Softwarehäuser und Berater sollen Kriterienkataloge erarbeiten:

Entscheidungshilfen für Standard-Anwendungspakete gesucht

24.08.1979

Der potentielle Markt für Standard-Anwendungspakete wächst ständig, trotzdem ergeben Marktanalysen, daß Standard-Software im allgemeinen und Standard-Anwendungspakete im besonderen nicht in entsprechender Anzahl eingesetzt werden. Wo liegen die Ursachen? Sind die Standard-Anwendungspakete so schlecht - oder fehlen Entscheidungshilfen für ihren Einsatz?

Zunächst sollte man nach einzelnen Anwendergruppen differenzieren. Eine einfache Einteilung läßt sich vornehmen in Anwender mit eigenen (großen) EDV-Organisationen/Abteilungen und solche, die eine Anlage ohne umfangreiches Fach-Personal betreiben (wollen). Eine Unterscheidung der Anwender von Groß-Anlagen und MDT oder Minicomputern wird bewußt vermieden, da eine Software-Entscheidung oft an die Hardware-Auswahl gebunden ist.

Anwender mit eigenem EDV-Fachpersonal sind sicherlich in der Lage, auf das spezielle Unternehmen genau abgestimmte Anwendungspakete zu entwickeln. Diese Software hat dann noch den Vorteil, daß Änderungen und Erweiterungen ohne rechtliche Probleme durchgeführt werden können. Kostengesichtspunkte stehen für solche Anwender bei einer Prüfung von Standard-Anwendungspaketen meist im Hintergrund, da die Fachpersonal-Kosten im Rahmen der allgemeinen EDV-Kosten betrachtet werden, obwohl auch hier die Wirtschaftlichkeit von Eigenentwicklung und Standard-Software in jedem Einzelfall exakt geprüft werden sollte.

Anders liegt der Fall bei Anwendern, die nicht über ausreichendes und qualifiziertes EDV-Personal verfügen. Solche Anwender greifen gerne auf Standard-Anwendungspakete zurück, wenn geeignete Software auf dem Markt angeboten wird. Hier entsteht aber bereits ein großes Problem.

Diese Anwender sind häufig nicht in der Lage zu beurteilen, ob "geeignete Software" für ein entsprechendes Anwendungsgebiet angeboten wird beziehungsweise wie aus einem umfangreichen Angebot ein passendes Paket ausgewählt werden soll.

Standard-Anwendungspakete bedürfen in der Regel einer erheblichen. Anpassung an diejenige Organisation, für; die sie eingesetzt werden soll. Angebotene Software muß also nach unterschiedlichen Kriterien geprüft werden, wie:

- Funktionsumfang des Standard-Anwendungspaketes

- Prüfung der Anpaßbarkeit an die eigene Organisation (und Übertragbarkeit auf die eigene Anlage)

- Kompatibilität mit eigener (vorhandener) Software und mit anderen Anwendungspaketen

- Durchführbarkeit der Wartung

- Preis-/Leistungsverhältnis.

Hier steht ein Anwender vor der Schwierigkeit, Leistung möglichst objektiv messen und bewerten zu müssen, was er aufgrund seiner quantitativen wie qualitativen Personalsituation oft alleine nicht kann.

Um dieses Problem zu lösen, werden von vielen Unternehmen nicht nur für die Einführung der EDV, sondern auch für die Leistungsmessung von Anwendungspaketen (unter Berücksichtigung der Einfassung in die Gesamt-Organisation) unabhängige Berater eingesetzt. Ein solcher Berater muß neben der softwaretechnischen Beurteilung der Standard-Pakete die gesamte Organisation des Unternehmens betrachten, damit er die Einbettungsmöglichkeit des Produktes beurteilen kann.

Er wird Leistungskriterien aufstellen, die meßbare und vergleichbare Daten liefern.

Die Erfahrung zeigt daß Software-Produkte, deren Leistungen meßbar sind, wie zum Beispiel allgemeine Dienstprogramme, wesentlich weiter verbreitet sind als die oben betrachteten Standard-Anwendungspakete.

Hier wird es notwendig sein, daß Softwarehäuser und unabhängige Beratungsunternehmen Kriterienkataloge zur Beurteilung solcher Produkte erarbeiten, die nicht nur eine isolierte Betrachtung eines Produktes, sondern deren Leistungsmessung innerhalb der Organisation, in der es eingesetzt werden soll, zulassen.

* Gerd Quiel ist Berater im Bereich ADV der Klein & Kuhns GmbH Unternehmensberatung in Köln