Elektroingenieur schuf "gläsernes Lager" für 250 Betriebe:EDV ließ 4,5 Millionen in den Kassen klingeln

26.10.1984

HAMBURG (CW) - Weniger Probleme mit Ladenhütern und unwirtschaftlichen Warenbeständen haben 250 in der ganzen Bundesrepublik verstreute Handwerksbetriebe. die sich einem computergesteuerten Lagerbereinigungssystem anschlossen. Mit Hilfe dieser Einrichtung verkaufen die Unternehmen nicht mehr gängige Ersatzteile sowie Zubehör untereinander und sparten so bisher bereits Lagerkosten in Höhe von 4,5 Millionen Mark.

Initiator und Leiter dieses Systems ist der 35jährige Elektroingenieur und Handwerker Wolfgang Kessler aus Husum der für seine Verdienste kürzlich mit dem Deutschen Handwerkerpreis ausgezeichnet wurde. Das von ihm "ins Leben gerufene" Lagerbereinigungssystem erfaßt die älteren Lagerbestände der 250 Betriebe mit Hilfe eines Datenbanksystems, nach Teilenummer, Menge Verkaufsrabatt und Hersteller.

Zweimal jährlich verschickt Kessler dann an seine Kooperationspartner eine mikroverfilmte Abverkaufsliste für eine Gebühr von knapp 120 Mark, die auch Name, Anschrift und Telefonnummer des Anbieters enthält. Ein einfaches Etikettensystem stellt eine aktuelle Bestandsfortschreibung und Erfolgskontrolle sicher.

Der Hauptvorteil des "gläsernen Lager" aus Husum muß darin gesehen werden, daß über die Abverkaufsliste schon 45 000 Artikel verkauft und dadurch 4,5 Millionen Mark eingespart werden konnten. Außerdem steht jetzt das benötigte Ersatzteil schneller zur Verfügung und wird bei den angeschlossenen Kollegenbetrieben preiswerter erworben als bei Großhändlern oder beim Werk. Auf diese Art und Weise läßt sich auch der Kundendienst entscheidend verbessern.

Das von Kessler entwickelte Verfahren zur kostengünstigen Ersatzteilbeschaffung ist in fast allen Branchen des Handwerks anwendbar. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, es problemlos auf Unternehmen in den Bereichen Radio- und Fernsehtechnik, Klimatechnik sowie Heizungsbau, Lüftung und Sanitär zu übertragen. Dazu Wolfgang Kessler: "Zur Zeit finden Gespräche mit dem Elektrohandwerk und Sanitärbetrieben statt, um das System auszudehnen". Auf Bundesebene läuft das Projekt "Gläsernes Lager" seit Anfang 1983. Bis das Programm einwandfrei funktioniert und bis man mit mehreren Leuten auch zu Stoßzeiten habe "kräftig" arbeiten können, sei rund ein Jahr vergangen. So müßten, laut Kessler unter anderem die Zugriffszeiten minimiert werden, denn "wenn man bei insgesamt 94 000 Datensätzen 10 Sekunden benötigt, um zwecks Pflege einer Position auf den letzten Teil der Indexdatei zuzugreifen, dann dauert das einfach zu lange".