Eine Lanze für das Tuning

04.12.1974

Eigentlich konnte man erwarten, daß 1974 das Jahr der Tuning-Software werden würde. Doch der Boom blieb aus. Deutsche EDV-Chefs lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Und amerikanische Software-Verhältnisse werden schon gar nicht eingeführt. Wozu auch einen alten Hobel optimieren?

30 Prozent schneller

Die Möglichkeit, durch Tuning-Software eine Systemoptimierung vorzunehmen, wird im Normalfall nicht ein mal in Erwägung gezogen. Deutsche Anwender halten es mit der Hardware. Komplizierte Software von exotisch anmutenden Software-Häusern sind ihnen suspekt. Und wenn sich diese Tuning-Experten dann auch noch erfrechen, zu behaupten, man könne Rekonfigurationen um Jahre hinauszögern und die Laufzeit der meisten Anwenderprogramme um 30 Prozent reduzieren etc., so wird das ohne Umschweife ins Reich der Fabel verwiesen. Amerikanische, englische und französische Software-Häuser, die sich aufs Tuning verstehen (und Tausende von Installationen aufweisen können), ließen sich immer wieder verleiten anzunehmen, der größte europäische EDV-Markt müsse zwangsläufig auch ein großer Software-Markt sein. Heute sind sie eines Besseren belehrt. Einige haben resigniert. Andere behaupten verbittert, Deutschland sei unter den führenden Industrieländern in puncto Hardware zwar hervorragend bestückt, aber in Sachen Software reinste Provinz. Der Ärger ist verständlich, sind doch die Verkaufsziffern für Tuning-Pakete beispielsweise in Deutschland nicht gerade ermutigend.

Es haben sich noch keine 100 Anwender dazu entschließen können, durch Einsatz von Optimierungs-Software Kosten und Zeit zu sparen.

Eine jüngst durchgeführte Anwenderbefragung hat erbracht, daß in vielen Fällen mangelhafte Information das entscheidende Hindernis für den Einsatz von Optimierungs-Software ist.

Performance-Seminar

Falsch ist sicher, anzunehmen, diese Software sei nur für Großunternehmen und deren komplexe EDV-Systeme geeignet. Aufklärung tut not. Die Tuning-Anbieter bemühen sich zwar, durch Directmailing und kleine Seminare auf ihre Produkte aufmerksam zu machen, aber die Resonanz ist eher bescheiden. Letzten Freitag fand ein Performance-Seminar der CAP in Stuttgart statt. Auf meine Frage, wie viele Anwender daran denn wohl teilnehmen werden, erklärte Herr Krüger (CAP) stolz: "Wir haben diesmal doppelt so viele Meldungen wie auf unserem letzten Seminar im Juni, nämlich zehn. Und die von verschiedenen Firmen." Na, bravo !