Mangelnde Akzeptanz fördert Insellösungen in den Fachabteilungen:

Einheitliches Konzept verhindert Alleingänge

07.01.1983

MÜNCHEN - Agieren muß die EDV-Abteilung eines Unternehmens und nicht reagieren auf die Tatsache, daß immer mehr Mikrocomputer in den Fachabteilungen unabhängig von der zentralen DV Installiert werden. Nur wenn sie die Initiative ergreift und das Prinzip der "Datenverarbeitung aus einer Hand" - nämlich ihrer - durchsetzt, wird der autarke Arbeitsplatzcomputer einem Unternehmen Fortschritte bringen. Verschläft sie aber diese Entwicklung, bewirken die Mikros gerade das Gegenteil: In den einzelnen Fachabteilungen entstehen "Insellösungen", die eine Kompatibilität der Unternehmensdaten verhindern und damit die Integration der Personal Computer unmöglich machen.

Immer mehr an Bedeutung gewinnt der Personal Computer im Bereich des professionellen EDV-Einsatzes. Die Gründe hierfür sind steigende Leistungsfähigkeit und größere Anwenderfreundlichkeit zu immer günstigeren Preisen. So prognostiziert eine IDC-Studie, daß 1986 der Wert der ausgelieferten Mikrorechner bereits den der Mainframes übertreffen wird und weltweit annähernd 20 Millionen Geräte installiert sind. Dabei können die Mikrocomputer durchaus als Ergänzung zur zentral strukturierten Datenverarbeitung eines Unternehmens denn als deren Konkurrenz betrachtet werden. Ein Arbeitsplatzrechner ist eben für andere Anwendungen konzipiert als ein Host-Rechner.

So kann der Mikro, im Unterschied zum Online-Terminal beispielsweise zur Entlastung des Zentralrechners beitragen, in dem dieser nicht bei jeder noch so kleinen Programmänderung aktiviert werden muß. Dies geschieht Jetzt direkt am Arbeitsplatz durch den jeweiligen Anwender. Der Personal Computer entwickelt sich so zu einem Hilfsmittel, um den sogenannten Anwendungsstau - das Problem der zentral aufgebauten Datenverarbeitung - abzubauen.

Höhere Motivation

Ferner ermöglicht die Leistungsfähigkeit und das günstige Preis-/Leistungsverhältnis der Mikros, die EDV auch in Bereichen eines Unternehmens wie Finanzwesen oder Personaleinsatzplanung im Handel einzuführen, die aus finanziellen und organisatorischen Gründen bisher davon ausgenommen waren. Und schließlich führen "intelligentere" Arbeitsplätze in den Fachabteilungen zu größerer Motivation der Mitarbeiter und damit zu höherer Arbeitsproduktivität .

Um aber diese Vorteile der neuen Geräte voll ausschöfen zu können, ist eines von entscheidender Bedeutung:

Der Einsatzu dieser Rechner darf nicht zu einem Zustand führen, wo in den einzelnen Unternehmensbereichen "Insellösungen" entstehen, die zu einer Inkompatibilität der Unternehmensdaten führen. Vielmehr muß gewährleistet sein, daß eine absolute Austauschbarkeit zwischen allen Informationen, die in einem Unternehmen verarbeitet werden durch ein einheitliches EDV-Konzept gewährleistet bleibt.

Die Realität freilich sieht anders aus. Die Fachabteilungen eines Unternehmens sehen im Mikrocomputer endlich die Chance, sich von ihrer EDV-Abteilung, zu der es bisher keine Alternative gab, "abzunabeln". Verärgert durch die teilweise beträchtlichen Wartezeiten bei der Abarbeitung ihrer Programme durch die Zentral-DV schafften sich die Abteilungen "heimlich" ihre eigene "EDV-Abteilung-" an.

Schuld an dieser Entwicklung hat auch die konservative Haltung der EDV-Abteilung selbst. So wurden die Mikrocomputer teilweise nicht ernst genommen und als "Spielzeug" abgetan. Die EDV-Leute glaubten, daß die Fachabteilungen nach bitteren Erfahrungen mit ihrem Kleinrechner sehr schnell wieder zur Zentral-DV zurückkommen würden. Zum anderen wurden die Personal Computer argwöhnisch als Konkurrenz betrachtet und deshalb blockiert und ignoriert. Dies führte zwangsläufig zu Spannungen zwischen Fach- und EDV-Abteilung, die den Einzug der Mikros in die Fachabteilung und das Entstehen von "Insellösungen" nur noch beschleunigte.

Um zu verhindern, daß in einzelnen Bereichen eines Unternehmens eigene, unabhängige EDV-Konzepte entstehen und eingerichtet werden, die später nur unter großen finanziellen und organisatorischen Anstrengungen zu ändern sind, muß die EDV-Abteilung die Initiative ergreifen. Sie muß versuchen, über eine verbesserte Zusammenarbeit und eine vorurteilsfreie Einstellung den Arbeitsplatzrechnern gegenüber eine einheitliche Strategie in der Datenverarbeitung zu formulieren und durch die Einführung von allgemein gültigen Standards die Kompatibilität aller Unternehmensdaten zu gewährleisten. Nur mit einem klaren, einheitlichen Konzept - unter Einbeziehung der Mikros - können die Fachabteilungen bewegt werden, ihr Mißtrauen gegenüber einer zentral aufgebauten Datenverarbeitung abzulegen und ihre "EDV-Inseln" zu verlassen.