Emug stellt Release 1993 der MAP/TOP-Spezifikationen vor Die Einbindung von Ethernet beschert MAP den Aufschwung Von CW-Mitarbeiter Stefan Ueberhorst

26.11.1993

PARIS - Die bereits 1992 in MAP/TOP 3.0 (Manufacturing Automation Protocol/Technical and Office Protocol) aufgenommenen Erweiterungen sind nun in einem "Release 1993" schriftlich fixiert. Ziel des kuerzlich in Paris veranstalteten Emug-Seminars (European MAP User Group) war es, die neuen Empfehlungen unter dem Arbeitstitel "Offene Systeme in der Fertigung und Automatisierung" nochmals zu verdeutlichen.

Eine der wesentlichen Voraussetzungen fuer die heutige Akzeptanz von MAP/TOP gerade bei europaeischen Anwendern war die Aufnahme von IEEE 802.3 Ethernet als zusaetzliche Verkabelungsoption im Maerz vergangenen Jahres.

Die Erweiterung in Version 3.0 war deshalb notwendig, weil die meisten Netztopologien in Europa sowohl in der Buerokommunikation als auch bei der Fertigungsautomatisierung auf Ethernet basieren. Zuvor wurde in MAP lediglich der 802.4-Token-Bus fuer Breitband und Carrier-Band spezifiziert.

Die mit der Formulierung von Ethernet gestiegene Vernetzungsflexibilitaet versprach eine Kosten- und Leistungsoptimierung bei der Fertigungsautomatisierung und hat inzwischen zu einem Aufschwung von MAP gefuehrt. Siemens beispielsweise realisierte 1992 mit dem Kommunikationsprozessor "CP 1473" fuer das Steuerungssystem Simatic seine ersten grossen MAP-Projekte; parallel dazu lieferten Hardwarehersteller wie DEC, HP, IBM und Tandem MAP-kompatible Rechnersoftware aus, so dass die MAP-konforme Verbindung zwischen Computer und Steuerung via Ethernet gesichert war. MAP-Konformitaet ist dabei als ein Profil zu verstehen, das innerhalb der sieben ISO/OSI-Schichten auf Normen verweist, die dem internationalen MAP-Gremium sinnvoll fuer die Fertigungsautomatisierung erscheinen. Mit der Integration dieser genormten Schnittstellen sollen urspruenglich proprietaere Kommunikationsinseln fuer den unternehmensweiten Datenfluss in vertikaler Richtung geoeffnet werden. Fuer die Kommunikation zwischen Rechner und Prozessebene im Fertigungsbereich steht dabei MAP mit seiner objektorientierten Applikationssprache MMS (Manufacturing Message Specification); die Konstruktion und Buerokommunikation deckt TOP unter anderem mit dem Message Handling System (MHS) nach dem X.400-Standard ab.

Dabei nutzt MAP/TOP die Luecken beispielsweise von TCP/IP, das sich zwar als Protokoll im Bereich der Rechnerkommunikation auf horizontaler Ebene durchgesetzt hat, in vertikaler Richtung zur Prozesssteuerung jedoch Schwaechen aufweist.

Trotz der Erschliessung von Ethernet im vergangenen Jahr dauerte es noch einige Zeit, bis die Verbindung zwischen PC und Prozessebene auf der Grundlage von MAP moeglich wurde, da entsprechende Anschaltungsprodukte erst allmaehlich verfuegbar wurden. Inzwischen werden Netzkarten angeboten, die unter DOS, Windows und Unix fuer MAP auf Ethernet ausgelegt sind: AEG beispielsweise liefert die Computrol-Karte "LP 40", Siemens die "MAP-NET 1413".

Damit ist die MAP-konforme Kommunikation der Hardware ueber die gesamte Fertigungshierarchie gewaehrleistet - seitens der Anwendungssoftware gibt es allerdings noch Nachholbedarf: Die in MAP verwendete Applikationssprache MMS laesst sich zwar als einheitliche Schnittstelle in Form einer C- oder C++-Library durchgaengig vom PC bis hin zum Prozessrechner verwenden, eine Spezifikation der Anwendungs-Schnittstelle steht aber noch aus. Vorschlaege dazu, mit denen sich unter anderem auch Siemens an Normungsgremien wie Posix und an diverse Softwarehaeuser gewandt hat, stiessen bislang auf wenig Interesse.

Mini-MAP spielt in Europa keine Rolle

Als Konsequenz werden deshalb Produkte mit herstellerspezifischen Schnittstellen angeboten wie der "Sinec TF/DDE-Manager", eine Softwareloesung, bei der MMS und die Dynamic-Data-Exchange- Funktionalitaet (DDE) von Windows verknuepft werden.

Ein anderes Thema, das in MAP 3.0 Release 1993 endlich aufgenommen wurde - wenn auch nur der Vollstaendigkeit halber -, ist die Formulierung des bis dahin vernachlaessigten Bereichs "Mini-MAP". Diese von den Japanern als "Fais" implementierte MAP-Variante beschraenkt sich auf nur drei Schichten des OSI-Modells. In den westlichen Industrielaendern faellt ihr keine bedeutende Rolle zu, da Mini-MAP beispielsweise in Europa mittlerweile komplett durch die Technik des Feld-Busses ersetzt wird.

Branchenkenner rechnen damit, dass in einer kuenftigen MAP- Ueberarbeitung dieses Thema wieder aus dem Papier gestrichen und statt dessen eine Referenzierung des Feld-Busses aufgenommen wird. Ob sich dabei internationale Standards oder der in Europa favorisierte Profi-Bus durchsetzen werden, ist derzeit voellig offen.

Eine Schwachstelle in MAP stellt noch das Netzwerk-Management dar. Zwar ging CMIP (Common MAP Interchange Protocol) als Norm fuer ein ISO-spezifisches Netzwerk-Management in MAP 3.0 ein, allerdings konkurriert diese Empfehlung mit dem inzwischen verbreitet eingesetzten SNMP. Bridges, Router und Ethernet-Hubs werden heute praktisch alle ueber SNMP verwaltet, weshalb Netzwerkhersteller CMIP nur zoegerlich unterstuetzen. Mittelfristig sehen MAP- Spezialisten jedoch eine Chance fuer CMIP im Bereich des Managements von Anschaltungsbaugruppen. Sofern es sich nicht um TCP/IP-Baugruppen handelt, zeigt SNMP hier seine Maengel.