In der Druckerwelt der zentralen DV-Anwender sieht vieles anders aus

Einsatz von Druckern: zentral und/oder dezentral

15.07.1988

Die Leistungen sogenannter "Billigdrucker" werden immer beeindruckender. Anwender von zentralen Druckersystemen werden sich um so mehr die Frage stellen müssen, ob Drucker mit sechsstelligen Preisen heute noch eine lohnende Investition darstellen. Karsten Ebergk* erörtert, welcher Druckereinsatz für welchen Anwender geeignet ist.

Im Vergleich zur Vielfalt der Druckertechnologien für PCs scheint das Interesse an den Druckern, die im Großrechnerbereich eingesetzt werden, eher gering. Auf die Frage, ob hier im klassischen Sinne immer noch gehämmert wird, kommt in der Regel nur derjenige, der den Laserdrucker für 4000 Mark für die letzte Errungenschaft der Technik hält. Inwieweit aber der rein zentrale Einsatz von teuren und schnellen Druckern sinnvoll ist, darüber wird in immer stärkerem Maße von den Mitarbeitern interner DV-Mannschaften diskutiert.

Natürlich hat auch die Technik bei Hochgeschwindigkeitsdruckern unterschiedlichster Technologien nicht haltgemacht. Allerdings sind technische Fortentwicklungen auf diesem Gebiet offenbar nicht sensationell genug, um mit der gleichen Vordergründigkeit in das öffentliche Interesse gerückt zu werden, wie das bei PC-Systemen der Fall ist.

Dabei ist die Entwicklung auf dem PC-Sektor in vielen Fällen nur Abklatsch dessen, was bei Hochgeschwindigkeitsdruckern Standard ist. Mit einem entscheidenden Unterschied: Für den Einsatz im Bereich der Korrespondenz- und Briefqualität ist das meiste von dem, was jenseits der Schwelle von 50 Seiten pro Minute liegt, nur bedingt geeignet.

Laserdrucker - sie stehen heute im Mittelpunkt des Interesses; als schnellste, überhaupt verfügbare Lösungen im Großrechner-Bereich gehörten sie schon Ende der 70er Jahre zu den NIP-Lösungen (NIP = Non-Impact-Printer) für Großanwender. Hochgeschwindigkeitsdrucker waren damals die Domäne von Anbietern wie IBM, Xerox, Siemens, Honeywell.

Allerdings gab es auch technische Varianten. Während der Drucker von IBM und Siemens seine Zeichen elektrofotografisch durch Laserstrahl auf eine fotoempfindliche Trommel warf, geschah dies bei den Xerox-Modellen durch eine von innen beleuchtete Trommel. Das berühmte HPPS (Honeywell Page Printing System) erzeugte seine Zeichen elektrofotografisch durch Elektroden auf einer elektrischen Trommel. Darüber darf eines nicht vergessen werden: Die Geräte, von denen jetzt die Rede ist, wurden zwischen 1975 und 1978 angekündigt und produzierten bedrucktes Papier in einer Geschwindigkeit zwischen 8000 und 20000 Zeilen pro Minute!

Da aber eine derartige Geschwindigkeit nur von den allergrößten Anwendern benötigt wurde, und da für eine sinnvolle Nutzung auch nur ein unterbrechungsfreier Betrieb in Frage kam - für alles andere waren die Geräte zu teuer -, verstärkten sich die Forschungsaktivitäten immer mehr auf die eigentlichen Vorläufer dessen, was heute dezentral eingesetzt wird: den Bereich zwischen 20 und 120 Seiten pro Minute.

Es gab also eine Entwicklung von oben und unten gleichzeitig. Während man heute im Bereich des Herrn Jedermann von Druckgeschwindigkeiten zwischen 6 und 12 Seiten pro Minute hört (manchmal ist auch schon die Rede von 18 Seiten und mehr), haben sich Anbieter mit speziellen Technologie-Varianten an den Markt über zwanzig Seiten herangemacht.

So ist beispielsweise das Modell 6750 von Océ zwar ein Laserdrucker, statt einer Selentrommel als Übertragungsmedium wird jedoch ein sogenanntes Mono-Kontrastband eingesetzt, das mehr Bildflächen und eine geringere mechanische Störanfälligkeit bieten soll. Océ redet von einer Geschwindigkeit von 23 Seiten pro Minute und einer Auflösung von 508 Punkten pro Zoll.

Anbieter Delphax, der hauptsächlich für andere Hersteller fertigt und den OEM-Markt abdeckt, hat sich auf den Markt zwischen 30 und 90 Seiten pro Minute spezialisiert. Sein Ionendruck-Verfahren ist ein hauseigenes Patent und beruht auf dem Prinzip der Ionenbeschichtung.

In einem di-elektrischen Material werden unter elektrischer Spannung Ionen generiert, die auf eine rotierende di-elektrische Hartmetallwalze eingeprägt werden. Durch Steuerung des vorgeschalteten Controllers entsteht ein Ionen-Bit-Muster auf der Walze, das mit einem Einkomponenten-Toner sichtbar und durch Kaltpreß-Verfahren auf Papier übertragen wird. Ein solcher Drucker ist für Druckleistungen von mehr als 1,5 Millionen Seiten pro Monat ausgelegt.

Interessantes Detail am Rande: Heute, Ende der 80er Jahre, ist Delphas OEM-Lieferant beispielsweise auch für Xerox, Honeywell und Olivetti.

