Nutzen und Wert der Ausbildung von Betriebswirten EDV

Ein Titel, der 1000 Mark im Monat bringt

02.04.1976

ERKRATH - Durchschnittlich 1000 Mark mehr Monatsgehalt hat den Fachschulabsolventen der Erwerb des Titels "Staatlich geprüfter Betriebswirt EDV" eingebracht. Das ergab eine Umfrage, die die Fachschule für EDV im DV-Bildungszentrum des DGB-Berufsfortbildungswerkes jetzt bei früheren Schülern durchführte.

An insgesamt 1180 EDV-Betriebswirte, die in der Zeit zwischen Herbst 1971 und Herbst 1974 die viersemestrige Vollzeitausbildung in Hochdahl bei Düsseldorf abgeschlossen haben, verschickte Schulleiter Lothar Nahold in Zusammenarbeit mit dem Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen einen Fragebogen. Er wollte feststellen, was aus den an der Fachschule ausgebildeten Betriebswirten geworden ist. 444 auswertbare Antworten gingen ein - geantwortet hatten fast alle Absolventen, die noch am selben Ort wohnten wie zur Zeit des Schulbesuches (rund 600 Anschreiben kamen als unzustellbar zurück, weil die Adressaten inzwischen verzogen waren).

Ergebnis: Von den Absolventen sind 64 Prozent nach der Fachschulausbildung unmittelbar in der DV-Anwendung tätig. 76 Prozent fanden nach Schulabschluß sofort eine gute Stelle - 11 Prozent waren zwischen Schulabschluß und Befragungstermin bis zu drei Monate und sieben Prozent drei bis sechs Monate lang arbeitslos.

Das verdienen EDV-Betriebswirte

60 Prozent der Schüler hatten vor dem Fachschulbesuch mehr als drei Jahre Berufspraxis. Mit dem Titel Betriebswirt EDV verdienten (zum Zeitpunkt der Befragung im Jahre 1975) monatlich brutto 19,3 Prozent bis 2400 Mark, 27 Prozent über 2400 bis 2700 Mark, 20,2 Prozent über 2700 bis 3000 Mark, 21,2 Prozent über 3000 Mark.

Eine Gehaltseinbuße gegenüber dem früheren Verdienst gaben 1 Prozent der Befragten an.

Ausgebildet 50 000 - Bedarf 20 000

"Bisher sind in der Bundesrepublik an den verschiedenen Fachschulen insgesamt etwa 5000 Betriebswirte EDV ausgebildet worden. 1978 soll aber nach der Diebold-Untersuchung - ein Bedarf in der Größenordnung zwischen 18 000 und 22 000 bestehen", erklärt Nahold, der sich Sorgen um die Zukunft macht: "Die Arbeitsverwaltung differenziert nicht, sondern wirft alle Interessenten in einen Betriebswirte-Eintopf. Aus der Tatsache, daß es zuviel allgemein ausgebildete Betriebswirte gibt, ziehen die Arbeitsämter einen falschen Schluß: Wenn heute ein Interessent kommt und die Förderungsberater Betriebswirt hören, winken sie schon ab, ohne auf Einzelheiten Oberhaupt einzugehen."

Stirbt die berufliche Fortbildung?

Die letzte Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes brachte eine einschneidende Neuerung: Wer einen Vollzeit-Lehrgang besucht, bekommt nur noch 58 Prozent seines früheren Nettoeinkommens vom Arbeitsamt für die Dauer der Fortbildung bezahlt. "Das hat dazu geführt" - so Nahold -, "daß der für uns typische verheiratete Schüler mit ein bis zwei Kindern vom Arbeitsamt im Monat etwa 300 Mark weniger bekommt, als der Sozialhilfe-Satz ausmachen würde. Damit stirbt die berufliche Fortbildung."

Schule in Nöten

Nahold macht sich Sorgen um den Fortbestand der EDV-Fachschule, die im vorigen Jahr von Hochdahl nach Gelsenkirchen verlegt wurde - eine Rationalisierungsmaßnahme nach erheblichen Defiziten. "Früher haben wir pro Semester bis zu sechs Klassen gehabt - jetzt sind wir froh, wenn bei Beginn neuer Lehrgänge zwei Klassen voll werden", schildert er die Situation. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, bleibt das DV-Bildungszentrum des DGB-Berufsfortbildungswerkes so lange in den roten Zahlen stecken, bis es ganz aufgelöst wird.

Die Interessen der Schule - "Wir brauchen eine Mindestgröße, um kostendeckend zu arbeiten" - kollidieren mit denen der Bundesanstalt für Arbeit, die Fördergeld sparen muß. Nahold fürchtet, daß am Arbeitsmarkt vorbeigespart wird: "Unsere Schüler sind im Durchschnitt 28 Jahrer alt und haben überwiegend zwischen fünf und zehn Jahre im Beruf gestanden, bevor sie zu uns kamen. Denen kann man doch nicht zumuten, zwei Jahre lang mit weniger Geld auszukommen, (...) der Gesetzgeber als Existenzminin(...) ansieht." -py