Tandem realisiert weltweite Kommunikation mit Knotenrechner und Gateways zu IBM:\

Electronic Mail und Datenbank im Netzverbund

11.02.1983

FRANKFURT (pi) - Bei den Bemühungen, verschiedene Informationsmedien und -methoden miteinander zu verbinden, treten Schwierigkeiten auf, die in der Regel dadurch entstehen, daß man "zu viel auf einmal" realisieren will. Während aber die Masse der DV-Anwender noch vor der Komplexität der Netzwerkproblematik zurückschreckt, andererseits ein Großteil der DV-Anbieter noch technologisch "im dunkeln tappt", hat der Frankfurter Minicomputeranbieter Tandem zunächst eine Lösung im eigenen Haus verwirklicht.

Vom potentiellen Anwender aus gesehen, stellt sich meist die Frage, entweder frühzeitig in die Netzwerkproblematik einzusteigen und technische Mängel oder Ungereimtheiten mit möglicherweise weitreichenden Folgen für den Betriebsablauf in Kauf zu nehmen oder beim Warten auf die technische Entwicklung innovative Rationalisierungsmöglichkeiten zu versäumen. Ein dritter Weg besteht darin, das derzeit Machbare mit dem Pflichtenheft zu vergleichen und bei positivem Ergebnis eine solche Lösung, "die auf dem Teppich bleibt zu realisieren.

Integrationsfeld lokalisieren

Ein Anwendungsbeispiel dafür ist die organisatorische und technische Verbindung von innerbetrieblicher Nachrichtenübermittlung und Datenverarbeitung. Verwirklicht wird sie inzwischen von der Tandem-Gruppe, die an mehreren Orten in den USA und in einem Werk in der Bundesrepublik produziert. Alle Produktions- und Vertriebsstätten sind weltweit durch Stand- oder Wählleitungen, wo vorhanden unter Einbeziehung von Paketvermittlung, miteinander verbunden. An den meisten Stellen befinden sich Knotenrechner, die sowohl lokale Daten, organisiert in einem Datenbanksystem, verarbeiten wie auch die Fernübertragung zu allen anderen Rechnern des Systems und zu bestimmten, als "global" deklarierten Daten aufrechterhalten. Globale Daten sind weltweit untereinander zugänglich, werden aber zum größten Teil zwar zentral aktualisiert, aber lokal resident geführt. Alle internen Nachrichten, Memoranden oder sonstige Arbeitsunterlagen werden über dieselben Terminals, Knotenrechner und Leitungen ausgetauscht, ferner gespeichert und automatisch gemeldet - Electronic Mail also. Hier setzt ein entscheidender Integrationsfaktor ein, der ebenso vor organisatorischem wie programmtechnischem Hintergrund zu sehen ist: Lokale Daten, die nicht dem weltweit datentechnisch geregelten Zugriff unterworfen sind, können in der Kommunikation von Kollege zu Kollege angefordert und genehmigt werden. Die datentechnischen Abrufe, Übermittlungen oder Ausgabeformatierungen sind dabei vollständig in das Benutzungsprogramm der Electronic Mail eingegliedert. Es existieren Protokolle für den Austausch von Programmen und Daten mit IBM-Rechnern, Schnittstellen zu öffentlichen Diensten, Gateways zu anderen Rechnern: 3270/3271, 2780/3780, HASP/RJE, SWIFT, X.25/Datex-P, SNA und Hyperlink.

Begreiflicherweise entsteht bei derartiger Arbeitsweise, die den ganzen Unternehmensablauf auf der Schnelligkeit der weiträumigen Daten- und Nachrichtenübermittlung fußen läßt, eine starke Abhängigkeit von der Verfügbarkeit des Systems. Der Anwender ist hier jedoch zugleich Hersteller ausfallgeschützter Computersysteme und verwendet sie an allen Knoten des Netzes. Die Organisation ist trotz ihrer weltweiten Verbreitung durchaus unter den Unternehmen mittlerer Größe einzuordnen, denn der Umsatz liegt noch deutlich unter einer Milliarde Mark. Insofern finden die Ziele der Installation viele Parallelen zum Beispiel in deutschen Maschinenbauunternehmen, Von denen viele Verkaufsniederlassungen, Lager und gelegentlich auch Produktionsstätten in anderen Ländern und Kontinenten besitzen.

EDV-technisch gibt es verschiedene Gesichtspunkte bei der Betrachtung dieser Installation:

1. Integration von formatfreien Daten in Form von textlichen Mitteilungen und von formatierten "klassischen" Daten aus Datenbank und Verarbeitungsprogrammen.

2. Zugriff im Rahmen der internen Berechtigungscodes zu jedem der weltweit installierten Rechner.

3. Einbeziehung von IBM- und anderen Rechnern in die Transaktionsverarbeitung der ausfallgeschützten Mehrprozessorsysteme.

4. Leistungserhöhung der Hardware in relativ kleinen Stufen - ungefähr ab 100 000 Mark Installationsaufwand.

DFÜ als Schlüsselposition

Lokale Dateien sind in der Praxis dieses Betriebes zum Beispiel Dateien für Bestellwesen, Arbeitspläne, Inventur und Auftragszustände. Lokal werden auch Lohn- und Kapitalkosten geführt. Als identische, globale Daten stehen an den Rechnerknoten Hauptstücklisten, Teilestamm und Merkmale der Rechnerknoten an. Sie werden von der Unternehmenszentrale im kalifonischen Cupertino aus gepflegt. Auf diese Weise wird unter anderem eine weltweite Materialwirtschaft verwirklicht und das Marketing weltweit gesteuert. Der Nachteil einer starren Organisation, nämlich daß Ausnahmefälle nicht hantierbar sind, wird vermieden: Als Beispiel können Krankenstatistiken oder Auftragseingänge nach bestimmten Marktereignissen herausgegriffen werden: Es lohnt sich nicht oder ist sogar teilweise nicht zu befürworten, daß solche Daten weltweit zur Verfügung stehen. Für den Personalchef oder den Vertriebskollegen in einem anderen Land können solche Informationen, ausgetauscht im persönlichen Einvernehmen mit dem lokal Verantwortlichen, aber exakt und bei minimalem menschlichem Arbeitsaufwand übermittelt, zur Effizienz der Organisation beitragen.

An einem neuralgischen Punkt der Produktion hat die Datenfernübertragung eine Schlüsselposition: In der Computerherstellung werden Mikrocodes laufend überprüft und gegebenenfalls auf Grund von Einsatzerfahrung oder neuen mathematischen Methoden in der Tandem-Anwendung verbessert, spielt man sie direkt aus den USA in die Prom-Ladegeräte im Werk Neufahrn hinüber. Übermittlungsfehler sind dadurch ausgeschlossen.