Konzeption einer integrierten Lösung

Erfassung und Verarbeitung von Personaldaten auf dem Host

11.10.1991

Personalzeit-Erfassungssysteme werden heute hauptsächlich als Investition in die Zukunft eingeführt. Dieser Trend verstärkt sich eher noch, da die Anforderungen an die Zeitabrechnung im Rahmen der Arbeitszeitverkürzung und -flexibilisierung steigen. Der folgende Artikel beschreibt die Voraussetzungen der Systemarchitektur und der einzelnen Komponenten für ein integriertes Personalzeit-Erfassungs- und -Abrechnungssystem auf dem Host.

Die gegenwärtige Arbeitszeitlandschaft in Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen ist in Bewegung geraten. Arbeitszeiten passen sich vermehrt den Anforderungen moderner, flexibler Produktionssysteme sowie persönlichen Zeitpräferenzen an. Herkömmliche mechanische Stechuhren und manuelle Zeiterfassungs-Systeme sind den komplexen Anforderungen der damit verbundenen Datenverwaltung nicht mehr gewachsen. Arbeitszeitverkürzungen, Gleitzeit-, Schicht- und Teilzeitmodelle, komplizierte Mehrarbeits-, Nachtarbeits- und Sonntagsarbeits-Regelungen, langfristige Zeitkonten und vieles mehr verlangen nach Instrumenten, die die Personalabteilung von aufwendigen, umfangreichen Rechenaufgaben und Stempelkarten-Auswertungen entlasten.

Daher planen immer mehr Betriebe die Einführung elektronischer Personalzeit-Erfassungs- und -Abrechnungssysteme. Viele RZ- und DV-Leiter stehen in diesem Zusammenhang, jedoch vor dem Problem, eine integrierte Lösung zu schaffen, die eine redundante Datenspeicherung und -pflege vermeidet sowie die vorhandene DV-Infrastruktur nutzt. Das bedeutet eine einheitliche Stammdatenpflege im übergeordneten Lohn- und Gehaltsabrechnungssystem sowie dezentral für die Mitarbeiter und Sachbearbeiter die Möglichkeit, auf Informationen zuzugreifen und Bewegungsdaten zu pflegen. Ferner ist eine Direktverbindung zwischen dem Zeit- und Personalwirtschaftssystem aufzubauen. Gleichzeitig sollte die funktionale Integration von Betriebs- und Maschinendatenerfassung ebenso berücksichtigt werden wie Zutrittskontrolle. Kantinen- oder Tankdatenerfassung.

Abbildung 1 auf Seite 78 zeigt schematisch eine mögliche Systemarchitektur für die Integration eines Zeiterfassungs-Systems und eines zentralen Personal-Abrechnungssystems auf dem Host.

Auf Terminalebene werden Kommt-, Geht-, Unterbrechungs- oder sonstige Zeitpunkte, etwa ein Kostenstellenwechsel, von einzelnen Mitarbeitern per Ausweis erfaßt und für die Datenübertragung zur nächst höheren Ebene in einem Datenpuffer bereitgestellt. Gleichzeitig steht eine Reihe von Informationen zur Verfügung, die jeder Mitarbeiter mit seinem Ausweis abrufen kann, beispielsweise Zeitsalden. In geringem Umfang sollten auf unterster Ebene auch Plausibilitätsprüfungen, etwa die Buchungsberechtigung, stattfinden. Dies kann anhand eines Stammsatzauszuges der Host-Ebene erfolgen.

Die Funktionen der Konzentratorebene beschränken sich im, wesentlichen auf das Zwischenspeichern und den Transfer der Daten zwischen Host und Erfassungsperipherie. Dazu sind Kommunikationsprogramme, Host-Schnittstellen und über eine Zeitautomatik gesteuerte Ablaufprozeduren zur Verfügung zustellen.

