Wer den Kunden wirklich verstehen will, muss zu ihm gehen und mit ihm reden. Klaus-Peter Bruns setzte diese Maxime schon als Entwicklungsleiter um und besuchte seine Kunden, die Banken. Was damals noch Entrüstung hervorrief, ist heute bei der Fiducia IT, dem IT-Dienstleister für 850 Volks- und Raiffeisenbanken, selbstverständlich. "Auch die 38 Führungskräfte in der Entwicklung haben ganz gezielt Kontakt zu den Banken - natürlich themenbezogen und in Abstimmung mit Produkt-Management und Vertrieb. Nur so erfahren wir, wie das Arbeiten mit unseren Lösungen tatsächlich funktioniert", sagt der heutige Technikvorstand. Auch Experten für Oberflächengestaltung erführen in zweitägigen "Bankpraktika", wo es in der Praxis klemmt.

Zur Kundennähe gehören für den 39-Jährigen auch Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und Termintreue. Letztere erreicht er unter anderem durch eine stark normierte Softwareentwicklung. Im Java-basierenden Banking-Framework ist definiert, wie und wo modelliert und programmiert wird. "So ist beispielsweise vorgeschrieben, wie ein Push-Button auszusehen hat. Programmierer, die sich selbst verwirklichen und nur kreativ sein wollen, ohne an Praxistauglichkeit zu denken, sind in diesem System nicht gefragt", sagt Bruns.

Neben einer einheitlichen Arbeitsmethode setzt Bruns auf standardisierte Systeme. Seit 2003 führt die Fiducia vier bestehende Bankverfahren zu einem einzigen zusammen und nutzt die Konsolidierung, um alle Anwendungen auf mehr als 100 000 OS/2-basierten Clients durch Java- und Internet-orientierte Lösungen auszutauschen sowie - in Anlehnung an die SOA-Paradigmen - offene Schnittstellen bereitzustellen. Ein Großprojekt, durch das jährliche Einsparungen in Höhe von etwa 80 Millionen Euro erzielt werden. Für Bruns bedeutete es aber auch, nach mehreren Fusionen Personal abzubauen, Mitarbeiter zum Umzug zu bewegen und regionale Unterschiede zu berücksichtigen.

Heute ist das neue Bankverfahren " agree" etabliert. Mittlerweile seien alle stolz auf das neue Gesamtbankverfahren und darauf, die Architektur selbst geschaffen zu haben. Dem Technikvorstand ist es ein Anliegen, auch so komplexe Sachverhalte wie das neue Verfahren möglichst einfach zu halten: "Wenn ich einen Überblick über unser Bankverfahren geben will, darf ich keine 100 Seiten brauchen. Das geht kürzer." Mit dem Blick fürs Ganze gehe man ganz anders an seine Arbeit. Demnach müsse auch jeder Entwickler wissen, in welchem Kontext er sich bewegt. Bruns konzentriert sich schon auf die nächsten Schritte. Mit dem Vorhaben "Horizon" ist der Startschuss für die nächste Generation des Bankverfahrens gefallen.