US-Watcher befürchten Fettleibigkeit und Herzinfarkt:

Electronic-Mail isoliert die Mitarbeiter

18.11.1988

BURLINGAME (IDG/CW) - Electronic-Mail ein Schreckgespenst? In Anbetracht der Tatsache, daß in der Bundesrepublik diese Kommunikationsschiene in den Büros allmählich, wenn auch nur zögerlich genutzt wird, scheint obige Formulierung überspitzt. Anders denkt man wohl darüber in den Vereinigten Staaten, wenn man einer COMPUTERWORLD-Kolumne von Kathy Chin Leong Glauben schenken darf.

Nicht nur, daß der häufige Gebrauch von E-Mail im Inhouse-Bereich schnell zu Fettleibigkeit führt und der Zusammenhang zwischen dem Besuch von Aerobic-Kursen auf der einen und Message Handling Systemen auf der anderen Seite konstruiert wird, um sich der durch die E-Mail-Kommunikation mit dem Mitarbeiter im Nebenzimmer "angesessenen" überzähligen Pfunde schnell wieder zu entledigen. Es geht dem E-Mail-Benutzer noch in anderer Hinsicht an den Kragen. Indem nämlich diese Kommunikationsform hoffähig gemacht wird, könnte - so die Bedenken - sozusagen über Nacht gesellschaftliche Umgangsformen in Vergessenheit geraten.

Der hinter seinem Schreibtisch quasi beerdigte Benutzer muß also - so heißt es weiter - nicht einmal die Türe öffnen, wenn er seine Sekretärin kontaktieren möchte. Und diese wiederum braucht nicht einmal aufzustehen und zu sprechen. Zwei Ölgötzen am Bildschirm.

Im Eifer des E-Mail-Gefechts droht das Medium jedoch auch in den häuslichen vier Wänden gefährlich zu werden. Nicht auszudenken etwa, daß der Satz "Das Essen ist fertig" künftig unter den Tisch fällt und die Mutter ihre Kinder per Bildschirm "zu Tisch ruft" oder noch schlimmer, wenn einem die schlichte Begrüßung "Hallo" nicht mehr über die Lippen kommt.

Der Ausweg aus dem Dilemma aber ist möglich und sieht nach Chin Leong so aus: Netzwerk-Manager müßten Programme installieren, bei denen zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch die interaktive E-Mail-Kommunikation unterbunden wird. Angesagt ist dann eine Jogging-Tour für das ganze Unternehmen. Und die Terminals sollen sich erst durch anschließende Schweißperlen auf dem Touch-Screen wieder reaktivieren lassen. Doch auch hier ist (Anmerkung der Redaktion) Vorsicht geboten: Wenn den durch den Umgang mit Electronic Mail und ihren Glauben an die Allmacht von Inhouse-Netzen zusätzlich Herzinfarkt-gefährdeten Mitarbeiter beim Laufen plötzlich die Puste ausgeht, müssen sie ihren Schweiß unter Umständen im Krankenhaus von einem Computer erfassen lassen. Auch das ist keine "tolle" Perspektive.