Die Aufgaben der Host-Ebene

Die Aufgabe der Host-Ebene ist es, die erfaßten Anwesenheitszeitpunkte von der Konzentratorebene zu übernehmen, sie für die Zeitermittlung aufzubereiten und nach fest hinterlegten Arbeitszeitmodellen und Personalstammdaten zu interpretieren. Die daraus entstehenden Zeitsalden beziehungsweise Lohnarten bilden die Grundlage für die Lohn- und Gehaltsabrechnung. Zudem sind Stammsatzinformationen und Zeitsalden zu selektieren, die via Down-load vom Host über den Konzentrator auf der Terminal-Ebene abrufbar sind.

Neben der reinen Verarbeitung von Ist-Anwesenheitszeiten zu Zeitkonten und Lohnarten sollte die Host-Ebene über Dialoganwendungen verfügen, die den Sachbearbeitern die tägliche Arbeit erleichtern. Diese können sich auf die Zeitdatenpflege (Zeiterfassung), Zeitkontenpflege (Zeitabrechnung), Lohnkontenpflege (Lohn- und Gehaltsabrechnung) oder auf die Bearbeitung der zentralen Personalstammdaten beziehen.

Ein wesentlicher Vorteil dieser Systemarchitektur besteht darin, daß für die Personalzeiterfassung und -verarbeitung keine zusätzlichen, vorgelagerten Zeitrechner mit eigenen Bildschirmen und Druckern sowie Personal für die Maintenance nötig sind. Neben einer verbesserten Wirtschaftlichkeit wird dadurch vor allein die Pflegeakzeptanz bei den Sachbearbeitern positiv beeinflußt.

Ferner ist die Pufferung von Daten auf drei Ebenen hervorzuheben. Sowohl auf der Terminal- als auch auf der Konzentrator- und Host-Ebene sind die erfaßten Zeitdaten zwischengespeichert und damit gesichert. Die Informationen werden erst gelöscht, wenn sie die darüberliegenden Schicht korrekt verarbeitet hat - so können keine Daten verlorengehen.

In Zusammenhang mit der Personalzeiterfassung und -verarbeitung wird oft die Forderung nach Online-Echtzeit-Betrieb gestellt. Dabei werden alle Zeitbuchungen sofort bei ihrer, Entstehung ins Zeit-Abrechnungssystem übertragen, die aktuellen Zeitsalden ermittelt und auf umgekehrtem Wege den Mitarbeitern sofort als Information am Terminal zur Verfügung gestellt. Betriebe investieren hier häufig sehr viel Geld für Leistungen, die organisatorisch kaum Vorteile bringen.

Folgende Gründe sprechen gegen solche Realtime-Lösungen bei der Personalzeiterfassung und -verarbeitung:

- Echtzeit-Lösungen belasten die Rechner sehr stark und erfordern dadurch eigene Computer nur für die Zeiterfassung. Das führt zu holten Investitionen und zu Akzeptanzproblemen bei den Sachbearbeitern.

- Die Antwortzeiten an den Zeiterfassungsgeräten steigen selbst bei leistungsstarken vorgelagerten Zeitrechnern merklich an. Bei Stoßzeiten, etwa bei Arbeitsende, könnte dies ebenfalls zu Akzeptanzproblemen bei den Mitarbeitern führen.

- Die Daten sind bei der Realtime-Verarbeitung nur so aktuell, wie die Datenpflege durch die Sachbearbeiter (Pflege vergessener Buchungen, Pflege von Fehlzeiten, Überstundengenehmigungen) dies zuläßt. In der Praxis erfolgt die Datenpflege bestenfalls tagesgenau.

- Realtime-Lösungen setzen eine ständige Verfügbarkeit des Rechners voraus. Fällt der Zeitcomputer aus, wird das Echtzeit-System zur Offline-Variante.

Zu einer wesentlichen Voraussetzung der vorgeschlagenen Systemarchitektur zählt die Speicherfähigkeit der Erfassungsgeräte. Jeder Kommt-, Geht- oder Unterbrechungszeitpunkt wird zunächst im Eingabeterminal gespeichert und erst gelöscht, wenn die Konzentratorebene den korrekten Empfang bestätigt.

