Ein Wegweiser durch 100Base-T-Option Fast Ethernet: Tradition und Fortschritt fuer die Anwender

04.11.1994

Schon heute erreichen manche Anwendungen die Grenzen der herkoemmlichen 10-Mbit/s-Technik in LANs und koennen von den Vorteilen verschiedener auf dem Markt verfuegbarer 100-Mbit/s- Loesungen profitieren. Durch die Verbreitung datenintensiver Applikationen wie Multimedia, Client-Server-Datenbanken etc. werden, soviel scheint festzustehen, 100 Mbit/s binnen kurzem zur "Richtgeschwindigkeit" in den meisten LANs. Bleibt die Frage nach einer optimalen Migration: 100Base-T koennte nach Ansicht von David Flynn* eine moegliche Antwort sein.

Unter den diversen Techniken fuer Hochgeschwindigkeits-LANs ist Fast Ethernet - oder 100Base-T - die, die den nahtlosen Uebergang vom traditionellen Ethernet am ehesten gewaehrleistet, denn 10Base- T stellt die heute am weitesten verbreitete Netztopologie dar.

100Base-T als eine direkte Weiterentwicklung

Fast Ethernet wurde als eine direkte und einfache Erweiterung von 10Base-T-Ethernet entwickelt und basiert daher auch auf dem CSMA/CD-Protokoll. Aus diesem Grund wird es gegenwaertig vom IEEE- 802.3-Komitee standardisiert, dem Gremium, das auch den 10-Mbit/s- Ethernet-Standard formuliert hat.

Fuehrende Hersteller unterstuetzen 100Base-T bereits. So wollen 3Com, Intel, SMC, Sun Microsystems und Synoptics, um nur einige Anbieter zu nennen, noch vor Ende dieses Jahres mit der Auslieferung entsprechend interoperabler Produkte beginnen. Sie sind auch Mitglieder der

Fast Ethernet Alliance (FEA): Dieses Konsortium, angefuehrt von 3Com, will die Standardisierung von Fast Ethernet innerhalb des IEEE-802.3-Komitees vorantreiben. Die FEA wird ausserdem Industriestandards fuer Testprozeduren entwickeln, um die Interoperabilitaet zwischen 100Base-T-Produkten sicherzustellen.

CSMA/CD-MAC-Layer blieb nahezu unveraendert

Da der Kern der 100Base-T-Technik, der sogenannte CSMA/CD-MAC- Layer (Media Access Control), gegenueber dem herkoemmlichen 10- Mbit/s-Ethernet nahezu unveraendert blieb, laesst sich eine Migration relativ einfach in die Tat umsetzten.

Dafuer sprechen erstens die 100-Base-T-Medien-Spezifizierungen (100Base-T4, 100Base-TX und 100Base-FX), die es ermoeglichen, Fast Ethernet auf den am weitesten verbreiteten Ethernet-Verkabelungen einzusetzen, einschliesslich der Kategorien 3,4 und 5, UTP-, STP- sowie Glasfaser. Fast-Ethernet-Netze lassen sich zweitens mit den bestehenden SNMP-konformen Applikationen und MIBs verwalten. Drittens sind auch eingefuehrte Analyse-Tools und -Verfahren in Fast-Ethernet-Umgebungen weiter einsetzbar, was nicht zuletzt den Trainingsaufwand fuer die Supportmannschaft verringert. Darueber hinaus laufen aber auch alle 10Base-T-Anwendungen samt entsprechender Netzsoftware unveraendert in 100Base-T-LANs. Gleiches gilt fuer jederzeit installierbare 10-/100-Mbit/s-Adapter mit Auto-Negotiation, die auf Basis der bestehenden Verkabelung eine nahtlose Migration gewaehrleisten.

Zu Zeiten der ersten Produktvorstellungen war Fast Ethernet noch ungefaehr doppelt so teuer wie das traditionelle Ethernet - doch die Preise werden vermutlich rasch fallen, und man wird dann durch den Einsatz der neuen Technologie in etwa die gleichen Kostenvorteile erzielen, die das "Standard Ethernet" gegenueber anderen Netztopologien auszeichnet.

