Worauf Anwender bei Kauf und Planung achten sollten

Einheitliche Server-Karten erleichtern das Management

03.09.1999
MÜNCHEN (sra) - Netzkarten für Client-PCs gleichen einander oft wie ein Ei dem anderen. Als Kriterium für ihren Kauf gilt daher in erster Linie der Preis. Erheblich höheren Anforderungen müssen die Karten für Server genügen: Hierbei spielen Merkmale wie Ausfallsicherheit, Management-Features und Skalierbarkeit die Hauptrolle.

Eine Netzkarte (Network Interface Card = NIC) ist das Bindeglied zwischen lokalem Netz und dem Gerät, das darauf zugreift. Sie bereitet die vom PC oder Server kommenden Daten so auf, daß das Netz sie transportieren kann. Ähnliches gilt für den umgekehrten Weg. Damit dies funktioniert, gibt es auf jeder Karte einen Chipsatz für die Konvertierung der Daten sowie Sende-Empfangs-Einrichtungen (Transceiver), die hinter dem Anschluß der Netzkabel sitzen. Diese Minimalausstattung reicht in der Regel für die Anforderungen von Clients aus. Deshalb unterscheiden sich diese Karten oft wenig in ihrer Leistungsfähigkeit, und die Kaufentscheidung hängt hauptsächlich vom Preis ab.

Die Anforderungen an Server-Karten sind komplexer. Sie müssen Migrationen und Erweiterungen des Netzes ermöglichen, ausfallsicher sein, einen größeren Durchsatz bewältigen und beinhalten teilweise Management-Features. Doch nicht jede Server-NIC muß alle Kriterien erfüllen. Was sinnvoll ist, hängt von der Rolle des Servers im Unternehmensnetz ab. Handelt es sich um einen Workgroup-Server, der nur wenige Benutzer anbindet, so reicht eine bis zu 100 Mbit/s schnelle Karte mit 32 Bit breitem PCI-Bus-Anschluß aus.

Etwas komplizierter verhält es sich mit Abteilungs-Servern, die in der Regel sehr viele Anwender versorgen und eine Vielfalt von Diensten zur Verfügung stellen. Sie bieten meist nicht nur File- und Print-Services, sondern unterstützen auch die Kommunikation zwischen Servern, E-Mail sowie Internet- und Intranet-Funktionen. Sie müssen daher einen höheren Durchsatz bewältigen. Für solche anspruchsvollen Aufgaben bieten einige Hersteller erweiterte Versionen ihrer Netzkarten an, die einen eigenen Hauptspeicher und einen Prozessor besitzen.

Diese Bausteine können sich wiederholende Aufgaben übernehmen und so die CPU des Servers entlasten. Beispiele sind die Fehlerüberprüfung oder die Entfernung der Header von den Datenpaketen. Derartige Aufgaben erledigt der Kartenprozessor nämlich hardwarenah, während im Computer das Betriebssystem beteiligt ist und diverse Schichten durchlaufen werden müssen, um auch nur eine einfache Addition vorzunehmen. Allerdings läßt sich die Kapazität des NIC-Prozessors nicht immer ausschöpfen. Unter manchen Betriebssystemen (zum Beispiel Windows 98 und ältere NT-Versionen) kann die CPU nach Angaben von Neil Rickard, Research Director bei der Gartner Group, keine Arbeit an die Netzkarte abgeben.

Auch wer Server-NICs ohne Koprozessor besitzt, hat die Möglichkeit, den Server zu entlasten: Anwender sollten laut Michael Seipp, Leiter Technik bei D-Link in Kriftel, auf jeden Fall darauf achten, daß die Server-Karte Busmaster ist.

Das heißt, sie darf selbsttätig Daten aus dem Arbeitsspeicher des Rechners holen oder in ihn hineinschreiben. Die CPU verarbeitet die Daten, sobald sie Zeit hat. Generell gilt: Je höher der Durchsatz und je geringer die CPU-Belastung, um so besser ist die Karte.

Die leistungsfähigsten NICs sind heute Gigabit-Ethernet-Karten und haben einen Glasfaseranschluß. Unter Umständen nutzt es jedoch wenig, eine derart performante Karte zu verwenden, wenn der PCI-Bus im Computer diesem schnellen Datentransfer nicht gewachsen ist. Derzeit gängig ist ein 32 Bit breiter Bus. Doch: "Was die Bus-Performance anbetrifft, wird es früher oder später neue Karten mit 64-Bit-Architektur geben müssen", prognostiziert Günter Wehen, Netzwerkingenieur bei Intel in München.