Zusätzlich sind im Gerät eine Anzahl frei definierbarer Zeitkonten aus der Zeitabrechnung, etwa Gleitzeitsaldo, Resturlaub, Mehrarbeit, zu speichern.

Diese Konteninhalte basieren jeweils auf dein letzten Interpretationslauf der Zeitabrechnung und werden als Mini-Stammsatz im Erfassungsterminal automatisch nach jeder Terminal-Kommunikation aktualisiert. Die Zeiterfassungsgeräte befinden sich dadurch den größten Teil der Zeit im Offline-Modus und belasten weder den Host noch den Konzentrator. Dennoch sind alle Informationen abrufbar die den Mitarbeiter interessieren. Kurzfristige Störungen oder Unterbrechungen der Datenleitungen zwischen Terminal und Konzentrator beeinflussen somit die Zeiterfassung nicht. Das Antwortzeitverhalten für Kommt- und Geht-Meldungen oder Saldoabfragen ist von der Rechnerbelastung unabhängig.

Bei Stromausfall kann der Terminal-Betrieb über USV-Anlagen (unterbrechungsfreie, Stromversorgung) mehrere Stunden aufrechterhalten werden. Sollte die Stromversorgung am Terminal dennoch unterbrochen sein, muß eine eingebaute Batteriepufferung dafür sorgen, daß vorhandene Datenbestände über mehrere Tage unversehrt bleiben.

Die im Erfassungs-Terminal gespeicherten Zeitbuchungen werden von den Konzentratoren, etwa PCs, abgeholt und nochmals zwischengespeichert. Hierfür erfolgt der zeitgesteuerte Anstoß aus einer sogenannten Kommandodatei, die über Zeittabellen vom Anwender im Konzentrator definiert wird und dann stets in derselben Form abläuft. Dadurch arbeitet der Konzentrator vollkommen bedienerlos.

Zur Integration von Außenstellen und örtlich entfernten Werken sind Modems über serielle Schnittstellen an den Konzentrator anzuschließen. Die Abbildung 2 zeigt beispielhaft ein denkbares Anschlußkonzept. Zu bestimmten in der Kommandodatei frei definierbaren Zeitpunkten werden die Buchungen vom Konzentrator an den Host übergeben, der sie für die eigentliche Zeitabrechnung aufbereitet und für die einzelnen Sachbearbeiter am Host-Bildschirm zur Pflege bereitstellt.

Gleichzeitig gehört es zu den Aufgaben der Konzentratoren, Uhrzeit und Datum in den Erfassungsgeräten zu synchronisieren. Dies sollte mittels Download der Konzentrator-Systemzeit in die Zeiterfassungsgeräte geschehen. Die Systemzeit im Konzentrator kann durch eine eingebaute Funkuhr stets auf dem exakten Stand gehalten werden. Ebenso wie die Zeiterfassungsgeräte lassen sich auch die Konzentratoren mit USV-Anlagen gegen Stromausfall sichern.

Die Grundlage für die Lohn-, Gehalts- und Zeitabrechnung sowie für die Zeiterfassung bildet ein zentraler Personalstamm. Hier werden den einzelnen Mitarbeitern, neben einer Vielzahl weiterer Informationen, Arbeitszeitmodelle, Ausweise und Terminalberechtigungen zugeordnet.

Im Sinne eines integrierten Systems ist sicherzustellen, daß sowohl für die Zeiterfassung als auch für die Zeitabrechnung kein zusätzlicher Stammsatz zu führen ist, sondern daß der in der Lohn- und Gehaltsabrechnung verwendete Stammsatz direkt genutzt wird. Änderungen im Stamm des Lohn- und Gehaltssystems müssen automatisch Änderungen im Stamm des Zeitermittlungssystems auslösen. Nur dadurch läßt sich eine doppelte Pflege von Personalstammsätzen vermeiden.