100Base-T ist eine Fortschreibung des bestehenden Ethernet-IEEE- 802.3-Standards. Es nutzt dabei den 802.3-MAC-Layer. Ueber eine medienunabhaengige Schnittstelle (MII) wird die Verbindung zu einem von drei physikalischen Layern (PHY) hergestellt. Die MII- Spezifizierung aehnelt der 10-Mbit/s-Ethernet-AUI (Attachment Unit Interface) und stellt eine einzige Schnittstelle zur Verfuegung, die externe Transceiver fuer jede der 100Base-T-Medien- Spezifizierungen unterstuetzen kann. Diese Architektur entspricht der des 10-Mbit/s-Ethernets, das vier physikalische Ebenen unterstuetzt: 10Base-2, 10Base-5, 10Base-F und 10Base-T (vgl. Abbildung 1).

100Base-T unterstuetzt drei PHY-Spezifizierungen: 100Base-T4, -TX und -FX und definiert ausserdem eine universelle Repeater- und Management-Schnittstelle. Fuer das MAC-Protokoll im Fast Ethernet hat IEEE den Bit-Takt des 10-Mbit/s-CSMA/CD-MAC um den Faktor zehn reduziert, was ein zehnfaches Anheben der Paketgeschwindigkeit ermoeglicht. Da der Ethernet-MAC bereits geschwindigkeitsunabhaengig spezifiziert wurde, gibt es auch keine Veraenderung hinsichtlich der Funktionalitaet: Paketformat und -laenge, Fehlerkontrolle und Management-Information sind identisch mit 10Base-T.

Die Flexibilitaet der physikalischen Layer macht es moeglich, 100Base-T in jeder 10Base-T-Umgebung zu implementieren. Der Anwender kann seine bestehende Verkabelungs-Infrastrukur in Folge dieser "Medienspezifizierung" also beibehalten. 100Base-T unterstuetzt drei physikalische Layer: 100Base-T4, ein vierpaariges System, das sowohl fuer Sprach- als auch Datenuebertragung UTP-Kabel (Kategorie 3, 4 oder 5) verwendet wird. 100Base-TX, ein zweipaariges System, das "Data grade" (EIA 568, Kategorie 5), UTP- oder STP-Verkabelung erfordert, sowie das zweiadrige Glasfasersystem 100Base-FX.

Die 100Base-TX- und -T4-Spezifikationen decken alle Kabeltypen ab, die gegenwaertig in 10Base-T-Netzen Verwendung finden. Wichtig ist auch, dass sich alle genannten Spezifikationen gemischt einsetzen und ueber Repeater verbinden lassen, wie auch 10Base-2 und 10Base- 5-Koax-Ethernet mit 10Base-T-Twisted-Pair zusammenarbeiten.

100Base-TX unterstuetzt alle Kategorie-5-Kabel

100Base-TX basiert auf der FDDI/CDDI-Physical-Media-Independent- Spezifikation (PMD) des American National Standards Institut (ANSI) beziehungsweise dem dortigen X379.5-Komitee. Es kombiniert den skalierten Ethernet-MAC mit den gleichen Transceiver- und PHY- Chips, die fuer FDDI und CDDI entwickelt wurden. Nachdem diese Chips nun verfuegbar sind und der Signalisierungsstandard vorliegt, stellt 100Base-TX eine Loesung dar, die bewaehrte Standardtechnologien als Grundlage nutzt und Kabeltypen der Kategorie 5 unterstuetzt, wie sie in den meisten neueren 10Base-T- Installationen zu finden sind.

100Base-T4 ist eine neue Signalisierungstechnik, die von 3Com und anderen Mitgliedern der Fast-Ethernet-Alliance entwickelt wurde, um die in vielen aelteren 10Base-T-Umgebungen eingesetzten UTP- Kabel der Kategorie 3 zu adressieren. Diese Technik ermoeglicht es, 100Base-T in Umgebungen mit vierpaarigen UTP-Kabeln der Kategorie 3, 4 oder 5 einzusetzen, so dass auch Netze ohne Kategorie-5-Kabel die Bandbreite von 100Base-T zu nutzen imstande sind.