Bull Peripheral ist ebenfalls ein Anbieter mit einer eigenen Technologie: Sogenannte Magnetdrucker produzieren Geschwindigkeiten zwischen 50 und 90 Seiten pro Minute und sind absolut geräuschlos. Auch bei der Entwicklung dieser Technik standen Überlegungen im Vordergrund, wie man die Anzahl mechanischer Teile verringern und damit die Störanfälligkeit der Geräte reduzieren kann.

Daß gleichzeitig das Geräusch-Umfeld eine nicht unerhebliche Rolle dabei spielt, die Drucker aus der DV-Zentrale bei fallenden Preisen immer mehr in die Büros der Sachbearbeiter und Anwender zu bringen, versteht sich von selbst.

Auch Siemens spricht bei seinen neuen Drucksystem 2050 davon, daß es sich dank seines geringen Geräuschpegels auch für den dezentralen Einsatz eignet - und das bei Leistungsmerkmalen von 50 Seiten pro Minute einerseits und bei IBM-Kompatibilität andererseits. Man kann es hieraus ganz deutlich erkennen: Die Hersteller wollen mit dem Fallen der Preise sicherstellen, daß ein Drucker an jedem Arbeitsplatz steht, wo er gebraucht werden könnte. Man macht die Systeme kleiner, bedienerfreundlicher (Rückseitendruck, Mehrformatdruck etc.) und dennoch preiswerter, sorgt aber andererseits dafür, daß mehr Systeme beim gleichen Kunden untergebracht werden können.

Was aber macht der einzelne Nutzer am Arbeitsplatz mit dem bedruckten Papiert? Was hat er davon, wenn sein Output immer unmittelbar an seinem Arbeitsplatz erscheint?

Die Anwendung ist entscheidend

Beim PC-Nutzer ist die Frage relativ einfach zu lösen. Wo die ganzheitliche Bearbeitung von Projekten den Vorzug hat, da ist es auch sinnvoll, wenn die Rechnungsabteilung die Rechnungen bedruckt sieht, die sie zu versenden hat, daß die Marketingabteilung die Werbebriefe im eigenen Büro druckt, die sie persönlich unterschreiben will. Schon heute ist es keine Frage mehr, daß man dem Computer über Kombischnittstellen zwei Drucker zur Verfügung stellt, wenn er im Matrix- und Typenraddruck arbeiten soll.

Bei Großanwendern mit dezentraler Struktur, mit höherem Geschwindigkeitsbedürfnis, möglicherweise aber auch mit geringeren Schriftqualitätsansprüchen, läßt sich die Frage nur im Einzelfall lösen.

Ohnehin wird heute fast überall zugunsten der einzelnen Anwendung entschieden. So fährt weise eines der führenden, Leasingunternehmen eine dreigleisige Strategie. Lange Listings, die immer zum Alltag großer DV-Anwender gehören, werden auf zwei Schnelldruckern bearbeitet. Arbeitsplatzdrucker finden sowohl in bezug auf einzelne Arbeitsplätze als auch auf einzelne Abteilungen Verwendung. Für den Bereich des Formulardrucks aber ist man inzwischen auf den dem Laserdrucker verwandten LED-Drucker (Light-Emitting-Diode) von Agfa umgestiegen, der hierfür große Vorteile aufweist: Er hat kein Präzisionsproblem, wenn es um das Ausfüllen von Formularen geht, weil die Fragenmatrix und die Individual-Angaben eines jeden Formulars in einem Arbeitsgang ausgedruckt werden.

Natürlich darf nicht verheimlicht werden, daß dieses Leistungsspektrum, verbunden mit Geschwindigkeit und Auflösung, seinen Preis hat. Dieser Preis wiederum zwingt ein solches System in die Schublade des zentralen Druckers - für dezentrale Anwendungen zu teuer.

Ganz anders die Zentrale für Datenverarbeitung eines Bundeslandes. Hier sind über 600 Drucker im Einsatz, zum großen Teil jedoch Terminaldrucker innerhalb von Terminalräumen. Die anspruchsvollen Texte der Textverarbeitung beziehungsweise solche mit Grafikanforderungen werden aber nicht auf Arbeitsplatzdruckern erstellt, sondern auf zentralen Laserdruckern, deren Geschwindigkeit bis zu 215 Seiten pro Minute reicht. In solchen Fällen bietet sich d e Anbindung an eine Poststraße zur Weiterverarbeitung geradezu an. Für den Einsatz kleiner Laserdrucker am Arbeitsplatz gibt es derzeit erst einzelne Versuche.

Das Anforderungsspektrum dieser Einrichtung, die im Hinblick auf de DV noch sehr zentral ausgerichtet ist, kann man allerdings mit anderen Anwendern kaum vergleichen: Für Auftraggeber aus dem behördlichen Sektor, insbesondere das entsprechende Statistische Landesamt, sind die Anforderungen im grafischen Bereich sehr groß.

Schon aus diesen zwei Beispielen zeigt sich: Trotz aller anwendungsbezogenen Überlegungen kann die Verwendung bestimmter Drucksysteme sich nicht freimachen von Überlegungen, inwieweit die Datenverarbeitung eines Unternehmens als solche zentral oder dezentral gesteuert ist. Ebenso wenig, wie man einen Goggomobil-Fahrer fragen sollte, ob er lieber über oder unter 100 Stundenkilometer Geschwindigkeit fährt. . .

*Kasten Ebergk ist freier DV-Fachjournalist in Wehrheim/Taunus.