Bei der Aufbereitung und Abrechnung der Anwesenheitszeiten werden jedoch immer wieder Fehler auftreten, die das System nicht automatisch interpretieren kann, etwa eine Kommt-Buchung mit fehlender Geht-Eingabe. Diese Unstimmigkeiten sind in eine Fehlerdatei zu übertragen, auf die der Sachbearbeiter dezentral über sein Host-Terminal zugreifen kann. Die einzelnen Fälle lassen sich so für jeden Mitarbeiter nachbearbeiten. Die Selektion der Mitarbeiter sollte wahlweise über Kartennummer oder über die Personalnummer in Verbindung mit der Firmen-, Abteilungs- und Kostenstellennummer möglich sein. Die korrigierten Buchungssätze werden im nächsten Abrechnungslauf berücksichtigt und aus der Fehlerdatei gelöscht. Nicht korrigierte Sätze bleiben so lange im Fehler-Pool, bis sie berichtigt sind.

Damit Meister und Vorgesetzte im Fertigungs- und Verwaltungsbereich täglich ihre Mitarbeiter disponieren können, sind im System Funktionen erforderlich, die die Soll-Anwesenheitszeiten den tatsächlichen Anwesenheiten gegenüberstellen. Damit ergibt sich die Möglichkeit, dezentral An- oder Abwesenheiten anzeigen zu lassen.

Um dies zu erreichen, besteht die Möglichkeit, die Zeitbuchungen zu bestimmten Uhrzeiten, zum Beispiel kurz nach, Schichtbeginn, automatisch aus den Terminals auszulesen und auf Konzentratorebene den Soll-Anwesenheitszeiten, die beim letzten Lauf der Zeitabrechnung selektiert wurden, gegenüberzustellen. Das Ergebnis ist auf den Host zu übertragen und wird dann via Dialog angezeigt. Die darzustellenden Sätze sollten sich dabei über unterschiedliche Organisationskriterien auswählen lassen, etwa nach Firma, Abteilung, Kostenstelle, Personal- oder Ausweisnummer.

Insellösungen sind heute nicht mehr gefragt. Elektronische Zeiterfassung macht erst dann einen Sinn, wenn von der Erfassung der Anwesenheitszeiten bis hin zur Lohn- und Gehaltsabrechnung ein durchgängiger Informationsfluß realisiert wird, der eine mehrfache Dateneingabe und -pflege vermeidet sowie vorhandene DV-Strukturen im Unternehmen optimal nutzt.

Auf dem Markt werden heute eine Vielzahl unterschiedlicher Personalzeit-Erfassungs- und -Abrechnungssysteme angeboten. Die wenigsten Anbieter verfügen jedoch über ein integriertes System im Sinne dieser Ausführungen. Der häufigste Nachteil besteht in der doppelten Stammsatzpflege. Personalstammdaten können zwar aus dem übergeordneten Lohn- und Gehaltssystem per Schnittstellenprogramm abgezogen und in das Zeiterfassungs- und -Abrechnungssystem übernommen werden, dennoch ist es notwendig, Daten, die ausschließlich die Zeiterfassung und -abrechnung betreffen, nachzupflegen. Dies führt zwangsläufig zu Mehraufwand und inkonsistenten Datenbeständen.

Zudem mangelt es meist an integrierten Host-Dialogen, die den Zeitbeauftragten bei seiner täglichen Arbeit sinnvoll unterstützen. Neben einer Reihe von Anzeige- und Informationsdialogen - Fehlzeitenstatistik, Zeitkonten, Stammsätze, Anwesenheitskontrolle - ist vor allem die dezentrale Korrektur fehlerhafter Buchungssätze und die Fehlzeiteneingabe wichtig. Jedes Personalzeit-Erfassungs- und -Abrechnungssystem lebt von der Qualität und Aktualität seiner Daten.