 7 ausgestattet wird. Auch wenn dies hinsichtlich der Investitionskosten die günstigste Variante ist, sind dabei unbedingt die entsprechend höheren Supportkosten zu bedenken, die eine parallele Unterstützung von zwei Betriebssystemen zwangsweise mit sich bringt.

Hard- und Software inventarisieren

Wer bestehende PCs auf Windows 7 migrieren will, muss zunächst prüfen, ob die Hardware für das neue Betriebssystem überhaupt leistungsstark genug ist. Hierzu stellt Microsoft für Einzelplatzrechner den "Windows 7 Upgrade Advisor" zur Verfügung. Komfortabler und schneller geht es bei vielen Rechnern mit einer automatischen Inventarisierung der Hardware etwa mit Hilfe der ebenfalls kostenlosen Software "Microsoft Assessment and Planning Toolkit".

Die Hardware-Inventarisierung sollte möglichst nicht über die Windows Management Instrumentation (WMI), sondern über einen dedizierten Agenten erfolgen. Der Grund: Die WMI-Implementierung von Windows XP ist recht fehlerbehaftet und liefert oft falsche Daten zurück. Ein Inventarisierungsagent muss dabei nicht zwangsweise fest auf den zu untersuchenden Rechnern installiert werden, sondern kann auch einmalig nach einem Rechnerstart laufen.

Im nächs- ten Schritt ist es notwendig, sämtliche im Unternehmen installierte Software zu inventarisieren. Denn Voraussetzung für die Migration eines Rechners von Windows XP auf Windows 7 ist eine Neuinstallation des Betriebssystems und aller Anwendungen. Microsoft selbst bietet kein kostenloses Tool zur Softwareinventarisierung an. Wer sich diese Arbeit einfach machen will, greift auch hier auf die Inventarisierungsfunktion entsprechender Client-Management-Systeme zurück.

Anwendungen testen und Abhängigkeiten prüfen

Im nächsten Schritt sollten Sie wissen, welche Software in Ihrem Unternehmen auf den Arbeitsplätzen läuft und welche auch zukünftig laufen soll. Dann können Sie mit den Tests dieser Anwendungen unter Windows 7 beginnen. Das ist der wohl wichtigste Teil eines Migrationsprojekts. Dabei sollten Sie auf keinen Fall den Fehler machen, diese Tests nur von Ihren IT-Administratoren vornehmen zu lassen. Die können zwar beurteilen, ob sich eine Anwendung unter Windows 7 problemlos starten lässt. Doch weiß nur derjenige Anwender, der täglich mit einem Programm arbeitet, ob auch wirklich alle benötigten Funktionen unter dem neuen Betriebssystem wunschgemäß laufen.

Je exotischer eine Software ist, desto wichtiger ist der ausgiebige Test durch die jeweiligen Benutzer. Selbst bei weitverbreiteter Standardsoftware wie Microsoft Office oder dem Adobe Reader sind solche Tests hilfreich - beispielsweise wenn bestimmte Abteilungen auf ein spezielles Makro oder Plug-in angewiesen sind.

Ebenfalls wichtig zu prüfen sind Abhängigkeiten bestimmter Programme untereinander. So bietet es sich zwar an, im Zuge einer OS-Migration alle Anwender auch auf die neueste Version des Adobe Reader zu aktualisieren. Doch wenn eine Anwendung dann eine bestimmte ältere Version voraussetzt, sind hier wieder Probleme absehbar. Am besten suchen Sie sich pro Fachbereich mindestens einen repräsentativen Poweruser mit einer komplexen Arbeitsplatzumgebung, der übergangsweise einen zweiten Rechner mit Windows 7 und allen seinen Anwendungen zum Test erhält.

Voraussetzungen auf Server-Seite schaffen

Eine Migration von XP auf Windows 7 wirkt sich nicht auf lokal installierte Anwendungen aus. So ist es beispielsweise erst mit den Gruppenrichtlinien des Windows Server 2008 möglich, die Windows-Firewall von Windows 7 richtig und umfassend zu administrieren. Daher empfehlen wir, vor einer Client-Migration auf Windows 7 zumindest alle Domänen-Controller mit dem Active Directory auf den Windows Server 2008 zu migrieren - was in den meisten Fällen bereits ein eigenes Projekt für sich darstellt. In der Praxis haben viele Unternehmen damit bereits begonnen und so die Voraussetzungen für die Einführung von Windows 7 geschaffen.