Auto-Negotiation fuer die Endgeraete-Kommunikation

Mit der ebenfalls von IEEE-802.3 standardisierten Auto-Negotiation kann ein Arbeitsplatzrechner seine Kapazitaet einem Geraet am anderen Ende des Segments mitteilen. Ferner ist es moeglich, mit Adaptern beziehungsweise Switches in einem 100Base-T-Netz beide Geschwindigkeiten zu uebertragen, wobei automatisch die beste verfuegbare Betriebsart erkannt wird. Auto-Negotiation ist "out of band" konzipiert - sprich: Es gibt keinen Verlust an Datendurchsatz. Informationen werden innerhalb eines Blocks dichtgedraengter Link-Test-Sequenzen uebertragen (Fast Link Pules = FLPs), die entweder automatisch beim Start oder manuell ueber die Netzwerk-Management-Software generiert werden. Auf diese Weise ist eine Information der Empfangsstation bezueglich der Kapazitaeten der Sendestation am anderen Ende des Kabelsegments gewaehrleistet.

Auto-Negotiation wird bei 10- beziehungsweise 100-Mbit/s-Ethernet- Adaptern benoetigt. Schliesst man beispielsweise einen 10/100- Adapter an einen 10Base-T-Hub an, generiert der Adapter FLPs, erhaelt aber als Antwort nur 10Base-T-Link-Impulse. Konsequenz: Der Auto-Negotia-

tion-Algorithmus schaltet den Adapter automatisch auf den 10Base- T-Modus, und das Segment kommuniziert mit 10 Mbit/s und umgekehrt - dies alles ohne manuelle oder softwaregesteuerte Eingriffe.

Auch beim Fast Ethernet betraegt die maximale UTP-Kabellaenge vom Hub zum Desktop 100 Meter. Die Topologie erlaubt zwei Repeater- Teilstrecken und damit einen maximalen Netzwerkdurchmesser von 205 Metern bei UTP sowie 325 Metern bei Glasfaser. Abbildung 2 dokumentiert die "Hauptregeln" fuer eine 100Base-T-Topologie sowie Beispiele, wie sich ausgedehnte 100Base-T-Netzwerke realisieren lassen.

Die wichtigsten Grundsaetze sind:

- Die maximale UTP-Kabellaenge betraegt 100 Meter - analog zu 10Base-T.

- Fuer sehr grosse Entfernungen kann man eine Vollduplex-Version von 100Base-FX einsetzen und damit Entfernungen bis zu zwei Kilometern ueberbruecken.

- Eine 450-Meter-Glasfaserstrecke laesst sich fuer eine MAC-zu-MAC- Verbindung (Switch zu Switch oder Endgeraet zu Switch) einsetzen, indem man eine Halbduplex-100Base-FX-Struktur verwendet.

- Die gesamte "Spannweite" des Netzes von 325 Metern ist bei sogenannten Single-Repeater-Topologien (ein Hub-Einsatz pro Verteiler mit einer Glasfaserstrecke zum Collapsed Backbone) moeglich; zum Beispiel eine 225-Meter-Glasfaser-Verbindung vom Repeater zu einem Router oder Switch plus eine 100-Meter-UTP- Strecke vom Repeater zu den Desktops.

- In Topologien mit zwei Repeatern ist eine Gesamtlaenge von 205 Metern bei UTP-Kabeln fuer die Verbindung Endgeraet- Repeater - Repeater - Endstation moeglich.

Auf den ersten Blick moegen diese Topologieregeln restriktiv erscheinen, Fast Ethernet laesst sich aber innerhalb der heutigen Collapsed-Backbone-Netze auch in sehr grossen Umgebungen implementieren. Das Diagramm in Abbildung 2 zeigt, dass ein Fast- Ethernet-Repeater im Verteiler ausreicht, um alle Endgeraete innerhalb der 100-Meter-UTP-Distanz zu verbinden. Werden zusaetzliche Ports benoetigt, kann ein Chassis-Hub oder ein stapelbarer Hub entsprechende Unterstuetzung leisten, ferner lassen sich zwei Repeater im Verteiler ueber ein 5-Meter-UTP-Kabel verbinden.

Mehr Moeglichkeiten fuer den Netzadministrator

Durch die Moeglichkeit, 10-Mbit/s und 100-Mbit/s-Ethernet-Techniken sowohl in Shared- als auch in Switched-Architekturen zu kombinieren, koennen Netzadministratoren das richtige Mass an Bandbreite leicht, genau und kostenguenstig bereitstellen - am richtigen Ort und zur richtigen Zeit. Dabei gibt es eine Reihe moeglicher Migrationspfade von 10Base-T zu 100Base-T. Um zu 100Base-T zu migrieren, sollten in einem ersten Schritt alle neuen PCs mit hoher Leistung

(486, Pentium oder Power-PC mit Eisa- oder PCI-Bus) mit 10/100- Mbit/s-Adaptern ausgestattet sein. Dann koennen diese PCs Shared, Switched und Fast Ethernet unterstuetzen - oder sogar Switched Fast Ethernet - ohne die Notwendigkeit, die jeweilige Endstation zu rekonfigurieren.

