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Thema des Tages

Endgültiges Aus für NT auf Alpha-Rechnern?

27.08.1999
Thema des Tages

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Das Microsoft-Betriebssystem Windows NT wird künftig nicht mehr auf Alpha-Rechnern von Compaq laufen. In einem Brief an die Kunden strafte Enrico Pesatori, Compaqs Senior Vice President für das Enterprise-Computing, sämtliche Beteuerungen vom Wochenanfang Lügen, daß zumindest die 64-Bit-Version von Windows 2000 in Zukunft auf Alpha portiert wird. Da traf es sich gut, daß auch die Gates-Company zeitgleich eine Meldung auf die Website stellte, daß alle Alpha-Projekte im eigenen Haus gestoppt werden. Das Ende des 1995 begonnenen Flirts zwischen dem Risc-Prozessor und dem Betriebssystem kommt mit dem Service-Pack 6 für NT im vierten Quartal dieses Jahres.

Beide Unternehmen haben sich im NT-Bereich scheinbar auf die neue Intel-basierte Vier- und Acht-Wege-Plattform „Proliant“ eingeschossen, die in Kürze auf den Markt kommen soll. Um die Anwender nicht im Regen stehen zu lassen, hat Compaq gleich seine neue Migrationsstrategie vorgestellt. Kunden könnten sich demnach für eine Richtung entscheiden: Entweder wählen sie NT auf Intel, oder sie nehmen Linux, True64-Unix und Open-VMS auf Alpha-Servern. Der Support für Alpha-NT soll noch bis in das erste Quartal 2001 fortgesetzt werden. Nach Aussage von Pesatori sind die Umstiegsprogramme „attraktiv“, genaue Einzelheiten stehen jedoch noch nicht fest.

Die Entscheidung sei nicht als Anzeichen dafür zu verstehen, daß Compaq der Alpha-Plattform komplett den Rücken kehre, beteuerte das Unternehmen. Erst kürzlich hätte schließlich das Top-Management der Texaner entschieden, mehr als 100 Millionen Dollar in die Marktpositionierung der Risc-Chips zu investieren. Zumal wachse das Interesse an Linux-basierten Computern auf Grundlage der Alpha-Architektur. Der Compaq-Analyst Terry Shannon kann dem nur zustimmen: „Compaq hat sich die Kennzahlen angesehen und eine Entscheidung getroffen.“ Angesichts der Tatsache, daß nur zwei Prozent aller Alpha-Rechner mit dem Microsoft-Betriebssystem ausgeliefert werden, sei die Trennung keine große Überraschung gewesen.

Ausgelöst worden war die Debatte Anfang der Woche, als Compaq rund 100 Entwickler im US-Bundesstaat Washington auf die Straße setzte. Sie waren mit der Portierung von NT auf Alpha beschäftigt. Insgesamt sollen etwa 8000 Mitarbeiter des texanischen Computerbauers entlassen werden, um das Unternehmen finanziell wieder auf geraden Kurs zu bringen. Einen weiteren Schritt in diese Richtung hat Compaq jetzt in Singapur getan: Im südostasiatischen Stadtstaat werden bis zum März des nächsten Jahres 1600 Angestellte von den Lohnlisten gestrichen. Man wolle die eigene Lieferkette verkürzen und künftig verstärkt bei Zulieferern einkaufen, so ein Sprecher. Einsparungen hätten dabei nicht im Vordergrund gestanden.