"Da frohlockt die Bottom Line!"

Englisch für Angeber

11.02.2010
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Auf internationalen Konferenzen tun sich Deutsche oft schwer

Viele Firmen geben sich unter Verweis auf die Globalisierung einen internationalen Anstrich und lassen ihre Belegschaft englisch radebrechen. Dass es nur den wenigsten gelingt, sich aus Sicht muttersprachlicher Gesprächspartner angemessen auszudrücken, scheint geflissentlich ignoriert zu werden. Spätestens beim Kontakt mit Menschen aus London, Dublin oder New York zeigt sich das ganze Übel: "Wird auf Konferenzen englisch gesprochen und sind Muttersprachler dabei", sagt Klatte, "übernehmen sie das Kommando, weil die Deutschen nicht auf Augenhöhe sind. Das kann empfindliche Nachteile fürs Geschäft nach sich ziehen." Nicht auszudenken, man würde seinen englischen Geschäftspartner so um die Vertragsunterschrift bitten: "Sign on the Backside please." Auf dem Allerwertesten hat eine Signatur nichts zu suchen.

Lebenslauf und Vorstellungsgespräch in Englisch

Brigitte Hirl-Höfer, Microsoft: 'Jeder Mitarbeiter muss gutes Englisch sprechen.'
Brigitte Hirl-Höfer, Microsoft: 'Jeder Mitarbeiter muss gutes Englisch sprechen.'

Das Denglisch-Unwesen kann IT-Firmen nicht einerlei sein. "In Einstellungsgesprächen", sagt IBM-Sprecherin Cornelia Reichenberger, "stellt sich heraus, ob jemand korrektes Englisch spricht oder nicht." Denselben Weg, um fremdsprachlich sattelfeste von denglisch palavernden Mitarbeitern zu trennen, wählt auch Microsoft. Jeder Mitarbeiter müsse "gutes Englisch" sprechen, so Personalleiterin Brigitte Hirl-Höfer. Wer für internationale Rollen vorgesehen sei, habe meist nichtdeutsche Vorgesetzte und müsse daher viel Englisch reden. "In solchen Fällen findet auch das Interview in Englisch statt."

Dass IT-Firmen beim Recruiting rigide die Spreu vom Weizen trennen, beobachtet auch Julian Simons, Karrierecoach bei Jobtalk; zum Teil sogar schon vor dem Vorstellungsgespräch oder Assessment Center: "Immer öfter verlangen Arbeitgeber einen Lebenslauf in Englisch." Manchem Bewerber drohe eine böse Überraschung. Wie einer Absolventin, die sich bei der Daimler-Gruppe beworben hatte. Ohne Vorwarnung führten die Personaler das Gespräch auf Englisch. "Schließlich hatte die Kandidatin im Lebenslauf angegeben, dass sie die Sprache beherrscht", erläutert Simons. Doch sie versagte, der Job war futsch.

Fremdsprachlich dilettiert wird bis in höchste Management-Positionen. So testet Simons potenzielle Führungskräfte - mit bescheidenem Ergebnis: "Viele fachlich kompetente Personen scheitern schon an einfachen Fragen."