So schnelle Karten braucht die Heidelberger Zement AG offensichtlich noch nicht. Sie setzt 100-Mbit/s-NICs von 3Com in ihren Servern ein. Group Office Manager Wolfgang Berchem legt Wert auf die Aussage, daß das Unternehmen keine 10/100-Autosensing-Karten verwendet: "Wir wollen, daß sich der Server meldet, wenn er keine 100 Mbit/s hat. Sonst gibt es Engpässe ohne Ende." Außerdem sollten die Karten leicht zu installieren sein und von bekannten Herstellern stammen. Dann müsse sich der Techniker nicht einarbeiten. Mit unbekannten Produkten drohen zudem Komplikationen, etwa daß das Netz-Management die Karte nicht überwachen kann. Ein Markenprodukt dürfe auch ruhig ein wenig teurer sein: "Wenn der Server länger stillsteht, weil der Administrator einen zusätzlichen Treiber laden muß, kostet das schließlich auch Geld."

Eine einzelne Netzwerkkarte stellt einen Single Point of Failure dar. Versagt die NIC eines Servers, betrifft das unter Umständen eine ganze Abteilung, während eine defekte Client-Karte nur einen einzelnen PC lahmlegt. Besonders sensible Punkte im Unternehmensnetz sind zentrale Server mit geschäftskritischen Anwendungen. Sie dürfen auf keinen Fall ausfallen. Um das zu vermeiden, bieten die meisten Server die Möglichkeit, mehrere Netzkarten in den Steckplätzen parallel zu betreiben. Es ist außerdem darauf zu achten, daß Betriebssystem und Treiber das Feature unterstützen.

Um höchstmögliche Redundanz zu gewährleisten, ist es in der Regel günstiger, mehrere 100-Mbit/s-NICs zu verwenden als eine Gigabit-Karte. Fällt eine NIC aus, sollte sie ohne Betriebsunterbrechung austauschbar sein ("Hot swap"). Allerdings unterstützen nur wenige Server-Architekturen diese Eigenschaft, so der Marktforscher von der Gartner Group. Und die seien proprietär und teilweise recht teuer.

Computernetze sind alles andere als statische Gebilde, sondern wachsen und wechseln das Übertragungsmedium. "Die Netze wuchern teilweise wie Krebsgeschwüre", beschreibt Seipp. "Dann muß immer noch irgendwo ein Slot oder ein Port frei sein." Das Netz sollte jedem Benutzer die erforderliche Bandbreite bereitstellen, auch wenn die Zahl der Anwender erhöht wird (Skalierbarkeit). Dazu gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: Entweder läßt sich die Anzahl der NICs aufstocken oder die der Ports je Karte.

Beispielsweise haben manche Netzkarten mehrere Ethernet-Interfaces. Der Vorteil der Erweiterbarkeit wird in diesem Fall allerdings durch den Nachteil erkauft, daß eine Zwei-Port-Karte nicht die Redundanz von zwei Ein-Port-Karten hat. Eine Mehrport-NIC kann auch über verschiedene Anschlüsse verfügen, zum Beispiel einen Glasfaser- und einen Kupferanschluß (Combokarten). Das hat beispielsweise Sinn, wenn Unternehmensbereiche von Kupfer auf Glasfaser mi- griert werden. Ebenso können Karten, die zwei verschiedene Bandbreiten unterstützen, Migrationen erleichtern.

Da Netzkarten den Datenfluß kontrollieren, lassen sich hier Management-Features implementieren, zum Beispiel Quality of Services und Policies. Diese spielen allerdings nach Meinung des Gartner-Analysten Rickard keine Schlüsselrolle, "auch wenn die Hersteller einen das gerne glauben machen möchten". Quality of Services und Policies sollten lie- ber in den Switches behandelt werden. Der Marktforscher hält einige Grundfunktionen für sinnvoll, zum Beispiel für Überwachung und remotes Management. Die Merkmale, die sich als nützlich herauskristallisiert haben, gebe es aber praktisch auf jeder Karte. Einige Experten nennen hier das Simple Network Management Protocol (SNMP) und Desktop Management Interface (DMI).

Wichtiger als die Management-Features ist es jedoch, einen Hausstandard zu etablieren. "Manchmal kommt es gar nicht so sehr darauf an, welche Karte Sie einsetzen", räumt Rickard von der Gartner Group ein, "aber es sollte durchgehend die gleiche sein!" Probleme entstehen zum Beispiel, wenn ein Anwender Server von verschiedenen Herstellern kauft. Da seien dann teilweise schon Netzkarten drin, aber bei jedem Hersteller andere mit unterschiedlichen Treibern. Eine solche Heterogenität erschwert jedoch Management und Fehlersuche. Hier gibt es, so Rickard, nur eine Lösung: Die Anwender müssen in den sauren Apfel beißen und die kostenlosen NICs aus den Servern ausbauen.