System-Management: Netze/Kommentar

Eine Frage des Leidensdrucks

07.03.1997

Ein völlig neues Prinzip der Wirtschaftslehre scheint sich im Markt für das Netz- und System-Management zu etablieren: Die Mechanismen von Angebot und Nachfrage sind außer Kraft gesetzt. Diametral verhalten sich beim Management der IT-Umgebungen die Wünsche der Anwender und die Angebote der Hersteller zueinander. Und dennoch boomt der Markt mit zweistelligen Zuwachsraten, und ein Ende ist ebensowenig absehbar wie eine Annäherung der Verwaltungswerkzeuge an das, was sie eigentlich können sollten.

Die Diskrepanzen betreffen etwa die Art des Managements. In vielen Unternehmen wurde die DV-Abteilung als Dienstleister organisiert. Die IT ist nicht mehr länger Selbstzweck, sondern ein Hilfsmittel zur Bewältigung und effizienteren Gestaltung der Geschäftprozesse. Erforderlich wäre demnach eine anwendungsbezogene Betrachtung der Verwaltung.

Doch was liefern die Verwaltungswerkzeuge: nur Übersichten über die Netzauslastung und die Topologie oder bis auf Port-Ebene heruntergebrochene Statistiken und jede Menge Tools, mit denen sich Applikationen, Datenbanken und WAN-Schnittstellen administrieren lassen.

Aber selbst dort hapert es, denn in den Unternehmen ist Heterogenität der Systeme Realität. Um dieser Vielfalt Herr zu werden, wären verläßliche Normen und Standards notwendig. Einheitliche Schnittstellen zur Verwaltung der Komponenten im Netz würden die Integrationsarbeiten erheblich reduzieren. Statt dessen werben die Plattformanbieter mit dem Funktionsreichtum ihrer Produkte - mannigfaltig, aber proprietär.

Daß die Lösungen dennoch gekauft werden liegt vermutlich am Leidensdruck. Weil die gewachsenen Installationen kaum noch überschaubar sind, müssen Management-Werkzeuge her. Lösungen von der Stange, die an vielen Stellen zwicken, sind in diesem Fall angenehmer, als völlig unbekleidet dazustehen.jha