Anlegerschutzprozess

Entscheidung im Telekom-Prozess erwartet - Sicher nach Karlsruhe

13.05.2012
Rund vier Jahre nach Beginn des großen Anlegerschutzprozesses gegen die Deutsche Telekom AG zeichnet sich beim Oberlandesgericht Frankfurt eine erste Entscheidung ab.
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Am kommenden Mittwoch (16.5.) will das Gericht verkünden, wie es den angegriffenen Börsenprospekt bewertet oder ob es weitere Beweise benötigt. Die Klägeranwälte haben in dem Musterverfahren für rund 17 000 Kleinanleger keine weiteren Beweisthemen mehr eingeführt, sagte der Musterkläger-Vertreter Andreas Tilp der Nachrichtenagentur dpa. Es sei aber durchaus möglich, dass das Gericht von sich aus noch weiteren Aufklärungsbedarf sieht.

Falls es zum erwarteten Musterentscheid kommen sollte, bedeutet dies keineswegs das Ende des in Deutschland beispiellosen Rechtsstreites. Sowohl der Musterkläger als auch die Deutsche Telekom haben mehrfach klargemacht, dass sie im Falle einer Niederlage zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe ziehen werden. "Das OLG ist nur eine Durchgangsstation. Erst der BGH wird die Sache richten", sagte Tilp. Das sei in Anlegerschutzprozessen der Normalfall.

Die ersten, auf Schadensersatz gerichteten Klagen gegen den sogenannten dritten Börsengang der Telekom im Jahr 2000 stammen aus dem Jahr 2001. Damals waren die vermeintlichen Volksaktien zum Stückpreis von 63,50 Euro unter die Leute gebracht worden. Insgesamt verlangen die Kläger in dem Verfahren zusammen rund 80 Millionen Euro Schadenersatz für erlittene Kursverluste mit der Begründung, dass der Börsenprospekt fehlerhaft gewesen sei. Die Telekom hat stets die Rechtmäßigkeit ihrer Angaben betont.

Zwischenzeitlich drohte die erste Instanz, das Landgericht Frankfurt, unter der Flut der Aktionärsklagen unterzugehen. Aus Anlass des Telekom-Prozesses wurde ein neues Gesetz geschaffen, das Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG), mit dessen Hilfe die entscheidenden Rechtsfragen anhand einer Musterklage gleich der zweiten Instanz vorgelegt werden können, in diesem Fall dem OLG. Der Landgerichtsprozess aus dem Jahr 2004 liegt seitdem auf Eis.

Bislang hat der 23. OLG-Zivilsenat 17 Mal getagt und hat zahlreiche Zeugen mit dem früheren Telekom-Chef Ron Sommer an der Spitze vernommen. Noch unter dem inzwischen pensionierten Vorsitzenden Christian Dittrich reiste das Gericht in die USA, um dort Zeugen zu vernehmen. Seine Nachfolgerin Birgitta Schier-Ammann hat das Verfahren im Jahr 2010 übernommen und teilt nach eigener Aussage viele Einschätzungen Dittrichs, der sich meist skeptisch gegenüber dem klagenden Kleinanlegern geäußert hatte.

Am vorläufig letzten Verhandlungstag hatte Schier-Ammann unvorsichtige Anleger kritisiert, die sich zu sehr auf die TV-Werbung mit dem Schauspieler Manfred Krug verlassen hätten. Sie hätten sich von Experten beraten lassen müssen, wenn sie den 263 Seiten starken Börsenverkaufsprospekt nicht verstehen könnten. Doch auch mit dem erwartbaren Erfahrungshorizont von Kleinanlegern muss sich voraussichtlich der BGH befassen. (dpa/ad)