Wird die Leistung von 100 Mbit/s nicht sofort benoetigt, koennen diese PCs an bestehende 10Base-T-Hubs angeschlossen werden und auf 10-Mbit/s-Basis arbeiten. 10/100-Mbit/s-Ethernet-Adapter unterstuetzen beide Geschwindigkeiten und kosten dabei weniger als das Doppelte einer vergleichbaren 10Base-T-Karte.

"Power"-Maschinen und PCs mit ISA-Bus in einem Netz

Die installierten aelteren PCs mit ISA-Bus muessen hingegen nicht rekonfiguriert werden. Sie lassen sich an einen 10Base-T- Switching-Hub anschliessen. Wenn die Zahl der PCs beziehungsweise der Netzverkehr zunimmt, kann der Anwender zu 100Base-T migrieren, indem er einen 100Base-T-Hub installiert und die jeweiligen PCs und Server mit 10/100-Adaptern anschliesst. Die meisten 100Base-T- Hubs werden mindestens einen, wahrscheinlich aber mehrere, Lowcost-10/100-Bridging- oder Switching-Ports auf der Steckkarte haben, um 100Base-T-Knoten mit dem bestehenden 10Base-T-Netzwerk zu verbinden. Mit dem Hinzufuegen des Hubs wird die Leistung dramatisch ansteigen. Die neuen Hochleistungs-PCs koennen mit vollen 100 Mbit/s auf den Server zugreifen, und die Rechner muessen ihre 10-Mbit/s-Bandbreite nicht mit diesen "Power-Maschinen" teilen.

Rund 90 Prozent aller vernetzten PCs basieren jedoch auf dem ISA- Bus, sind daher nicht von vornherein dazu praedestiniert, 100BASE-T zu unterstuetzen. Diese PCs kann man an einen 10/100-Switching-Hub anschliessen, um die Bandbreite anzuheben und Engpaesse im bestehenden 10Base-T-LAN zu beseitigen. Ein 10/100-Switching-Hub stellt quasi ein "privates" 10-Mbit/s-Ethernet-LAN auf jedem Port (Switch oder Bridge per Port) sowie eine 100-Mbit/s-Verbindung zum Server oder Backbone zur Verfuegung. Fuegt man einen 10/100- Switching-Hub hinzu, erfordert das nur ein einfaches Umstecken der Anschluesse.

Was bleibt also als Fazit? Die zunehmenden Forderungen nach hoeheren Geschwindigkeiten im Netzwerk konfrontieren Netz-Manager zunehmend mit der Frage, wie man sich am besten auf die kuenftig erforderlichen Bandbreiten von 100 Mbit/s und mehr vorbereitet. Die Anwender haben schon erheblich in Ethernet investiert - dazu zaehlen nicht nur das Equipment, sondern auch technisches Wissen und Erfahrung. Nur eine echte Ethernet-Loesung wie 100Base-T stellt die benoetigte LAN-Leistung von 100 Mbit/s bereit und gewaehrleistet gleichzeitig einen Investmentschutz fuer vorhandene Ethernet- Installationen.

Der Schluessel zur 100Base-T-Migration liegt im Festhalten an der bewaehrten und akzeptierten CSMA/CD-MAC-Technik. Der Fast-Ethernet- MAC-Layer ist dabei im Prinzip das gleiche MAC-Protokoll, wie es in 10-Mbit/s-Ethernet-LANs zum Einsatz kommt. Es sichert dadurch eine nahtlose Kompatibilitaet zu vorhandenen Ethernet-LANs, Applikationen und Netzwerk-Management-Software. Die 100Base- Technik wird von fuehrenden Herstellern unterstuetzt und bewegt sich zuegig durch den IEEE-Standardisierungsprozess; entsprechende Produkte werden voraussichtlich noch in diesem Jahr auf den Markt kommen.

* David Flynn ist Manager fuer High-Speed-Produkte bei der 3Com Corp. in Santa Clara, Kalifornien.