Benutzereinstellungen mitnehmen

Da die Migration von XP auf 7 eine Neuinstallation des Betriebssystems und aller Anwendungen erfordert, gehen dabei zwangsweise alle lokalen Einstellungen und Dateien verloren. Wenn Sie das vermeiden möchten, müssen Sie die Daten vor der Migration an einer zentralen Stelle sichern und nach der Installation eines neuen Rechners wieder zurückspielen. Hierfür bietet Microsoft mit dem "User State Migration Toolkit" ein kostenloses Werkzeug an, das allerdings nur umständlich über die Kommandozeile zu bedienen ist. Beim Umzug der Einstellungen sollten Sie daran denken, das Startmenü und die Desktop-Icons nicht mitzusichern. Da alle Anwendungen unter Windows 7 neu installiert werden, wären diese Einträge dann doppelt vorhanden und würden zum Teil ins Leere laufen.

Zudem sollten Sie darauf achten, ausreichend Ressourcen für die Sicherung der Nutzerdaten bereitzustellen. Verwenden Ihre User beispielsweise lokale Postfächer in Outlook oder sind große Dateien lokal gespeichert, kann allein die Sicherung dieser Daten das Netzwerk und die Speichersysteme stark belasten. Die Zeit für die Sicherung der Benutzerdaten kann man zwar im Voraus abschätzen, meist ist das aber zu aufwendig. Besser ist es, während der Migration genügend Puffer im Zeitfenster dafür einzuplanen. Bei der Übernahme der Benutzerdaten gilt dasselbe wie bei den Anwendungen: Vor der Migration intensiv testen!

Migrationswerkzeug auswählen

Theoretisch ist die Migration auf Windows 7 allein mit kostenlosen Bordmitteln von Microsoft möglich. In der Praxis werden jedoch nur solche Unternehmen ein Projekt mit diesen separaten, miteinander nicht integrierten Werkzeugen angehen, deren IT-Abteilung über zu viel Personal verfügt und mit Arbeit nicht ausgeleastet ist. Wer mit möglichst geringem personellem und zeitlichem Aufwand eine möglichst erfoglreiche Migration erreichen will, greift lieber auf ein Client-Management-System zurück, das auch die Migration auf Windows 7 unterstützt. Doch Vorsicht: Einige Systeme erlauben nur eine automatische Windows-7-Migration, wenn bereits das alte Windows XP und alle Anwendungen mit demselben Werkzeug installiert wurden. Zudem haben die Microsoft-Bordmittel und auch einige Tools von Drittherstellern den Nachteil, dass der Anwender das Betriebssystem mit Hilfe von Images selbst installieren muss. Flexibler und sauberer ist ein so genanntes Unattended Setup, bei dem die Installation automatisch, aber wie von Hand abläuft.

Helpdesk verstärken und Benutzer schulen

Für die Zeit während der Migration sowie mindestens zwei Monate nach deren Abschluss sollten Sie Ihren Helpdesk nach Möglichkeit mit zusätzlichem Personal verstärken. Denn oft scheint zunächst alles glatt gelaufen zu sein, und plötzlich treten - etwa zu einem Monatswechsel - an vielen Stellen massive Probleme auf. Um diese befriedigend zu lösen, braucht es dann unter Umständen mehr Mitarbeiter, als man gerade gut dafür abstellen kann.

Damit der Helpdesk weiter entlastet wird, bietet es sich zudem an, pro Abteilung ein oder zwei Poweruser im Voraus intensiver zu schulen. Diese können dann bei kleinen Problemen ihren Kollegen direkt helfen und so dem Helpdesk den Rücken für größere Fälle freihalten. Auch eine Schulung der Anwender im Vorfeld trägt dazu bei, die Akzeptanz zu erhöhen und die Zahl der Supportanfragen zu senken. (ue)

*Sascha Häckel ist Geschäftsführer der Aagon Consulting GmbH in Soest.